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„Der Kreis Borken ist zukunftsorientiert“

Ein Interview mit Dr. Kai Zwicker, Landrat im Kreis Borken

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von Regiomanager 01.01.2018
Dr. Kai Zwicker, Landrat des Kreises Borken

MLM: Sie sind im Kreis Borken aufgewachsen, waren in einer Gemeinde Bürgermeister und sind seit 2009 Landrat. Der Kreis Borken scheint Sie zu begeistern. Was zeichnet den Kreis Borken aus?

Dr. Kai Zwicker: Der Kreis Borken bietet eine große Vielfalt, Natur, Kultur, Arbeitsplätze sowie finanzierbaren Wohnraum auch für diejenigen, die Grundbesitz erwerben und ein Eigenheim bauen wollen. Unser Kreis ist zukunftsorientiert: Unter den Unternehmen gibt es viele Firmen, die sich mit Zukunftstechnologien beschäftigen, beispielsweise mit IT oder erneuerbaren Energien. Zwar gibt es weiterhin Textilindustrie, die immer typisch für die Region war, und Landwirtschaft, aber auch einige namhafte Europa- oder Weltmarktführer agieren aus unseren Städten und Gemeinden. Ich bin im Kreis Borken aufgewachsen und habe die Entwicklung immer beobachtet, schon als Bürgermeister in Heek. Es hat mich fasziniert, wie sich eine ganze Region so positiv verändern kann.

MLM: Wie stellen sich die Veränderungen dar?

Dr. Kai Zwicker: Die Veränderungen sind außerordentlich vielfältig. Ein bedeutsamer Indikator dafür ist die Arbeitsmarktstatistik. In den letzten 33 Jahren hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 83.000 auf 142.000 Personen erhöht, mit einer Arbeitslosenquote von 3,4 % (Dezember 2017 – das ist historischer Tiefststand) ist der Kreis Borken gut aufgestellt. Während früher viele Akademiker die Region verlassen haben, bleiben heute immer mehr hier – dank innovativer Firmen sind neue Arbeitsplätze beispielsweise auch für Betriebswirte und Ingenieure entstanden. Die Verkehrsanbindung hat sich enorm verbessert, die Städte und Gemeinden im Kreis sind seither über die Autobahn A 31 und neue Bundesstraßen vor allem mit den Ballungszentren vernetzt. Besonders sichtbar wird die Veränderung, wenn man durch den Kreis fährt. 50 % des benötigten Stroms stammt aus regenerativen Quellen, die sich in der Landschaft bemerkbar machen, allen voran natürlich die weithin sichtbaren Windenergieanlagen, aber auch die Biogas-Anlagen und Photovoltaik-Anlagen auf vielen Häusern und Höfen. Das zeigt gleichzeitig, dass die Menschen im Kreis Borken offen sind für Neues.

MLM: Welche Gründe sehen Sie dafür, dass sich der Kreis Borken in den letzten Jahrzehnten so stark verändert hat?

Dr. Kai Zwicker: Es sind unsere Bürgerinnen und Bürger, die die Veränderungen hervorgebracht haben. Eine Bertelsmann-Studie zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland aus dem Jahr 2017 hat gezeigt, dass die gesellschaftliche Teilhabe, das Gerechtigkeitsempfinden, Solidarität und Hilfsbereitschaft im Kreis Borken ausgeprägter sind als in anderen Regionen. Das bestätigt meine Erfahrung, dass neben der Familie das Ehrenamt und die Gemeinschaft in Verein oder Gemeinde im Westmünsterland eine sehr große Rolle spielen. Man sieht eine Aufgabe und stellt sich ihr gemeinsam. Das ist zwar nicht immer leicht und kann auch schmerzhaft sein, aber durch die Unterstützung aller findet sich dann doch eine Lösung.

MLM: Engagement, Zusammenhalt und Gemeinschaft sind wichtig für einen Kreis. Um etwas bewegen zu können, braucht es aber mehr. Wie ist denn die finanzielle Situation im Kreis Borken?

Dr. Kai Zwicker: Dank unserer breiten und damit robusten wirtschaftlichen Basis und der hohen Beschäftigtenzahl geht es den Kommunen im Kreis gut. In diesem Jahr wird auch die letzte Gemeinde aus der Haushaltssicherung herauskommen. Und der Kreis Borken hat seit 2012 die niedrigste Kreisumlage in NRW.

MLM: Was tut der Kreis, damit diese Entwicklung positiv fortschreitet?

Dr. Kai Zwicker: Vor allem unterstützen wir die Wirtschaft in ihren Expansionsbestrebungen und gehen da auch neue Wege. In jüngster Zeit wurden zum Beispiel 73 neue Windenergieanlagen mit einem Gesamt-Invest von 285 Mio. Euro genehmigt, für die 6.000 Schwertransporte nachts den Kreis durchqueren müssen. Um diese zu realisieren, haben wir die Polizei und private Sicherheitsdienste vor Ort zusammengebracht, damit sie gemeinsam eine rasche Umsetzung vorantreiben. Wir engagieren uns für die Lebensqualität der Menschen im Kreis Borken. Wir denken über kreative Möglichkeiten des Ausbaus im ÖPNV nach und setzen dabei auf ebenso zukunftsweisende Ideen wie beim Ausbau des Breitbandnetzes.

MLM: Da spielt Bildung sicher auch eine große Rolle. Versteht der Kreis Borken sich deshalb als Bildungskreis?

Dr. Kai Zwicker: Bildung ist die Basis für die Zukunft, das ist keine Frage. Durch eine optimale Vernetzung der Bildungsträger im Kreis versuchen wir, Ressourcen zu bündeln und die Möglichkeiten aufzuzeigen. Und die sind vielfältig: Schulen, Berufskollegs, aber auch das Bildungszentrum der Handwerkskammer im Schloss Raesfeld und natürlich die Westfälische Hochschule in Bocholt. Bildung geht aber weiter. Mit dem KULT in Vreden haben wir zum Beispiel einen außerschulischen Lernort geschaffen, der nicht nur von Schulen genutzt wird. Dort versuchen wir ganz generell, die Geschichte und Zukunft unserer deutsch-niederländischen Grenzregion erlebbar zu machen.

 

MLM: Sie sprachen es schon an, dass der Kreis Borken früher an der Grenze doch etwas abseits lag. Wie sieht das denn heute aus?

Dr. Kai Zwicker: Durch die Europäische Union und den Wegfall der Grenzkontrollen ist der Kreis Borken ein 108 Kilometer langes Tor zu den Niederlanden geworden, denn genauso lang ist unsere gemeinsame Grenze. Für uns war der Austausch über diese Grenze hinweg immer selbstverständlich. Hier gab es die allererste grenzüberschreitende Euregio deutschlandweit, das sagt alles. Die Verbindungen haben sich nun natürlich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich intensiviert. Stärker geworden ist auch der Austausch mit den anderen Kreisen und Städten im Münsterland. Es ist von zentraler Bedeutung, dass sich das Münsterland als starke Marke im Wettbewerb der Regionen präsentiert. Unsere regionale Marketinginitiative „Münsterland e. V.“ bringt dies gerade mit den Münsterlandkreisen und der Stadt Münster auf einen guten Weg. Im Rahmen der „Regionale 2016“, bei der die Kreise Borken und Coesfeld sowie sieben Lippe-Anrainer-Kommunen bereits eng zusammengearbeitet haben, ist bereits eine gute Arbeitsbasis dafür geschaffen worden.

MLM: Was ist Ihre Vision für den Kreis Borken?

Dr. Kai Zwicker: Für die Zukunft sehe ich – auch aufgrund meiner in vielen Begegnungen und Gesprächen in unseren Städten und Gemeinden sowie mit Unternehmern gewonnenen Eindrücke – den Kreis Borken als pulsierenden Kreis, der sich seiner Geschichte und seiner Möglichkeiten bewusst ist und die Zukunft im Blick hat. Dafür sind wir gut aufgestellt. Ich bin daher sicher, dass man vom Kreis Borken weiterhin viel Positives hören wird!

Dr. Birgit Ebbert | redaktion@regiomanager.de

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