1) Herr Dreier, Sie sind seit 2014 Bürgermeister von Paderborn. Was hat sich in der Zeit für Sie und für Paderborn verändert?
Paderborn ist eine aufstrebende und stark wachsende Großstadt mit einem enormen Zukunftspotenzial. Seit 2014 wuchs Paderborn um etwa 6.500 Menschen. Die Bevölkerung ist vergleichsweise jung und gut ausgebildet. Mit mehr als 75.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen haben wir einen Höchststand, der für die gute wirtschaftliche Lage in der Stadt spricht. Paderborn hat sich in dieser Zeit weiter in seiner führenden Rolle als Oberzentrum etabliert. Dafür spricht auch die Tatsache, dass täglich mehr als 46.000 Frauen und Männer in die Stadt zu ihrem Arbeitsplatz einpendeln.
2) Das Paderborner Land gehört in langer Tradition als Universitätsstadt zu den stärksten Regionen in Deutschland in Sachen Technologie, Innovation, IT und Software. Was möchten Sie darüber hinaus für Paderborn erreichen? Welche Chancen und Risiken sehen Sie für die Region?
Paderborn war und ist ein profilierter IT-Standort. Das durch den großen Computer-Pionier Heinz Nixdorf auf den Weg gebrachte und ständig weiterentwickelte IT-Cluster sowie die Universität Paderborn, u.a. mit dem Heinz Nixdorf Institut, haben dem Standort über die letzten Jahrzehnte ein bedeutendes Wachstum ermöglicht. Mit der „garage33“, einem Zentrum für Start-up-Unternehmen, wird Paderborn zu einer der Top-Adressen für innovative Gründer und Unternehmer werden. Dabei geht es insbesondere um das Zukunftsfeld des „Internets der Dinge“. Anlehnend an die profilierten Inkubator Systeme im Silicon Valley oder in Berlin, München oder Hamburg wird im Technologiepark Paderborn ein attraktiver und kreativer Arbeits- und Lebensraum für technologieorientierte Gründungen aufgebaut werden.
Wir wollen Paderborn so weiterentwickeln, dass es auch künftig lebens- und liebenswert bleibt. Wir legen deshalb großen Wert auf eine zukunftsweisende Stadtentwicklung und wollen die durch den Abzug der britischen Streitkräfte frei werdenden Kasernen dafür nutzen. Mit dem Alanbrooke Quartier gestalten wir in bester Innenstadtlage derzeit unter Einbindung von denkmalgeschützten Gebäuden ein Wohn- und Kreativzentrum mit viel Grün.
3) Digitalisierung ist bekanntlich ein wichtiges Thema für Sie. Welche Pläne haben Sie, damit Paderborn weiterhin ganz vorne und zukunftsfähig bleibt?
Als digitale Modellkommune sind wir Vorreiter und entwickeln uns stark im Bereich E-Government weiter. Angeregt durch diesen Prozess, sind wir aber auch im Netzwerk der Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft dabei neue digitale Lösungen für alle Lebensbereiche der Stadtgesellschaft zu entwickeln. Wir arbeiten mit Hochdruck in diesem Verbund an neuen kreativen Lösungen, die Digitalisierung erlebbar und nützlich für die Bevölkerung zu machen. In der Verwaltung sind wir mit dem Online-Bürgerservice und der Optimierung und Digitalisierung interner Verwaltungsabläufe bei der Digitalisierung mit Nachdruck unterwegs und auch in den weiteren Lebensbereichen der Stadt wie Bildung, Sicherheit, Energie und Umwelt, Mobilität und Gesellschaft wollen wir durch geförderte Projekte die Digitalisierung voranbringen. Dazu gehören u.a. die Etablierung eines Open-Data-Portals der Stadt Paderborn mit offenen Daten sowie Infrastrukturthemen, wie Breitband, City-WLAN und 5G, soweit wir hier unseren Einfluss ausüben können.
Entscheidend ist, dass bei allen Digitalisierungsbemühungen der Nutzen für die Menschen in der Stadt im Mittelpunkt stehen muss. Deshalb gilt es, mutig digital zu gehen, aber mit der nötigen Ruhe und mit Bedacht. Insofern war es uns auch wichtig, einen Ethikrat einzurichten, der den Prozess der Digitalisierung in der Stadt begleitet.
4) Von welchen Maßnahmen wird die Wirtschaft Ihrer Meinung nach profitieren? Aus Eigeninitiative und äußerem Anstoß heraus?
Im Jahr 2017 haben wir unsere Wirtschaftsförderungsgesellschaft neu organisiert, von dort gehen viele Impulse in die Wirtschaft hinein. Dies mit dem Ziel, Wachstum und Innovation zu ermöglichen. Ein neuer Arbeitsbereich ist daher Innovation und Digitalisierung. Hier werden zahlreiche Wettbewerbsimpulse entwickelt und die Vernetzung der Wirtschaft im B2B-Bereich und im B2Science-Bereich stark stimuliert. Die Wirtschaft lebt vom Wettbewerb um die besten Ideen und die besten Köpfe; in Paderborn vereinen wir beides erfolgreich.
Uns ist bewusst, dass die Wirtschaft maßgeblich von guten Standortbedingungen einer zukunftsfähigen Stadt profitiert. Deshalb legen wir beispielsweise den Fokus auch auf niedrige Steuern und Gebühren und fördern die sogenannten weichen Standortfaktoren durch Investitionen in Kultur, Sport und die Stadtentwicklung.
Für uns steht aber auch fest, dass wir OWL mitdenken müssen. Garanten dafür sind das Technologie-Netzwerk „it’s OWL“ sowie der Verbund der Universitäten und Forschungseinrichtungen.
5) Seit ein paar Monaten spielt der SC Paderborn wieder in der Bundesliga. Welche positiven wirtschaftlichen Effekte hat der Aufstieg für Paderborn bzw. welche versprechen Sie sich davon?
Die Bundesliga hat eine enorme Strahlkraft fürs Image einer Stadt. Die Stadt wird in den Blickpunkt gerückt und kann ihre Standortvorteile präsentieren, insbesondere auch als Wirtschaftsstandort. Deshalb hat unser Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing gemeinsam mit Partnern auch eine neue Imagekampagne unter dem Titel „Paderborner Talente“ aufgelegt, in der wir u.a. Clips im SCP-TV zeigen. Wir haben durch den Fußball natürlich mehr Touristen in der Stadt, die hier auch einkaufen und damit Geld lassen. Wir kommen über den Sport mit interessanten Menschen zusammen und bekommen so die Möglichkeit, uns an hochrangiger Stelle auch der Wirtschaft zu präsentieren. Wie sich solche Kontakte entwickeln, muss man abwarten. Bereits beim ersten Aufstieg des SC Paderborn 07 in die Bundesliga 2014 haben wir gesehen, welchen Schub die Stadt dadurch insgesamt bekommen hat. Paderborn in seiner Vielfalt zu entdecken, dazu wurden nicht nur angestammte Fußballfans motiviert.
6) Letzte Frage: Welches Paderborner Ausflugsziel und welche Spezialität sollten sich die Besucher nicht entgehen lassen?
Paderborn hat eine Vielzahl von interessanten Ausflugszielen zu bieten, sodass man sich nicht auf eines beschränken sollte. Mit dem größten Computermuseum der Welt, dem Heinz Nixdorf Museumsforum, sowie dem Paderborner Dom und der Kaiserpfalz haben wir sehenswerte Fixpunkte, die bei keinem Stadtrundgang fehlen dürfen. Auch Schloß Neuhaus lädt mit seinem wunderschönen Barockgarten zu einem Besuch ein; dort schlug das Herz der Landesgartenschau von 1994. Einmalig und deshalb besonders sehenswert ist das Paderquellgebiet im Herzen der Stadt, wo aus mehr als 200 Quellen die Pader, mit vier Kilometern Deutschlands kürzester Fluss, entspringt, der der Stadt seinen Namen gab. Der Lippesee mit seinen zahlreichen Freizeitangeboten lädt ebenfalls zum Besuch ein. Hier kann man auf gut ausgeschilderten Wegen mit dem Rad fahren, sich in allen Arten von Wassersport erproben oder am Badestrand relaxen. Als weiteren Tipp empfehle ich eine Wanderung auf dem Alten Pilgerweg im Haxtergrund. Hier kann man die Ruhe genießen und seinen Gedanken freien Lauf lassen. Hierbei helfen die Gedankenpunkte mit meditativen Texten am Wegesrand.
Wer Paderborn ganz intensiv erleben möchte, dem empfehle ich, Ende Juli die Stadt zu besuchen. Dann feiern wir mit dem Libori-Fest eines der ältesten Volksfeste Deutschlands. Mehr als eine Million Besucher genießen jedes Jahr die Mischung aus kirchlichen Feierlichkeiten und weltlichem Vergnügen.
Aber auch für Genießer bietet die Region viel; Besucher werden in der Tourist-Information mit dem „Pilger-Picknick-Korb“ begrüßt – Paderborner Stullen mit eigens kreierter Streichwurst, Mettwurst und Schinken, dazu regionale Bierspezialitäten, sorgen für die nötige Stärkung für Wanderer auf dem Alten Pilgerweg. Das Drei-Hasen-Brettchen mit kleinem Messer für unterwegs gibt es als Besteck dazu.
Teilen: