Immobilien (Technik)

Elektromobilität: Allianz für E-Mobilität

Durch den Austausch mit Hochschulen und Instituten rüsten sich die südwestfälischen Automobilzulieferer schon jetzt für den Wettbewerb der Zukunft.

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von Regiomanager 01.03.2018

Die Industrieregion Südwestfalen steht vor einem tief greifenden strukturellen Wandel, wie in Ausgabe 02/2018 (S. 40-41) des SÜDWESTFALEN MANAGER“ beschrieben. Demzufolge ist das Zeitalter der E-Mobilität für die rund 530 Unternehmen der südwestfälischen Automotive-Industrie mit ihren über 52.000 Beschäftigten sowohl Chance als auch Risiko. Zum einen sind in der Region ansässige Automobilzulieferer federführend bei der Entwicklung neuer technischer Lösungen in diesem Bereich. Zum anderen müssen zahlreiche Branchenunternehmen mit einer Verdrängung ihrer Produktion rechnen und werden gezwungen sein, sich neue Märkte für ihre Produkte zu suchen.

Egal, ob Chance oder Risiko: Für eine der stärksten Zuliefer-Regionen Deutschlands drängt die Zeit, notwendige strukturelle Veränderungen anzupacken. Denn der Trend hin zur Elektromobilität in der Autobranche wächst dynamisch, wie ein aktueller Bericht zu E-Mobilität von PwC Autofacts zeigt. Demnach kaufen die Deutschen mehr reine Elektroautos als je zuvor. In Deutschland wurden in den ersten acht Monaten 2017 in allen Segmenten zwei- bis dreistellige Zuwachsraten beim Absatz verbucht. Mit einem Plus von 132,6 Prozent auf 13.690 Fahrzeuge legten die Kundenauslieferungen von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen am stärksten zu. Der Absatz von Plug-in-Hybriden stieg um 116,9 Prozent auf 17.298 Fahrzeuge, Hybride verzeichneten ein Plus von 69,6 Prozent auf 34.134 Einheiten. „Der Absatz von Elektro- und Hybridfahrzeugen wird auch in Deutschland weiter zunehmen“, sagt Christoph Stürmer, Global Lead Analyst bei PwC Autofacts. „Angesichts der Dieselkrise und der Umweltprämie beginnen viele Autofahrer, aber insbesondere auch Unternehmen umzudenken und sich zunehmend für alternative Antriebsmodelle zu interessieren.“ Die Reichweite ist dabei entscheidend für den Erfolg von Elektroautos, wie eine repräsentative Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zeigt. Demnach ist für deutsche Autofahrer die Langstreckentauglichkeit (61 Prozent aller Befragten) nach dem Anschaffungspreis (65 Prozent ) ein entscheidender Faktor für den Kauf von Elektrofahrzeugen. Und genau hier setzt die Automotive Center Südwestfalen GmbH (acs) in Attendorn an. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum wurde 2011 gegründet, seit 2013 erforschen die Mitarbeiter im Technikum auf 3.500 Quadratmetern die Zukunft des Automobils. Das Kompetenzzentrum hat sich auf den Karosserie-Leichtbau spezialisiert und entwickelt für Automobilhersteller und -zulieferer neue Bauteile. „Im Hinblick auf die Herausforderungen der Automobilindustrie im Allgemeinen sowie der Anforderungen von Elektromobilität und gesetzlicher Vorgaben im Besonderen werden sich Fahrzeugkonzepte und Ansätze des Automobilbaus grundlegend weiterentwickeln müssen. Das acs wurde gegründet, um diesen neuen Herausforderungen zu begegnen und sich als einer der führenden Projektpartner der gesamten Automobilindustrie für wirtschaftliche und innovative Forschung und Entwicklung zu etablieren“, so die Philosophie.

Indem das Automotive Center Südwestfalen Unternehmen dabei hilft, Fahrzeuge leichter zu machen, leistet es wesentliche Forschungen im Bereich der Elektromobilität. Denn Elektrofahrzeuge mit einer möglichst leichten Karosserie können mit schwereren und leistungsfähigeren Batterien bestückt werden, wodurch sich die Reichweite und somit auch die öffentliche Akzeptanz der E-Autos erhöht. Das Kompetenzzentrum arbeitet dabei eng mit den regionalen Automobilzulieferern zusammen. Ziel ist die Entwicklung serienreifer Lösungen, damit Elektroautos zukünftig auch mit Bauteilen aus Südwestfalen auf den Straßen unterwegs sein werden.

Vernetzung zwischen Hochschule und Industrie

Am acs zeigt sich erneut, dass die Akteure in der Region dem Netzwerken eine große Relevanz beimessen. So ist das Automotive Center ein Paradebeispiel für die enge Zusammenarbeit zwischen Industrie, Hochschulen und Instituten in Südwestfalen. Die Forschungsprojekte werden teilweise durch öffentliche Mittel gefördert, zudem gibt es Gemeinschaftsprojekte, die allen Branchenunternehmen zugutekommen sollen. Der Trägerverein des acs hat über 100 Mitglieder; als wissenschaftliche Direktoren sind auch Hochschullehrer der Universität Siegen sowie der Fachhochschule Südwestfalen involviert. Die Hochschulen aus der Region treten zudem als Gesellschafter der GmbH auf. Studierende der Universität Siegen und der verschiedenen Standorte der FH Südwestfalen unterstützen das Kompetenzzentrum und die heimischen Automobilzulieferer bei laufenden Projekten.

Mittelständische Branchenunternehmen der Region sind darüber hinaus im Verbund Innovativer Automobilzulieferer (VIA) organisiert. Die Partner der Unternehmensgruppe kooperieren bei Aufgaben, „die nicht unmittelbar zum Kerngeschäft zählen, ohne dabei weitergehende Bindungen einzugehen.“ Und nach Ansicht der südwestfälischen Zulieferer sollte die Vernetzung in der Region noch stärker forciert werden. Laut der Studie „Die Automotive-Industrie in Südwestfalen“ der Industrie- und Handelskammern Arnsberg, Hagen und Siegen befürworten 82 Prozent der befragten Zulieferer einen Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Unternehmen und Instituten. Dies zur Aufgabe gemacht hat sich der Transferverbund Südwestfalen, dem Hochschulen, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Wirtschaftsförderungseinrichtungen angehören. Der Verbund will den Technologietransfer in der Region vorantreiben und vor allem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vorhandene Angebote näherbringen. „Für dieses Ziel begleiten und unterstützen Technologiescouts die Umsetzung konkreter Projekte“, beschreibt der Transferverbund Südwestfalen seine Hilfestellung.
Alexander Kirschbaum | redaktion@regiomanager.de

 

INFO

Brennstoffzellenautos oder reine Batterieautos?

Beim Elektromotor kann man die elektrische Energie von außen beziehen und in einer großen Batterie speichern. Eine weitere Möglichkeit ist, dass man die elektrische Energie mittels einer chemischen Verbindung speichert, aus der man während der Fahrt nach Bedarf Strom erzeugt; solch ein Gerät nennt man Brennstoffzelle. Beide Technologien sind marktreif, erfordern jedoch jeweils den Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben in einer Studie die Kosten der Infrastrukturen für Wasserstoffautos und batteriebetriebene Pkw verglichen. Demnach ist bei geringen Fahrzeugzahlen die Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene Fahrzeuge günstiger als eine Wasserstoff-Betankungsinfrastruktur für Brennstoffzellenfahrzeuge. Ab einer Marktdurchdringung von mehr als 25 Prozent – sobald also mindestens jedes vierte Fahrzeug in Deutschland entweder mit Brennstoffzellen oder im Vergleich mit einer Batterie betrieben wird – entfallen allerdings niedrigere Kosten auf die Wasserstoff-Infrastruktur. „Zu den Vorteilen der Brennstoffzelle zählen die Reichweite von heute schon mehr als 500 Kilometern, die Betankungszeit von etwa drei Minuten sowie der weit einfachere Aufbau der erforderlichen Infrastruktur, vor allem in den Ballungszentren“, heißt es beim Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV). Vor allem für kurze Strecken mit wenigen Passagieren oder wenig Last, also der typische Stadtverkehr, seien hingegen reine Batterieautos das Fahrzeug der Wahl.

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