Der Pariser Eiffelturm ist nicht nur Wahrzeichen einer ganzen Nation, sondern auch Beispiel für Vergänglichkeit: Alle sieben Jahre muss die Stahlkonstruktion mit jeweils 60 Tonnen Farbbeschichtung vor Korrosion geschützt werden. 25 Lackierer benötigen pro Instandhaltung rund 18 Monate. Die Kosten des Anstrichs belaufen sich auf drei Millionen Euro. Wäre der Eiffelturm bei seiner Fertigung auch noch feuerverzinkt worden, könnten die Renovierungs-Intervalle deutlich ausgedehnt, Kosten gespart werden.
So aber nagt der Rost und sorgt dafür, dass Korrosion auch im 21. Jahrhundert ein großes, globales Problem bleibt. Betroffen von den zersetzenden chemischen Prozessen sind Stahlkonstruktionen wie Brücken oder Tragwerke, aber auch Industrieanlagen und Kraftwerke, Bahngleise, Rohrleitungen, Fahrzeuge und Maschinen. Die World Corrosion Organization (WCO) schätzte 2009 die wirtschaftlichen Schäden durch Korrosion auf weltweit 1,8 Billionen US-Dollar. „Korrosion lässt sich nicht vermeiden“, heißt es auch beim Deutschen Lackinstitut. „Professioneller Korrosionsschutz, der systematisch überwacht und bei Bedarf zügig erneuert wird, kann jedoch der Zerstörung wertvoller Werkstoffe vorbeugen“, ist das Institut überzeugt, und rechnet ebenfalls vor, dass Korrosion Staat und Wirtschaft teuer zu stehen kommen: Die jährlichen Kosten durch Korrosion belaufen sich in den Industriestaaten demnach auf bis zu vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes, in Deutschland käme also ein Riesenbetrag von 100 Milliarden Euro zusammen. Solche Zahlen sind nicht aus der Luft gegriffen: Allein die Deutsche Bahn musste zwischen 2006 und 2016 fünfeinhalb Milliarden Euro investieren, weil 70 Prozent der Stahl- und Eisenbrücken das Ende ihrer rechnerischen Lebensdauer erreicht hatten.
Korrosionsschutz hilft sparen
„Oberflächenveredelung verhindert allein in Deutschland jährlich Korrosions- und Verschleißschäden in Milliardenhöhe“, schließt sich der Zentralverband Oberflächentechnik (ZVO) an, der eine der traditionell mittelständisch geprägten Industriebranchen vertritt. In Deutschland sind in der Branche 915 Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten erfasst. Die über 55.000 Beschäftigten erwirtschaften einen Umsatz von rund 7,5 Milliarden Euro. Der ZVO geht von einem Marktvolumen in der Größenordnung von zehn Milliarden Euro allein in der Oberflächenveredelung aus, hinzu kommt die Anlagen- und Verfahrenstechnologie. Die Industriekreditbank errechnet für die gesamte Oberflächentechnik einen Umsatz von rund 18 Milliarden Euro. Damit ist Deutschland das führende Land für Oberflächentechnik in der Europäischen Union. Die Galvanotechnik ist dabei die Schlüsseltechnologie, ohne die sich im täglichen Leben kein Rad mehr drehen würde. In einem Pkw befinden sich etwa 3.000 beschichtete Teile. Und auch Fliegen wäre ohne Galvanotechnik unmöglich, zwei Millionen beschichtete Teile fliegen in jedem Airbus und verlängern den Einsatzzeitraum der einzelnen Komponenten.
Lebensdauer und Optik
Um Lebensdauer geht es auch bei vielen Brückenkonstruktionen: Der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer kreierte schon in den 1920er Jahren den Farbton „Kölner Brückengrün“, um den Bauwerken am Rhein einheitliches Aussehen und gleichzeitig Schutz zu bieten. Die Deckbeschichtung schmückt immer noch auch die Severinsbrücke, eine imposante Schrägseilbrücke mit einer Gesamtlänge von 691 Metern und 29,5 Metern Breite. Der Dreieckspylon, an dem der Brückenkörper mit zwölf Stahlseilen aufgehängt ist, ragt 77 Meter in die Höhe. 8.300 Tonnen Stahl wurden in den 50er Jahren in der preisgekrönten Brücke verbaut. Grundlage des langen Brücken-Lebens ist der Korrosionsschutz: Pylon und Trägerseile müssen ebenso wie die eigentliche Brücke vor „Wind und Wetter“, vor Feuchtigkeit und Korrosion geschützt werden. Grund- und Zwischenbeschichtungen aus speziellen Stahlschutzlacken, Kantenschutz aus Zinkphosphat und eine Zwischenbeschichtung mit Eisenglimmer gehören dazu.
Im Jahr 2017 wurden in Deutschland mehr als 1,8 Millionen Tonnen Stahl stückverzinkt. Wichtige Anwendungsbereiche des Korrosionsschutzes durch Feuerverzinken sind Architektur und Bauwesen sowie die Verkehrstechnik und der Fahrzeugbau. Die bedeutendsten Märkte für die europäischen Verzinker sind die Bauindustrie mit zirka 45 Prozent, Straßenausstattung mit 13,5 Prozent, sowie Landwirtschaft, Ver- und Entsorgung, Industrieausrüstungen und Transport mit jeweils rund acht Prozent der Tonnage.
Rahmenbedingungen ändern sich
Der Korrosionsschutz muss dabei aber gleichzeitig mit Rahmenbedingungen Schritt halten, die sich permanent verändern: Vor allem Brücken werden durch ein immer höheres Verkehrsaufkommen zusätzlich belastet. Auch die äußeren Einflussfaktoren ändern sich, zum Beispiel infolge des Klimawandels: Extremwetterlagen mit Starkregen, Hagel und Sturm, höheren UV-Belastungen im Sommer und strengerem Frost im Winter erfordern neue Strategien zum Schutz der Infrastruktur.
Korrosion betrifft praktisch alle metallischen Werkstoffe und wird von vielen komplexen Faktoren beeinflusst. Korrosion tritt auf, wenn die relative Luftfeuchte über 80 Prozent und die Temperatur über 0° Celsius liegt. In Verbindung mit reaktiven Luftverunreinigungen und/oder Salzen (Meerwasser, Streusalz) findet Korrosion schon bei viel niedrigerer Luftfeuchte statt. Auch im Kontakt mit Säuren oder anderen aggressiven Chemikalien korrodieren Metalle – ein Problem, das nicht nur im Chemieanlagenbau, sondern beispielsweise auch in Schwimmbädern durch freiwerdende Chlorgase oder an der heimischen Waschmaschine auftreten kann. Im Fall der bakteriellen Korrosion darf das „Zernagen“ wörtlich genommen werden: Unter bestimmten Bedingungen (etwa bei unterirdischen Rohrleitungen oder in feuchtwarmem Milieu) greifen auch spezielle Bakterien Metall an. „Wirksamer Korrosionsschutz muss diese Einflussgrößen verstehen und in Abwägung der jeweiligen technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Erfordernisse eine optimale Strategie entwickeln“, heißt es dazu bei der Lackindustrie. Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de
INFO
Schutz für Oberfläche
Stabilität der Bauteile erhalten
Der Begriff Korrosion leitet sich aus dem Lateinischen corrodere (zernagen) ab und beschreibt eine (elektro-)chemische Reaktion von metallischen Werkstoffen mit Stoffen aus ihrer Umgebung. Korrosion verändert den Werkstoff und beeinträchtigt über kurz oder lang die Stabilität des Bauteiles oder des gesamten Systems.
Korrosionsschutz erfolgt durch die Veredlung der Oberfläche durch Lacke oder Metalle. Das Eintauchen von Stahl in eine flüssige Zinkschmelze wird als Feuerverzinken bezeichnet. Beim Stückverzinken werden Bauteile, wie zum Beispiel Treppenkonstruktionen, zuerst gefertigt und erst danach feuerverzinkt. Nach entsprechender Vorbehandlung werden die Bauteile in eine flüssige Zinkschmelze eingetaucht. Hierdurch sind die Bauteile rundum vor Korrosion geschützt.
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