Mobilität bedeutet Beweglichkeit. Haben Sie sich schon einmal überlegt, ob Sie beweglich sind? Nein, Sie müssen nicht den linken Fuß bis zum Ohr anheben oder sich so verbiegen, dass Sie sich unter einer Limbostange von 50 Zentimetern Höhe durchquälen müssen, um Ihre Beweglichkeit unter Beweis zu stellen. Doch inwiefern betrachten Sie sich als beweglich? Vielleicht fühlen Sie sich schon beweglich, wenn Sie statt des Fahrstuhls die Treppe nehmen oder im Sommer für den Weg zum Einkauf das Rad statt des Autos benutzen? Doch ist „sich fortzubewegen“ tatsächlich alles, was unter Mobilität im Sinne von Beweglichkeit zu verstehen ist? Ich finde, nein.
Mobilität ist viel mehr als Fortbewegung – mit welchem Vehikel auch immer. Mobilität ist, in jeder Lebenslage beweglich zu sein, beweglich zu reagieren, auch in den Fällen, in denen die persönliche Mobilität eingeschränkt ist – sei es durch einen Lockdown während einer Pandemie, durch Handicaps oder Alterserscheinungen. Mobil ist, wer im Kopf beweglich ist und bleibt und auf neue Herausforderungen angemessen reagiert. Und das können leider allzu viele Menschen nicht.
Natürlich kann man jetzt darüber diskutieren, was „angemessen auf Herausforderungen reagieren“ bedeutet. Für mich heißt es, sich darüber im Klaren zu sein, dass man nicht der Nabel der Welt ist, es etwas Größeres gibt als die eigenen Befindlichkeiten. Dass man hin und wieder zurückstecken muss, wenn es um Dinge geht, die alle betreffen, z.B. die Umwelt und das Weltklima. Wer leugnet, dass es den Klimawandel gibt, reagiert nicht angemessen auf die Tatsache, dass in der Antarktis erneut ein riesiges Eisschild abgebrochen ist, der Meeresspiegel erwiesenermaßen steigt, die Dürreperioden sich verlängern. Eine solche Person ist für mich nicht mobil im Kopf. Sondern verschließt sich Offensichtlichem. Das Gleiche gilt für alle, die die Augen vor weiteren, auch den eigenen Schwierigkeiten schließen, sich totstellen und auf dem Status quo beharren. Vielleicht noch mit dem Scheinargument „Das war schon immer so, das muss so bleiben“. Das ist Bequemlichkeit, jedoch keinesfalls Mobilität. Das ist Abwarten und Aushalten.
Aushalten jedoch hat noch niemanden weitergebracht. Aushalten tötet Enthusiasmus, Freude und Ideen. Weiter hingegen bringt uns der Austausch mit anderen Menschen, vielleicht sogar besonders mit den Menschen, die nicht der gleichen Meinung sind. Mit Menschen, die einen anderen Background haben, andere Lebensentwürfe. Offen gegenüber diesen Menschen zu sein, mit ihnen zu diskutieren, entweder einen Konsens zu finden oder aber zu dem Ergebnis zu kommen, dass man sich zwar in bestimmten Punkten nicht einig ist und sein wird, dass das jedoch völlig in Ordnung ist, solange man selbst als auch die andere Person sich respektvoll verhält und die jeweils andere Meinung gelten lässt. Das nenne ich Mobilität. Denn der lauteste Schreihals hat nicht immer recht, selbst wenn das heute manchmal so scheint – und scheinbar in vielen Bereichen Methode hat, um die eigene Meinung durchzusetzen und andere mundtot zu machen. Menschen, die mobil im Kopf sind, lassen sich dadurch jedoch nicht einschüchtern, sondern benennen deutlich, dass der Kaiser keine neuen Kleider hat, sondern nackt ist.
Beweglichkeit bedeutet auch, die eigene Meinung zu hinterfragen, wenn neue Erkenntnisse auf dem Tisch liegen, und sie notfalls – vielleicht auch unter Zähneknirschen – zu revidieren. Zugestehen, dass man sich geirrt hat. Im Privatleben und auch im Job. Fehler machen alle, das ist menschlich.
Leider sind viele Menschen heute scheinbar nur schwer in der Lage, Irrtümer einzugestehen. Viele winden sich und versuchen, sich aus einer solchen Lage rauszureden, weil sie sich davor scheuen, die Verantwortung für die möglichen Folgen zu übernehmen. Sie sind und bleiben damit trotz aller Verrenkungen immobil. Da nützt es auch nichts, wenn sie Limbo tanzen können wie die Weltmeister.
Simone Harland | redaktion@regiomanager.de
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