Bewertung inhabergeführter Unternehmen

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von Regiomanager 04.03.2019

Es gibt vielfältige Gründe, weshalb eine Unternehmensbewertung vorgenommen wird: Der Verkauf eines Unternehmens kann Anlass geben, dessen Wert zu bestimmen. Auch bei der Übergabe des Unternehmens innerhalb der Familie ist eine Bewertung erforderlich. Zuweilen spielen auch Konflikte um einen Zugewinnausgleich oder erbrechtliche Fragen eine Rolle.
Einen einzigen Wert des Unternehmens, der für alle Anlässe maßgebend ist, gibt es nicht. So ist z.B. für die Erbschaft- und Schenkungsteuer eine steuerliche Bewertung vorgeschrieben, die nicht immer dem zu erzielenden Kaufpreis für ein Unternehmen entsprechen muss.
Mit Blick auf einen geplanten Unternehmensverkauf ist zunächst festzustellen, dass der alleinige Preis, den ein Erwerber aktuell am Markt für dieses Unternehmen zahlen würde, den wahren Wert des Unternehmens reflektiert. Alle anderen Überlegungen sind Schätzungen mit mehr oder weniger vielen Annahmen.
Es zeigt sich oft, dass potenzielle Unternehmensverkäufer den Wert ihres Unternehmens nach einfachen Faustformeln (z.B. EBITDA mal 6–8 oder ähnlich) höher einschätzen, als es ein Käufer tun würde.

Häufig wird der Einfluss des Inhabers, der langjährig und oftmals mit beachtlichem Erfolg sein Unternehmen geführt hat, für die Bewertung unterschätzt. Denn ein Käufer des Unternehmens wird nur den Wert des Unternehmens vergüten, der sich ergibt, nachdem der bisherige Inhaber sich vollständig vom Unternehmen getrennt hat.
Die bewertungsmäßige Abbildung dieser typischen Inhaberabhängigkeit ist in der Praxis eine der zentralen Aufgaben bei der Ermittlung mittelständischer Unternehmenswerte.
Dabei geht es zum einen um die für eine fundierte Bewertung erforderliche Planung der Unternehmensergebnisse für die nächsten drei bis fünf Jahre (Detailplanungsphase), zum anderen um die langfristige Planung („ewige Rente“). Letztere ist für den Unternehmenswert besonders relevant, da der Wertbeitrag aus den nachhaltig geplanten Ergebnissen sehr hoch ist, oftmals zwischen 70 und 80 Prozent des Gesamtunternehmenswertes.
Eine solche integrierte Planung besteht aus Plan-Bilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Finanzplanungen.
Die Unternehmensplanung ist vom Bewerter zu verplausibilisieren (vergleiche IDW-Praxishinweis 2/2017). Unter Plausibilität ist dabei zu verstehen, dass die einer Planung zugrunde gelegten Annahmen nachvollziehbar, konsistent und frei von Widersprüchen sind.
Zum anderen geht es um die Bewertung des Erfolgsbeitrages seines Inhabers, der nach dem Verkauf nicht mehr zur Verfügung steht.
Infolge der engen Bindung an die Person des Inhabers zeichnen sich diese immateriellen Faktoren dadurch aus, dass sie nur durch dessen Mitwirken im Unternehmen erhalten bleiben. Die damit verbundenen finanziellen Überschüsse sind in der Regel zeitlich limitiert und nur begrenzt auf einen neuen Eigentümer übertragbar, da Kundenbeziehungen abschmelzen, technisches Know-how nur über einen bestimmten Zeitraum von Bedeutung ist oder das Geschäftsmodell selbst nur eine begrenzte Nutzungsdauer aufweist. Insofern ist zu untersuchen, ob und in welchem Maße ein Verbrauch, der sich aus den immateriellen Faktoren ergebenden Ertragskraft nach dem Ausscheiden des Eigentümers ergibt, zu berücksichtigen ist.
Reduziert sich die Ertragskraft unmittelbar nach dem Ausscheiden des Eigentümers, so sind die positiven und negativen Erfolgsbeiträge zu eliminieren. Bei einer Reduktion über einen bestimmten Zeitraum sind die nur zeitlich begrenzt übertragbaren Cashflows während der Detailplanungsphase „abzuschmelzen“. Kundenbeziehungen stellen dabei in der Praxis den Haupteinflussfaktor dar.
Der Abschmelzungszeitraum hängt dabei sowohl von den individuellen Verhältnissen des Bewertungsobjekts als auch vom Markt- und Branchenumfeld ab.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hat sich mit den Besonderheiten der mittelständischen Unternehmensbewertung im Standard S13 aus dem Jahre 2016 sowie mit einem Praxishinweis aus dem Jahre 2014 beschäftigt.

Im Ergebnis kommen verkaufswillige Unternehmer zuweilen zu der Erkenntnis, dass trotz hoher Erträge das Unternehmen keinen Kaufinteressenten findet. Wenn ein potenzieller Käufer Angebote macht, liegen diese häufig unterhalb der Erwartung des Verkäufers, das heißt insbesondere unterhalb der rechnerischen Ertragswerte, wenn die Inhaberabhängigkeit nicht transparent gemacht und in der Bewertung berücksichtigt wird.
Die optimale Vermögensübergabe und der Verkauf des Unternehmens erfordern einen mindestens zwölfmonatigen Vorlauf. Es empfiehlt sich, rechtzeitig Vorstellungen über realistische Werte zu gewinnen. Wichtiger zur Erzielung eines adäquaten Kaufpreises ist es dagegen, betriebliche Strukturen so zu verändern, dass der Unternehmenserfolg vom Inhaber zumindest teilweise entkoppelt wird, etwa durch die Einstellung eines Fremdgeschäftsführers oder den Aufbau einer starken zweiten Führungsreihe … Ein Stück weit hieße dies aber auch für den Inhaber, sich schon vor dem Verkauf entbehrlich zu machen.

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