Desinfektionsmittel, Schutzanzüge, Masken, Einmalhandschuhe – zu Beginn der Corona-Krise war die Beschaffungssituation kritisch. „Der Markt war leergefegt“, so Jörg Schmidt, Vorstandsvorsitzender des Verbands der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen in NRW (VKSB). 75 Prozent der Mitglieder des Bundesverbands waren von den Lieferengpässen betroffen. Während das Corona-Virus in anderen Branchen aufgrund niedriger Fallzahlen eine eher „theoretische“ Bedrohung darstellt, ist die Altenpflege besonders betroffen. Denn hier ist die „Vulnerabilität“ der Betroffenen besonders stark, die Sterberate am höchsten, eine unzuverlässige Versorgung mit Desinfektionsmitteln, Schutzanzügen, Masken und Einmalhandschuhen daher lebensbedrohend.
Geholfen habe „der gute Kontakt zu unseren Lieferanten“. Laut Schmidt wurde der Markt später dann von zahlreichen Anbietern „überschwemmt“, die aus der Krise den größtmöglichen Profit ziehen wollten. Das sei bis heute so. „Aus diesem Grunde waren und sind verlässliche Partner im spezialisierten Großhandel sehr wichtig. Ohne bereits im Vorfeld gefüllte Zentralläger wären wir und sicher auch viele andere Kolleginnen und Kollegen definitiv an die Grenzen gestoßen“, sagt Jörg Schmidt, Geschäftsführer der Städtischen Seniorenheime Krefeld gGmbH. Unabhängig von regelmäßigen Anfragen und Bestellungen an die langjährigen Lieferanten seien auch „fremde Online-Shops“ getestet und Aufträge nach Internetrecherche per Mail platziert worden. Die Kehrseite der digitalen Möglichkeiten: „Es kamen täglich ungefragt diverse E-Mails und Angebote für Schutzausrüstungen rein, die aussortiert werden mussten – weil nicht selten unseriös.“
Einmalhandschuhe
sind Mangelware
Ab Mai/Juni habe sich die Lage dann langsam beruhigt, allerdings hätten die Senioreneinrichtungen teilweise auf „Ersatzprodukte“ zurückgreifen müssen, da gängige Artikel nicht oder nur zu Mondpreisen verfügbar gewesen seien. Stand heute: „Die Beschaffung von Einmalhandschuhen gestaltet sich bei der Mehrzahl der Verbandsmitglieder immer schwieriger.
Die anderen Produkte zum Hygieneschutz wurden über die letzten Monate gut bevorratet.“
Das gleiche Fazit am Ende des Corona-Jahres 2020 zieht mit dem Landesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks NRW eine andere große Abnehmergruppe. Laut Geschäftsführer Bernhard Nordhausen war die Versorgung mit Desinfektionsmitteln sowie mit Mund-Nasen-Schutz und Atemschutzmasken – Stichwort FFP2 – schwierig. „Dies hat sich inzwischen deutlich entspannt. Wegen teilweiser Lieferproblemen noch immer etwas angespannt ist die Beschaffung von Einmalhandschuhen.“ Insgesamt betrachtet haben die Auswirkungen der Corona-Krise die Branche je nach Betriebs- und Kundenstruktur sehr unterschiedlich getroffen. „Positiv ist festzustellen, dass allgemein das Verständnis für die Bedeutung von Reinigung und Hygiene durch die Corona-Krise stark zugenommen hat. Das findet auch seinen Ausdruck darin, dass wir zumindest in den Bereichen desinfizierende Reinigung und der Reinigung systemrelevanter Objekte offiziell als systemrelevant anerkannt worden sind“, erklärt Nordhausen. Vielfach hätten die Kunden die Reinigungsrhythmen angehoben und zudem zusätzliche desinfizierende Maßnahmen wie die mehrfach tägliche Desinfizierung von Kontaktflächen beauftragt. Viele Betriebe hätten dadurch einen Auftragszuwachs erhalten.
„Andererseits fällt die Reinigung vor allem großer und bisher für die Branche bedeutender Objekte entweder vorübergehend oder sogar durchgehend bis heute ganz aus oder wird deutlich verringert. Dies betrifft insbesondere Flughäfen, Messehallen, Veranstaltungshallen, Stadien und Hotels. Zudem wurden auch Büroflächen zumindest vorübergehend stillgelegt, weil Arbeitnehmer im Homeoffice waren oder noch sind.“ Insgesamt können die Umsatzzuwächse aus dem Bereich desinfizierende Reinigung, so der NRW-Verband, die Umsatzverluste in den Großobjekten nicht auffangen. Man rechnet mit einem Umsatzrückgang von etwa sechs Prozent für das Jahr 2020.
Folgen des
Homeoffice-Trends
Für die Zukunft wird sich die Branche nach Meinung von Bernhard Nordhausen darauf einstellen müssen, dass durch den Trend zum Homeoffice Büroflächen teilweise wegfallen. „Andererseits werden die verbleibenden Flächen, die häufig keinen festen Arbeitnehmern mehr zugeordnet werden, häufiger gereinigt werden müssen, um auch dem anderen Arbeitnehmer am nächsten Tag einen hygienischen und sauberen Arbeitsplatz bieten zu können.“ Heißt: „Die desinfizierende Reinigung wird auf Dauer eine größere Rolle spielen als bisher und es ist zu hoffen, dass das zurzeit wiedererstandene Bewusstsein für die Bedeutung von Reinigung und Hygiene Bestand haben wird.“
„Sicherlich wird die Vorbereitung auf Pandemien und die Beachtung der Pandemiepläne einen anderen Stellenwert erhalten.“ Davon ist Jörg Schmidt vom VKSB überzeugt. Viele Zentralläger würden erweitert. Derzeit hätten zwei Drittel der Verbandsmitglieder einen Vorrat, der vier Wochen lang reiche. Beim restlichen Drittel sei der Puffer sogar noch größer. Er geht von einer Zunahme bindender Rahmenlieferverträge mit Lieferanten aus. Wünschenswert wäre eine geringere Abhängigkeit vom asiatischen Markt. „Hersteller bräuchten staatliche Anreize oder das Selbstverständnis, um in Deutschland zu produzieren. Händler müssten im Inland, wenn auch teurer, einkaufen“, findet er.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.deDaniel Boss
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