Alle Jahre wieder steht sie an: die Urlaubsplanung. In diesem Jahr gibt es zwar keinen Tag gesetzlichen Urlaub mehr, aber dafür einen Feiertag in den alten Bundesländern: den Reformationstag. Er erinnert an den historisch (umstrittenen) Anschlag Luthers, der am 31. Oktober 1517 höchstselbst seine 95 Thesen zur Erneuerung der katholischen Kirche an die Kirchentür zu Wittenberg genagelt haben soll. Die evangelische Kirche sieht das positiv und geht noch einen Schritt weiter: Zwecks Entschleunigung und Rückbesinnung sollte der Reformationstag in die Riege der bundesweiten Feiertage aufgenommen werden. Arbeitspsychologen teilen die Kirchenmeinung, wenn auch aus anderen Gründen: Weniger Arbeitstage böten – gekoppelt mit Brückentagen – mehr Möglichkeiten zum Entspannen. Entspannte Mitarbeiter arbeiten produktiver und nutzen so auch den Arbeitgebern. Außerdem führten weniger Arbeitstage zu geringeren Krankenständen.
Kritik der Arbeitgeber
Banker, etliche Volkswirte und Arbeitgeberverbände sehen das hingegen ganz anders: Für sie gibt es in der Bundesrepublik bereits jetzt zu viele Feiertage. Sie verweisen auf ein Absinken der Wirtschaftskraft. Eine Untersuchung der Bundesbank belegt, dass ein Prozent mehr Arbeitstage im Schnitt zu einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Leistung um 0,3 Prozent führen. Allerdings, so schränkt sie ein, lasse der Effekt zum Jahresende nach, weil die Unternehmen um Weihnachten und Neujahr die Produktion herunterfahren. Allerdings treffen die arbeitsfreien Tage die Branchen sehr unterschiedlich: Im Baugewerbe ist ein Arbeitstag im Winter bei Eis, Schnee oder Regen anders zu bewerten als im Sommer. Ganz anders sieht es im Einzelhandel aus: Fällt ein Feiertag auf einen Samstag, kann das schon zu Umsatzeinbußen führen. Rein statistisch mindern weniger Arbeitstage generell das Wirtschaftswachstum. Die nicht vorhandene Wertschöpfung an diesem Tag geht mit in die Statistik ein. Allerdings wird nicht verbucht, dass ein Teil der Arbeit später nachgeholt wird, sodass der Effekt so groß am Ende nicht ist. Die rein wirtschaftliche Beurteilung freier Tage ist umstritten: Der Blick nach Bayern zeige deutlich, erwidern die Ökonomen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, dass dem nicht so ist. In Niedersachsen werde durchschnittlich drei Tage mehr gearbeitet als im Freistaat, die Wirtschaftsleistung sei deswegen nicht höher. Den Beschäftigten sind wirtschaftliche Erwägungen in der Regel egal. „Glück“ haben in diesem Jahr alle Arbeitnehmer, denn im Vergleich zu den Vorjahren liegen die Feiertage in diesem Jahr wieder besonders günstig. Feiertag-Spitzenreiter ist Bayern: Je nach Region stehen den Beschäftigten in diesem Jahr bis zu 14 Feiertage zum „Brückenbauen“ zur Verfügung. Andere Landesteile kommen „nur“ auf 13 oder gar 12 Feiertage. Die gibt es auch in Baden-Württemberg und im Saarland. Aber dann folgen bereits NRW und Rheinland-Pfalz, deren Beschäftigte auf elf freie Zusatztage kommen. 2017 zählt, im Vergleich zu den Vorjahren, als ein sehr arbeitnehmerfreundliches Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es in NRW insgesamt drei freie Tage mehr. Wer geschickt plant und seine Urlaubstage entsprechend zeitig eingereicht hat, kann das landesweit übliche Urlaubskontingent von 30 Tagen mehr als verdoppeln.
Besonderheiten bei der Urlaubsplanung
Allerdings – so ganz frei von Zwängen ist die Planung nicht: Da sind auch immer noch die gesetzlichen und betriebsinternen Regelungen zu beachten. Zwar sind die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen, aber auch die Belange der übrigen Mitarbeiter. Schutzwürdige Interessen anderer haben immer Vorrang. Schutzwürdig sind aber nicht nur Mitarbeiter mit schulpflichtigen Kindern, sondern auch die, die in der Urlaubsgestaltung nicht frei sind. Außerdem gilt: Wer noch keinen Urlaub hatte, wird gegenüber dem bevorzugt, der schon einmal Ferien gemacht hat. Allerdings kann auch aus dringenden betrieblichen Belangen der gewünschte Urlaubszeitraum nicht gewährt werden. Außerdem sollte mindestens ein Urlaub am Stück genommen werden. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaub ab, muss er dies entsprechend begründen. Im Zweifel klärt das Gericht den Fall – unangenehm für beide Seiten. In Unternehmen mit Betriebsrat regelt das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretung die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, -pläne sowie Urlaubszeit, falls zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern keine Einigung erzielt werden kann. In der Regel steht in der Betriebsvereinbarung, wie der Urlaub gewährt wird. Generell gilt aber: Einen Anspruch auf „brückentagsfrei“ gibt es nicht. Die Brückentage sind ganz normale Arbeitstage. Deswegen werden sie in der Regel auch fair unter den Mitarbeitern verteilt. Gibt es keine Regel, zählt: Wer zuerst beantragt, hat gewonnen. Einmal gewährten Urlaub können Arbeitgeber nicht mehr zurücknehmen, es sei denn, der Arbeitnehmer stimmt dem einvernehmlich zu. Nur wenn schwere Notfälle drohen, kann der Urlaub wieder zurückgenommen werden – die Hürden sind aber sehr hoch angesetzt. Gängige Praxis ist in vielen Unternehmen immer noch das Windhund-Prinzip: Wer zuerst beantragt, kann die freien Tage genießen. Das kann aber zu Ärger in der Belegschaft führen. Experten empfehlen darum, frühzeitig Urlaubspläne aufzustellen. Sieben optimale Brücken sind in diesem Jahr noch zu verteilen: Ostern (für acht Tage Urlaub gibt es 16 freie Tage am Stück), Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und der Tag der Deutschen Einheit (je vier Tage Urlaub bringen neun freie Tage), der Reformationstag und Allerheiligen (3 Tage Urlaub sorgen für neun freie Tage) und Weihnachten, gekoppelt mit Silvester (drei Tage Urlaub ermöglichen zehn freie Tage am Stück). Angesichts der zahlreichen Brücken könnte so mancher seinen Urlaub nicht komplett in diesem Jahr nehmen. Sollte er aber, denn generell gilt: Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Urlaubstage dürfen nur ausnahmsweise übertragen werden. Stimmt der Arbeitgeber zu, muss der Resturlaub angemeldet und der dann übertragene Urlaub bis spätestens zum 31. März 2018 genommen werden.
Dirk Heuer | redaktion@regiomanager.de
Teilen: