Für eco, den Verband der Internetwirtschaft, gehört sie eindeutig zu den Trendthemen des Jahres: die „Blockchain“. Die Technologie, so die Überzeugung, finde mit zahlreichen Anwendungen Eingang in den Geschäftsalltag. „Plattformen auf der Grundlage der Blockchain werden insbesondere Geschäftsanwendungen unterstützen, bei denen ein Intermediär Vertrauen stiftet und Transaktionen abwickelt“, heißt es von eco. Neue Plattformen lösten dabei aktuelle Probleme im Bereich Performance und Skalierbarkeit. Das komme beispielsweise der rasanten Entwicklung im Bereich des Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) zugute. „Mithilfe der Blockchain-Technologie lassen sich die exponentiell wachsende Daten in den Bereichen Smart Home, Smart City und Industrial-IoT effizient und sicher verwalten und als wichtige Rohstoffe unserer digitalisierten Welt nutzen.“ Die Blockchain werde 2018 zu einem wichtigen Thema besonders für den Mittelstand, immer mehr Unternehmen entdeckten in der Technologie großes Potenzial fürs eigene Geschäft. „Vor dem Hintergrund des zunehmenden Vernetzungsgrades von Menschen, Maschinen und Systemen gewinnt die Frage nach Verlässlichkeit und Vertrauen eine zunehmende, wenn nicht gar existenzielle Bedeutung“, erklärt Uwe Brettner, Vorsitzender der Digitalkommission des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), die Hintergründe. „Wenn wir uns unsere heutige gesellschaftliche und wirtschaftliche Marktsituation anschauen, dann hat das Vertrauen in viele Institutionen und Instanzen abgenommen. Fake News, Plagiate, Internetbetrug, Cyberkriminalität, fehlende Authentizität und Autorisierung tragen zur Verunsicherung vieler Anwender bei. Der Wunsch der Beteiligten nach Verlässlichkeit, Authentizität, Integrität und Vertrauen sei überall und gerade im Bereich der Digitalisierung zu spüren. Genau an dieser Stelle komme die Blockchain-Technik ins Spiel, denn Blockchain ist nach seiner Aussage „sozusagen das programmierte und automatisierte Vertrauen“.
Wer ist Satoshi Nakamoto?
Die Geburtsstunde der Blockchain-Technologie liegt bereits im Jahre 2008. „Eine Person oder eine Gruppe von Personen hat unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto eine Abhandlung über ein System von digitaler Währung geschrieben“, so Brettner. Positive wie negative Schlagzeilen begleiteten seit dieser Zeit diese „Kryptowährung“, die unter dem Namen Bitcoins mittlerweile flächendeckenden Bekanntheitsgrad erreicht habe. „Grundsätzlich ist die Blockchain ein elektronisches Register für digitale Datensätze, Ereignisse oder Transaktionen, die durch die Teilnehmer eines verteilten Rechnernetzes verwaltet werden. Blockchain ist also eine dynamische Datei, die fortwährend auf dem aktuellen Stand gehalten wird.“
Während im Geschäftsalltag in der Regel durch die Dienstleistung sogenannter Intermediäre wie Anwälte, Notare, Ämter, Verwaltungsbeamte Vertrauensgrundlagen für Vertragspartner geschaffen würden, werde beim Einsatz der Blockchain grundlegendes Vertrauen durch technische Funktionalität erreicht. „Das wird im Zeitalter von Online-Geschäften, bei denen sich die Vertragspartner noch nicht einmal kennen, aber trotzdem miteinander in Geschäftsbeziehung treten wollen, nahezu unabdingbar.“ Die Blockchain-Technologie ist eine Open-Source-Technologie, deren Protokolle „dezentral weiterentwickelt werden“. Dadurch erfahre dieses „quelloffene System“ einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der durch neue Anwender und Entwickler fortwährend vorangetrieben werde. „Die Innovationskraft des Open-Source-Ansatzes sorgt hierbei für einen qualitativ hohen Innovationsanspruch.“ Besonderen Nutzwert werde der Blockchain in den Branchen Finanzen, Energie und Handel zugeschrieben.
Echtes Thema für den Mittelstand
Doch ist das Ganze vielleicht nur ein kurzfristiger Hype? Nicht, wenn man den Zahlen glaubt, die eco zitiert. Die Blockchain setzt sich für bestimmte Anwendungsfälle und Branchen in der Breite durch – das denken 44 Prozent der Mittelständler laut einer Befragung des Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov; 266 Personen des mittleren und höheren Managements mittelständischer Unternehmen haben daran vor rund einem Jahr teilgenommen. Neun Prozent der befragten Unternehmen planen bereits konkret den Einsatz einer Blockchain im eigenen Unternehmen. 17 Prozent der Befragten denken immerhin über den Einsatz in ihrem Unternehmen nach. Drei Prozent der Mittelständler nutzt die Blockchain bereits. Nur 26 Prozent glauben nicht an diese Technologie, 30 Prozent sind unschlüssig oder machen keine Angaben. „Die Blockchain wird zu einem Thema für den Mittelstand; immer mehr Unternehmen entdecken in der Technologie großes Potenzial fürs eigene Geschäft“, sagt Stephan Zimprich, Leiter der Kompetenzgruppe Blockchain im Internet-Verband. Die Befürworter nennen u.a. diesen Vorteil: In einer Blockchain sind alle Einträge und Transaktionen an vielen Orten gleichzeitig manipulationssicher gespeichert. In den Augen vieler Experten bietet die Blockchain-Technologie hohes Potenzial für viele Wirtschaftsbereiche, besonders wenn es auf die nachweisbare Übermittlung von Informationen ankommt. „Mithilfe der Blockchain lassen sich ohne große Investitionen in IT beispielsweise sichere Prozesse für einfache Transaktionen schaffen“, sagt Stephan Zimprich. „Von diesen und weiteren Vorteilen der Blockchain möchte auch der Mittelstand profitieren.“ Viele der Befragten können sich einen konkreten Einsatz einer Blockchain vorstellen, wenn das Prozesse sicherer macht (43 Prozent), Prozesse vereinfacht (39 Prozent) oder Kosten reduziert (39 Prozent).
Durchbruch in 2018?
Die Blockchain-Technologie befinde sich noch in einem frühen Stadium, werde sich jedoch kontinuierlich entwickeln. Während 2017 das Jahr der „Blockchain Proof of Concepts“ gewesen sei, die die prinzipielle Durchführbarkeit von Blockchain-Projekten belegt hätten, würde man 2018 vermehrt Blockchain-Anwendungen in operationalen Business-Anwendungen erleben. „Dabei handelt es sich vor allem um private Blockchains mit einem begrenzten Netzwerk ausgewählter Nutzer.“ Die großen öffentlichen Blockchains wie Bitcoin oder Ethereum könnten dabei als Stütze zur Absicherung der eigenen Integrität dienen. Als ein Anwendungsgebiet nennt Zimprich beispielhaft den Datenaustausch zwischen Unternehmen und Konsortien oder die Sicherung von Prozessen innerhalb der Lieferkette. „Es sind auch einfach zu betreibende Bezahlsysteme denkbar.“ „Bei allen Chancen, die in der Blockchain-Technologie gesehen werden“, gibt es für Uwe Brettner vom BVMW aber noch offene Fragen, mit denen zum Teil nicht unerhebliche Risiken verbunden seien. Er nennt in diesem Zusammenhang u.a. einen hohen Energieverbrauch wegen zunehmender Rechenintensität bei wachsenden Blockchains, die Irreversibilität von Transaktionen und „mögliche Attacken“. Auch bei der rechtlichen Beurteilung ist seiner Aussage nach noch manches offen.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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