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„Die Steuerausfälle sind eine Herausforderung“

Interview mit Hildens Bürgermeisterin Birgit Alkenings.

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von Regiomanager 01.04.2016
Birgit Alkenings, Bürgermeisterin Hilden

RWM: Frau Alkenings, mit Ihrem Sieg vor rund zwei Jahren setzten Sie eine langjährige SPD-Tradition im Bürgermeisteramt in Hilden fort. Haben Sie damals mit einem klaren Resultat gerechnet?

Birgit Alkenings: Natürlich nicht, zumal es im ersten Wahlgang unter den sieben neuen Kandidaten und ohne Amtsinhaber im Rennen auch alles andere als klar war. Mit einem solchen Erfolg kann und sollte man auch nicht rechnen.

RWM: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen der kommenden Jahre?

Birgit Alkenings: Da lassen sich einige nennen, wobei die wohl größte die ist, Hilden auf dem bestehenden guten Niveau zu halten und wenn möglich noch zu verbessern. Da ist wenig Luft nach oben, aber viel nach unten. Darüber hinaus müssen wir uns dem demografischen Wandel stellen und die Grundlagen dafür legen, dass wir die dadurch entstehenden Änderungen in der Gesellschaft gestemmt bekommen. Zukünftig wird die Zahl der Senioren noch weiter steigen und die der in Arbeit befindlicher Bürger sinken. Wir müssen also für ausreichend Wohnraum und Angebote für junge Familien sorgen, um diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken und den hier befindlichen Unternehmen die nötigen Arbeitskräfte zu sichern. Das nächste große Thema sind die Flüchtlinge und die Aufgabe ihrer Integration. Dabei sehe ich persönlich gar nicht mal die reine Zahl als Problem, das haben wir auch in früheren Wellen beispielsweise aus dem Balkan ähnlich erlebt. Nur kamen damals nicht so viele auf einen Schlag zu uns, das stellt uns vor neue Herausforderungen. Zudem ist uns die Integration vor einigen Jahren nicht ganz so gut gelungen, das lässt sich verbessern.

RWM: Die Haushaltslage spitzt sich auch in Hilden inzwischen zu, für das laufende Jahr wird mit einem Defizit von rund acht Millionen Euro gerechnet, und im April wurde wegen noch höherer Einnahmeeinbußen erneut eine Haushaltssperre verhängt. Wie und mit welchen Mitteln sehen Sie die Chancen für eine Trendwende?

Birgit Alkenings: Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass es sich hierbei um eine  „Delle“ handelt, hervorgerufen durch ausgebliebene Gewerbesteuern. Die wiederum basieren nicht auf einem Wegzug von Unternehmen oder Insolvenzen, sondern darauf, dass die Firmen Steuersparmöglichkeiten nutzen, aber auch in Hilden investieren. Letzteres gefällt uns grundsätzlich gut, es wirkt sich zunächst allerdings negativ auf die Steuern aus. Kurzfristig könnten wir acht Millionen Euro übrigens nicht durch Einsparungen decken, dafür ist der Anteil von Personalkosten und Pflichtaufgaben an den Ausgaben einfach zu hoch. Nichtsdestotrotz haben wir im vergangenen Jahr bereits eine Spar-Initiative in der Mitarbeiterschaft angestrengt, die durch viele kleine Einzelmaßnahmen zu fast einer Million Euro geringerer Ausgaben in vier Jahren führen wird. Darüber hinaus hinterfragen wir schon jetzt jede neu zu besetzende Stelle genau auf ihre Notwendigkeit und tarifliche Eingruppierung. Die freiwilligen Aufgaben werden überprüft, genauso wie die Ausführungsstandards der Pflichtausgaben.

RWM: Durch die Nähe zu Düsseldorf ist Hilden auch beliebter Wohnstandort, doch Wohnraum ist knapp. Wie begegnen Sie diesem Engpass?

Birgit Alkenings: Die Nähe zu Düsseldorf ist sicher gegeben, dennoch ist Hilden keine Schlafstadt. Wir weisen im Gegenteil sogar ein  positives Pendlersaldo bei den Arbeitsplätzen für die Großstädte Solingen und Wuppertal aus. Menschen, die nach Hilden ziehen, machen das ganz bewusst, weil sie die Angebote und Infrastruktur in der Mittelstadt zu schätzen wissen. Es ist alles vorhanden, was benötigt wird, und die Wege sind kurz und fußläufig oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Der knappe Wohnraum ist auch kein Hildener Problem, wir sind da in der Metropolregion Rheinland in guter Gesellschaft. Daher haben wir in der Vergangenheit schon kompakter und höher gebaut, um notwendigen Wohnraum zu schaffen. Große Neubaumöglichkeiten stellen sich uns nicht mehr. Aktuell beschäftigen wir uns im Rat mit gefördertem, also sozialem und dem sogenannten „preisgedämpften“ Wohnungsbau. Dieser wird in einem noch zu entwickelnden größeren Gebiet realisiert. Ansonsten bleibt uns nur, die wenigen städtischen Flächen zum Teil der Wohnnutzung zuzuführen – dort, wo es sich anbietet.

RWM: In Sachen Innenstadtentwicklung wurde kürzlich die Bürgerbeteiligung für die Umgestaltung und Aufwertung des Warrington-Platzes begonnen. Was erhoffen Sie sich von diesem konkreten Projekt?

Birgit Alkenings:
Leider müssen wir aufgrund der aktuellen Haushaltssperre sowohl diese Maßnahme wie auch die anderen Projekte aus dem geförderten „Integrierten Handlungskonzept Innenstadt“ erst mal ruhen lassen. Der Rat wird im September im Rahmen des Nachtragshaushaltes entscheiden, ob es weitergeht oder nicht. Der Plan war, die in die Jahre gekommene Ausstattung zu erneuern und das Zentrum Hildens für die nächsten Jahre fit zu machen. Eine der wesentlichsten Aufgaben in allen Umbaumaßnahmen wird es sein, die Innenstadt barrierefrei beziehungsweise barrierearm zu gestalten. Daran wurde in den 1970er- Jahren noch in keiner Weise gedacht. Die zentrale Funktion des Warrington-Platzes mit seinem großen Kinderspielplatz wird auf jeden Fall erhalten bleiben. Der wird sehr gut angenommen, und das wollen wir auch nicht verändern. Dass wir eine attraktive und lebendige Innenstadt haben, die auch aus umliegenden Städten gerne besucht wird, haben wir dem vor vielen Jahren beschlossenen Konzept zu verdanken, Einzelhandel nur im Zentrum zuzulassen und nicht in den Gewerbegebieten. Und der Tatsache, dass es gelungen ist, über ein stetes und intensives Leerstandsmanagement den Einzelhandel immer wieder neu zu beleben. Das ist nie auf einen Schlag geschehen und darum auch nie sonderlich aufgefallen. Inzwischen gibt es eine große Konkurrenz durch den Online-Handel. Die hierdurch abfließende Kaufkraft kann zur Schließung vieler Geschäfte führen. Wir in Hilden wollen aber nicht in Schockstarre verfallen, sondern der lokale Einzelhandel, Stadtmarketing und die Stadt Hilden arbeiten zusammen daran, Multichannel-Konzepte zu entwickeln, sodass die Kunden sowohl online als auch offline in Hilden einkaufen können.

RWM: Auch wenn es angesichts der akuten Situation vielleicht schwerfällt: Wie wird Hilden in zehn Jahren aussehen?

Birgit Alkenings: Ich hoffe, dass Hilden dann immer noch eine lebens- und liebenswerte Stadt ist mit einer gut vernetzten Bevölkerung, die sich kümmert und gegenseitig hilft. Und ich wünsche mir, dass die Stadt dann immer noch die attraktiven Angebote hat, die sie heute ausmachen.
Stefan Mülders | redaktion@regiomanager.de

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