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Zukunft der Bauwirtschaft: Digital, modular und nachhaltig

Visionäre der Baubranche träumen von Häusern aus 3D-Druckern, Robotern auf dem Bau und neuen Häusern als Bastelpackungen

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von Regiomanager 06.09.2022
Beim Nachhaltigen Bauen ist Holz das Material der Wahl - gerne auch als Tiny House (© hoeks – stock.adobe.com)

Die großen Herausforderungen und Chancen der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, machen auch vor der Bauwirtschaft nicht halt. Immer neue digitale Entwicklungen erlauben, sicherer, effizienter, aber auch individueller zu planen und zu bauen. Der Klimawandel, dessen Auswirkungen wir seit einigen Jahren durch Hochwasser, Hitzephasen oder Bränden in zu trockenen Wäldern erleben, verlangt seinen Tribut, der auch zu nachhaltigem Bauen und Umbauen führt.


Digitalisierung der Bauwirtschaft


Als in den 80er-Jahren die ersten Computer in die Arbeitswelt einzogen und in den 90ern das Internet rasant um sich griff, ahnte niemand, welchen Umbruch diese technischen Errungenschaften mit sich bringen würden. Die ersten CAD(Computer-Aided Design)-gesteuerten Maschinen in der industriellen Fertigung zeigten jedoch, dass eine Revolution auf alle Branchen zurollte. In der Bauwirtschaft hielt Software Einzug, mit der Gebäude geplant und der Einsatz von Ressourcen optimiert werden konnten. Solche Vereinfachungen im Alltag sind heute selbstverständlich, längst geht die Entwicklung weiter. BIM (Building Information Modeling) heißt der neue Trend, der mit dem CAD bei den Architekten beginnt und durch die digitale Einbindung der Verantwortlichen aus allen Bereichen eine sichere Planung und mehr Transparenz verspricht. Der gesamte Prozess des Bauens wird digital simuliert, ehe er mit Bagger, Kran und Fachkräften realisiert wird. Dabei ist es durchaus denkbar, dass in besonders gefährlichen Situationen Roboter oder Drohnen auf der Baustelle zum Einsatz kommen, um besonders knifflige Bauarbeiten fertigzustellen. Längst wird erforscht, wie künstliche Intelligenz (KI) auch in der Bauwirtschaft eingesetzt werden kann – zur Optimierung der Abläufe, zur Reduzierung von Fehlern oder Fehlplanungen und nicht zuletzt zur Steigerung der Effizienz. Noch liegen zu wenige Daten vor, die für die Entwicklung der KI erforderlich sind, was u.a. darauf zurückzuführen ist, dass diese nicht erhoben wurden oder in so vielen unterschiedlichen EDV-Systemen vorhanden sind, dass sie nur schwer zu vereinheitlichen sind. Aber die Branche hat das Potenzial erkannt und verfolgt diese Möglichkeit.


Modulares Bauen


Obwohl die Digitalisierung von den meisten Menschen als Segen und Chance gesehen wird, hat sie doch einen Trend mitgebracht, der gerade die Bauwirtschaft belastet: Alles muss immer schneller gehen, die Lieferung aus dem Online-Shop soll am nächsten Tag vor der Tür stehen und die Idee für das neue Haus am liebsten genauso schnell umgesetzt werden. Unter diesem Eindruck und mit Blick auf den Fachkräftemangel auf den Baustellen erobert das modulare Bauen seinen Markt. Ein Gebäude wird nicht mehr Stein für Stein mit Betonmischer vor Ort erstellt, sondern aus vorgefertigten Teilen montiert, die industriell produziert werden. Wurden beim Fertigbau einzelne Komponenten wie Betonböden oder Platten für Fassaden ab Werk geliefert, sind es beim modularen Bauen fast alle Elemente – einzeln oder im Set, das kann durchaus eine Küche, ein Bad oder ein Kinderzimmer sein. Diese Komponenten werden in der Fabrik unter optimalen Produktionsbedingungen, teils nach individuellen Vorgaben, produziert. Das geht schneller, oft sogar präziser und sparsamer als auf herkömmlichem Weg, weil die Rohstoffe effizient eingesetzt werden können.


3D-Druck in der Bauwirtschaft


Was man vor wenigen Jahren noch als Science-Fiction abgetan hätte, ist inzwischen Realität geworden, nicht nur in den USA und den Niederlanden, sondern auch in Deutschland: Seit Kurzem steht in Beckum das erste Musterhaus, das weitgehend aus dem 3D-Drucker stammt. Lediglich das Fundament, die Bodenplatte und Decken sowie das Dach sind traditionell produziert worden, die Betonwände kamen auf der Baustelle direkt aus einem 3D-Drucker. Ob sich diese neue Form des Bauens durchsetzen wird, muss die Zeit zeigen, reizvoll ist sie, immerhin betrug die Bauzeit für 160 Quadratmeter nur vier Tage. Relevant wird der 3D-Drucker für die Bauwirtschaft auf jeden Fall; wenn nicht ganze Häuser, so können doch einzelne Elemente kurzfristig beschafft, also gedruckt werden. Womöglich verändert diese Technik die Lagerhaltung und Lieferketten grundlegend, da individuell benötigte Elemente jederzeit geliefert werden können.


Nachhaltiges und
zirkuläres Bauen


Wie nachhaltig Bauen mit dem 3D-Drucker ist, muss sich zeigen, aber das haben die Forscher und Tüftler im Blick, gibt es doch kaum ein Thema, das so stark diskutiert wird wie die Nachhaltigkeit. Spätestens seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine und dem damit verbundenen Energiemangel besinnen sich die Menschen darauf, wie sie Energie sparen und natürlich
vorhandene Ressourcen nutzen können. Der Einbau von Solarmodulen ist ebenso Standard in der Bauwirtschaft wie die Verwendung umweltverträglicher Materialien, vom Dämmstoff bis zur Wandfarbe. Wie ihre Kunden sind zudem die Unternehmen der Baubranche gehalten, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und ressourcenschonend zu wirken. Daraus ergab ›
sich der Trend für zirkuläres Bauen, bei dem alle Materialien im Arbeitskreislauf bleiben, recycelt und neu genutzt oder für die Energiegewinnung eingesetzt werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer genauen Planung und Abstimmung, und da schließt sich der Kreis zu dem Trend in Gesellschaft und Bauwirtschaft: Das wäre ohne Digitalisierung vielleicht beim Bau eines Baumhauses möglich, dank der neuen technischen Voraussetzungen lässt sich das auch beim Bau eines Gebäudekomplexes bewerkstelligen. Dazu bedarf es der Vorbereitung und des Bewusstseins. Beides hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt – für mehr Nachhaltigkeit und für einen positiven Nutzen aus der Digitalisierung. Allerdings ist auch hier entscheidend, sich nicht von der Euphorie des Neuen und Möglichen blenden zu lassen, sondern diese kritisch zu begleiten und Für und Wider aller Wege abzuwägen. Wie spannend auch die Trends und Innovationen erscheinen, ohne Fachkompetenz, Weitsicht und oftmals auch den guten alten gesunden Menschenverstand wird man auf dem Bau auch in der Zukunft kaum auskommen.

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Fotostrecke

Das BIM - Building Information Model erlaubt es allen Beteiligten, die Pläne in bislang ungeahnter Detailtiefe, Schnelligkeit und neuen praktischen Anwendungen zu erleben (© kokliang1981 – stock.adobe.com)

Deutschlands erstes gedrucktes Haus in Beckum (© Peri)

Der bereits 2014 in Mailand fertiggestellte Bosco Verticale des italienischen Architekten Stefano Boeri kann auch heute noch als wegweisend angesehen werden. (© Arcansél – stock.adobe.com)

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