Autoreifen. Jeder kennt sie und nahezu jeder braucht sie. Die schwarzen Gummireifen bilden schließlich den einzigen Kontakt zwischen dem Automobil und dem Untergrund. Ob beim Beschleunigen, Verzögern oder dem schlichten Dahingleiten – ohne Reifen wäre das Auto nicht fahrbereit. Umso wichtiger ist es, auf sie vertrauen zu können. Denn kommt es aufgrund eines Reifenschadens zu einem Unfall, kann dieser schwerwiegende Folgen haben. Die Frage ist nun, ob immer dem vermeintlich günstigeren Internetangebot nachgelaufen oder dem realen Reifenhändler um die Ecke das Vertrauen geschenkt werden sollte. „Zufriedene Kunden gewinnt man mit Qualität, entsprechender Dienstleistung und bezahlbarem Mehrwert“, sagt Roland Richter, Vorstandsmitglied des BRV, des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkanisieur-Handwerk e.V., und fügt gern hinzu: „Wo haben wir mehr Qualität und wo können wir gegebenenfalls auch Preise anheben? Ja, Sie haben richtig gelesen! Bei den Preisen sehe ich viel Potenzial! Warum nehmen manche Vermarkter trotz guter Ausstattung und Personal Dumpingpreise? Dauerhaft niedrige Preise anzubieten sichert in keiner Weise das Bestehen eines Unternehmens. Billig kann erst mal jeder.“
Naturkautschuk-Preis steigt
Dass Roland Richter nicht allein mit seiner Meinung steht, zeigt allein der in den letzten Wochen angezogene Naturkautschuk-Preis. Und da der aus dem Saft des Hevea-Baumes gewonnene Kautschuk der Hauptbestandteil von Gummi ist, der die Elastizität garantiert, wirkt sich sein steigender Preis selbstverständlich auf das Gesamtprodukt Reifen aus. Warum der Preis steigt, soll u.a. an Spekulationen chinesischer Investoren liegen, die in ihrer Heimat ein wieder steigendes Wachstum erwarten. Um bis zu neun Prozent sollen daher allein die Preise für die Sommerreifen des koreanischen Reifenherstellers Nexen Tire ab dem 1. März steigen. Die meisten weiteren Hersteller werden nachziehen.
Nicht gestiegen, sondern um rund ein Prozent gefallen ist der Reifenabsatzmarkt in Deutschland, werden die verkauften Stückzahlen vom Handel an den Verbraucher herangezogen. Wurden noch im Jahr 2015 40,8 Millionen Pkw-Reifen verkauft, waren es 2016 410.000 Einheiten weniger. Und auch für das kommende Jahr wird mit einem Rückgang der Pkw-Reifen-Verkaufszahlen um eine ähnliche Größenordnung gerechnet. Die insgesamt 40.390.000 verkauften Pkw-Reifen von 2016 teilen sich in 21,88 Millionen Sommerreifen und 18,51 Millionen Winterreifen auf. Wobei darauf hingewiesen werden muss, dass sich hinter dem Begriff Sommerreifen auch die Ganzjahresreifen verbergen. Und genau die bilden für den Reifenhandel aktuell ein ganz besonderes Thema. Nicht erst seit diesem Jahr wird von der Industrie der Ganzjahres-, Allwetter- oder All Season-Reifen dazu genutzt, im Segment zu wachsen. Kein anderer Reifentyp wird so aggressiv und offensiv beworben. Bereits im Jahr 2011 wurden über drei Millionen Ganzjahresreifen verkauft. Aktuell sollen es über sechs Millionen pro Jahr sein. Wolfgang Alfs, Geschäftsführer BBE Automotive GmbH, Köln, meint dazu: „Der Bestandsanteil ist mittlerweile zweistellig, in den Großstädten der nördlichen Hälfte der Bundesrepublik sind Werte jenseits der 20 Prozent zu messen.“
Sonderfall Ganzjahresreifen
Die Gründe liegen auf der Hand: Der Kunde spart Geld und Zeit. Die „Oktober bis Ostern“-Regel für die Winterreifen entfällt ebenso wie das Umrüsten und Einlagern der Reifen. Aber Vorsicht: „Schon bei Regen können viele der Ganzjahresreifen nicht mehr mit Sommerreifen mithalten, bei Trockenheit sind sie, genau wie Winterreifen, definitiv die falsche Wahl“, verrät Gunnar Beer, Reifenexperte beim Automobilclub ACE. Und auch BRV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Drechsler mahnt: „Es muss an dieser Stelle noch einmal explizit darauf hingewiesen werden, dass es von der Norm, der Gesetzgebung her (ECE-Regelungen, EU-Richtlinien und StVZO) den Begriff Ganzjahresreifen nicht gibt, er also mehr oder weniger eine ,Marketingerfindung’ ist. Hier wird definitiv lediglich in ,normale’ Reifen – in unserem Sprachgebrauch: Sommerreifen – und in M+S-gekennzeichnete Reifen (sukzessive in Verbindung mit dem Schneeflockensymbol), also Winterreifen, unterschieden!“ Aber was macht den großen Unterschied zu einem echten Winterreifen eigentlich aus? Ab Temperaturen von unter sieben Grad Celsius kommen die unterschiedlichen Mischungstechnologien an ihre Grenzen. Soll heißen, in Winterreifen werden höhere Anteile von Naturkautschuk verarbeitet, der auch bei niedrigen Temperaturen flexibel bleibt und sich somit besser mit der Fahrbahnoberfläche verzahnen kann. In Sommerreifen kommt Kunstkautschuk zum Einsatz, der bei höheren Temperaturen besser funktioniert. Doch was sind schon die teuersten Winterreifen ohne die korrekte Profiltiefe wert? Richtig: nichts. Die im Jahr 1992 in der EG-Kommission festgelegte Mindestprofiltiefe für Reifen beträgt sowohl für Sommer- als auch für Winterreifen 1,6 Millimeter. Da allerdings schon unter vier Millimetern die Wintertauglichkeit von Winterreifen an Wirkung verliert, sollten sie wesentlich früher als vorgeschrieben getauscht werden. Und wo geht das besser als beim kompetenten Reifenhändler um die Ecke?
Marcel Sommer | redaktion@regiomanager.de
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