Die Städtepartner Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg haben seit Gründung der wir4-Wirtschaftsförderung AöR vor über zwanzig Jahren einen beispielhaften Strukturwandel von der Bergbauregion hin zu einem gefragten Wirtschaftsstandort vollzogen. Heute sind die meisten der gemeinsamen wir4-Gewerbeflächen voll vermarktet. Mit der Ansiedlung von kleinen und mittleren Unternehmen bis hin zu internationalen Playern und großen Logistikern wurden tausende neue Arbeitsplätze in der Region geschaffen. Und die Ansiedlungsnachfrage am Standort ist nach wie vor ungebrochen. Neben den neuen großen Logistikansiedlungen in Kamp-Lintfort mit Chal-Tec und Poco hat auch Moers in den letzten Jahren einen Investitionsboom erlebt.
Aktuelles Beispiel ist der Bau der neuen EDEKA Rhein-Ruhr Verwaltung und des Nahversorgungszentrums in Moers-Utfort. 100 Millionen Euro verbaute die Edeka, die seit 1974 in Moers ansässig ist und sich mit dem Neubau klar zum Standort bekannt hat. Der größte Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb der Region Rhein-Ruhr hat damit vor Ort weitere 200 neue Arbeitsplätze geschaffen. Dass außerdem am Standort Moers-Utfort aktuell 23 junge Menschen ausgebildet werden, ist nicht nur für die Stadt Moers von großer Bedeutung. Gleiches gilt für den vom Kreis Wesel in Moers gebauten neuen Berufsschul-Campus. „In der wir4-Region denken wir vernetzt. Die wirtschaftliche Entwicklung macht nicht an Stadtgrenzen halt, sondern hat immer auch Folgen für die gesamte Region. Das ist unsere Stärke“, so wir4-Vorständin Brigitte Jansen. Die interkommunale Zusammenarbeit ist da besonders effektiv, wo gleiche Interessen mit gemeinsamem Vorgehen durchgesetzt werden. Der 2016 begonnene Breitbandausbau zur Verbesserung der infrastrukturellen Standortfaktoren ist ein erfolgreiches Beispiel, das jetzt seine Fortsetzung finden soll. Aktuell prüft man die Rahmenbedingungen zur Teilnahme an der „Grauen-Flecken-Förderung“, mit der die Städtepartner den Glasfaseranschluss von Unternehmen und Haushalten in der Region voranbringen wollen. Ein Vorhaben, das ganz entscheidende Bedeutung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsregion hat.
Innenstadtentwicklung mal vier
Die Innenstadtentwicklung ist für alle Kommunen von großer Bedeutung. Dabei setzen die Städte individuelle Schwerpunkte und entwickeln eigene Konzepte. In Kamp-Lintfort fiel Anfang 2022 der Startschuss für die Kampagne „Von Herzen Kamp-Lintfort“. Bewusst ist man hier den Weg gegangen, die Attraktivität der Innenstadt von innen heraus zu stärken. Das Amt für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing und die Werbegemeinschaft Kamp-Lintfort entwickelten gemeinsam mit einer Kamp-Lintforter Werbeagentur die Kampagne. Diese zielt darauf ab, die emotionale Verbundenheit zwischen Kunden und lokalen Unternehmen zu stärken. Angelegt auf drei Jahre will man mit vielen Aktionen den Einzelhandel stärken und Leerständen begegnen. Bereits kurz nach dem Start hat die Kampagne große Sichtbarkeit erreicht. In Moers arbeitet die Wirtschaftsförderung mit dem „Sofortprogramm Innenstadt“ des Landes. Den coronabedingten Verwerfungen im Einzelhandel kann zum Beispiel mit Mietsenkungen für lukrative Standorte entgegengewirkt werden und auch der Gastronomie und Kultur eröffnen sich damit dringend benötigte Spielräume. Mit diesem Konzept wurden auch in Neukirchen-Vluyn bereits Leerstände neu vermietet. In Rheinberg hat man die im integrierten Handlungskonzept festgeschriebene Innenstadtsanierung weitgehend abgeschlossen und fokussiert sich auf den Prozess der digitalen Transformation der Stadt zur Smart City.
Nachhaltig, digital und
klimabewusst
Ganz oben auf der Agenda stehen für die Kommunen Fragen der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes. So setzt sich Neukirchen-Vluyn als global nachhaltige Kommune für eine ökologisch, sozial sowie wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung ein und hat dies in einem strategischen Handlungsprogramm festgelegt. Eines der Themenfelder heißt „Gute Arbeit und nachhaltiges Wirtschaften“ und fokussiert sich auf Nachhaltigkeitskriterien für Ansiedlungen, Fachkräftegewinnung und nachhaltigen Tourismus. Zur Belebung der Innenstadt und um nachhaltig engagierten Unternehmen und Einzelhändlern sowie Ehrenamtlern mehr Sichtbarkeit zu geben, wurde die neue Landingpage www.handelsinnvoll.de ins Leben gerufen. Die Stadt Rheinberg, die sich ebenfalls auf den Weg zur global nachhaltigen Kommune gemacht hat, hat eigens einen Smart-City-Manager eingestellt, um die digitale Transformation der Stadt voranzutreiben. „Das Digitale durchdringt ja längst die meisten unserer Lebensbereiche. Wir wollen es zu einem integralen Bestandteil unserer Stadt machen“, führt Fachbereichsleiter Kommunikation und Wirtschaftsförderer Thomas Bajorat aus. Dazu ist ein allumfassender und ganzheitlicher Ansatz notwendig.
Die Entwicklung einer Smart-City-Strategie berücksichtige dabei bestehende zentrale Strategien und Stadtentwicklungs-, Klima- und Verkehrsziele sowie vor allem die Bedürfnisse und Rollen der Menschen. In einem offenen Prozess werden die Stadtgesellschaft und die Unternehmen in den Strategieprozess eingebunden. Der Einsatz digitaler Technologien zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen ist über die Stadtgrenzen hinaus von großer Bedeutung. Ein großes Projekt, das alle vier Kommunen einbezieht, ist das „wir4-Mobil“. Das Bus-on-Demand-Konzept ist eine umweltfreundliche, effiziente Lösung, um die Kommunen und ländliche Gebiete mit smarter Technologie zu entwickeln. Weitere digital gestützte Nachhaltigkeitsprojekte im Bereich Mehrwegsysteme oder Lieferverkehr für die Region sind denkbar. In Kamp-Lintfort macht man sich besonders für den Klimaschutz stark. Aktuell laufen 42 Klima- und Umweltschutzprojekte, die erfolgreichste ist die 2017 gestartete „Innovation City“. Jetzt nimmt man sich dem Aspekt Klimafolgeanpassungen mit Beantragung eines neuen Förderprojektes an. Und da auch Klimaschutz nicht an kommunalen Grenzen haltmacht, zahlen auch diese Vorhaben auf die Region als Ganzes ein.
Fachkräftesicherung
Der Dauerbrenner und nach wie vor Topthema der Wirtschaftsförderer und Wirtschaftsförderinnen in den Kommunen und bei der wir4 ist die Fachkräftesicherung. Die wir4 arbeitet eng mit dem Netzwerk für Ausbildung und Beschäftigung zusammen. Nachdem im letzten Jahr coronabedingt erstmals ein digitales Speed-Dating stattfand, plant man in diesem Jahr idealerweise wieder eine Connect-me-Messe in Präsenz am Standort der Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort. Die Wirtschaftsförderer aus Moers setzen die Ausbildungsinitiative der Stadt um. Geplant ist, mit der bereits zweimal durchgeführten Open-Air-Ausbildungsmesse am Mercator-Berufskolleg in die dritte Auflage zu gehen: „Eine Ausbildungsmesse ist deshalb so wichtig, weil Angebot und Nachfrage in direkter Konversation miteinander verknüpft werden“, sind die Moerser Wirtschaftsförderer Frank Putzmann und Jens Heidenreich überzeugt. Ulrike Reichelt, Wirtschaftsförderin in Neukirchen-Vluyn sieht nachhaltige, digitale Ansätze als sinnvolles Instrument zur Fachkräftesicherung an. Denkbar sei ein interkommunales Konzept für die ganze wir4-Region. Schließlich tickt auch der Fachkräftemarkt überkommunal.
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