NRM: Herr Dieker, Sie sind Experte in Sachen Einkaufsprozesse. Inwiefern wird die Corona-Krise diese aus Ihrer Sicht beeinflussen?
Christian Dieker: Der Einkauf wird sich aus unserer Sicht grundlegend ändern. Das, was in den letzten Jahren gegolten hat, wird nicht mehr in dieser Form gelten, wenn die Krise vorbei ist. Das fängt damit an, dass viele ihre gesamten Lieferketten hinterfragen werden, was Abhängigkeiten angeht. Durch den abrupten Stopp des Warenstroms aus Fernost haben viele Firmen jetzt schon Probleme bekommen, Gleiches gilt nun aufgrund des landesweiten Produktionsstopps auch für Italien. Aber auch Zulieferunternehmen aus Deutschland und Europa könnten in Folge der Pandemie in die Insolvenz geraten, sodass es auch bei deren Kunden zu Lieferausfällen kommen kann.
Ein weiterer Punkt ist der Aufbau von Lagerkapazitäten. In den vergangenen Jahren, auch getrieben durch die Automobilindustrie, waren die Just-in-time- bzw. Just-in-sequence-Methoden sehr verbreitet, sodass viele Unternehmen keine weitreichenden, verfügbaren Bestände aufgebaut hatten. Nun wird dazu übergegangen werden müssen, Lagerkapazitäten aufzubauen, um Lieferengpässe, vor allem bei Produkten mit strategischer Relevanz, überbrücken zu können.
NRM: Wie können Unternehmen dieser neuen Situation begegnen und wie können Sie sie dabei unterstützen?
Christian Dieker: Wir beraten Firmen zu allen Themen rund um den Einkauf. Dabei geht es sowohl um den operativen Teil des Einkaufs als auch um die Anpassung der bisherigen Einkaufsstrategie auf die tatsächlichen Gegebenheiten und Anforderungen. Im Rahmen unseres Materials Risk Scans (MRS) bewerten wir alle eingekauften Produkte und Dienstleistungen im Hinblick auf mögliche Engpässe und Risiken und leiten bei Bedarf entsprechende Handlungsempfehlungen, auch unter Berücksichtigung von Mehrkosten, ab. Single Sourcing für strategisch relevante Produkte, das zeigt die Krise, kann ganze Lieferketten ins Wanken bringen. Eine Dual- oder Multiple-Sourcing-Strategie aufzubauen ist natürlich kostspielig und zeitaufwendig, kann das Ausfallrisiko aber signifikant reduzieren. Dies ist eine der zentralen Aufgaben des strategischen Einkaufs im Rahmen des Risiko-Managements, um den Entscheidern im Unternehmen diese alternativen Szenarien aufzuzeigen.
NRM: Was bedeutet die Corona-Krise für den globalen Handel?
Christian Dieker: Es wird eine teilweise Abkehr vom „Global Sourcing“ geben. Man sieht, dass bereits im Bereich der persönlichen Schutzbekleidungen für Krankenhäuser enorme Engpässe herrschen. Diese Produkte werden aktuell fast ausnahmslos in Fernost produziert. Deutsche Unternehmen haben bereits in den letzten Tagen damit begonnen, Produktionskapazitäten für diese Produkte in Deutschland aufzubauen. Diese Bestrebungen werden sicher auch im Sinne des Staates sein, dass man in solchen Krisen nicht mehr auf Produktionsstätten außerhalb der EU angewiesen ist.
Da wir große Erfahrungen in unterschiedlichen Lieferantenmärkten haben, sind wir in der Lage, diese Verlagerungsprozesse zu steuern und zu begleiten. Solche Verlagerungsprozesse binden grundsätzlich hohe interne Kapazitäten im Einkauf, für die aufgrund des Tagesgeschäfts in der Regel die Zeit fehlt. Hier sehen wir uns als verlängerte Werkbank, indem wir den Einkauf für einen temporären Zeitraum unterstützen.
NRM: Herr Dieker, herzlichen Dank für das Gespräch. Jeannine Gehle | redaktion@regiomanager.de
PREX
Madrider Straße 12
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