Wäre ein Gebäude ein Mensch, dann wären die Profis aus dem Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung vermutlich die Internisten. Manchmal agieren sie auch als Chirurgen. Würde man ein Röntgenbild von einem modernen Bürogebäude sehen, wären wie menschliche Adern lauter Rohre und Leitungen sichtbar. Lange bevor der Begriff „smart home“ bekannt war, verwandelten die TGA-Fachleute Häuser schon in genau das: intelligente Bauwerke. Am besten gelungen ist das am Ende natürlich immer dann, wenn man von der Arbeit gar nichts mehr sieht. Alles muss reibungslos funktionieren, doch die Technik bleibt hinter Zwischenwänden, Decken und im Keller verborgen. Unsere Welt ist im Wandel, allein im letzten Jahrhundert gab es so viele technologische Fortschritte in sämtlichen Bereichen wie in keinem Jahrhundert zuvor. Für die Branche bedeutet das eine Vielzahl neuer Anforderungen, die hinzugekommen ist. War die Aufgabe der ersten Gebäudeausrüster im Wesentlichen noch die, dafür zu sorgen, dass es in allen Stockwerken Strom, Wasser und Wärme gibt, so geht es heute um viel mehr Herausforderungen beim Neu- oder Umbau eines Hauses.
Bauwirtschaft erwartet Umsatzsteigerungen für 2022
Zuversichtliche Mienen gab es Ende 2021 auf der Pressekonferenz der beiden Spitzenverbände der Bauwirtschaft, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Bilanz positiv – Aussicht vielversprechend, so in etwa könnte man das Jahres-Resümee der Branche zusammenfassen. Erwartet wird für 2022 eine Umsatzsteigerung auf 151 Milliarden Euro, das sind nominal 5.5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Beschäftigten wird voraussichtlich um 10.000 auf 915.000 ansteigen. Wesentlich ist, so ZDB-Präsident Reinhard Quast, neben dem industriellen Bereich vor allem eines: „Der Wohnungsbau bleibt auch in den ‚Corona-Jahren‘ Stützpfeiler der Baukonjunktur. Ende September 2021 lagen die Auftragsbestände bei fast 13 Milliarden Euro, eine Steigerung zum Vorjahreswert um fast 20 Prozent. Die Nachfrage nach Wohnraum lässt nicht nach. Bis September wurden gut 282.000 Wohnungen genehmigt, etwa fünf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.“ Die Fachleute aus dem Bereich der TGA sind dabei wohl die besten Teamworker. Ihre Verantwortlichkeiten betreffen viele unterschiedliche Gewerke. Architekten, Ingenieure, Bauherren, Eigentümer, Handwerker und am Ende die Facility-Manager müssen mit einbezogen werden. Immer wieder werden dabei Richtlinien und Vorgaben geändert oder erweitert. Nachhaltigkeit ist auch für TGA ein großes Thema.
Auf das Innenleben kommt es an!
TGA, das sind nur drei Buchstaben, aber dahinter steckt eine Vielzahl modernster technischer Lösungen für Gebäude aller Art. Die technische Gebäudeausrüstung gehört ebenso wie Wände, Türen, Fenster oder das Dach zu einem essenziellen Teil von Wohn- und Gewerbegebäuden. Allgemein sind damit „alle fest im Haus installierten Anlagen und Einrichtungen, die zur Nutzung und zum Wohnen notwendig sind bzw. den Wohnkomfort steigern“, gemeint. Wenn man an technische Gebäudeausrüstung denkt, stehen im Rahmen der pandemischen Lage häufig Luftreinigungsanlagen und weitere Lüftungs- bzw. Klimaanlagen im Fokus der Betrachtung. Tatsächlich ist das aber längst nicht der einzige Teilbereich dieser Branche. Solche Lüftungsanlagen kommen allgemein dann zum Einsatz, wenn eine Lüftung durch Fenster kaum oder gar nicht erfolgen kann (beispielsweise bei innen liegenden Badezimmern). Oftmals macht man sich allerdings gar nicht klar, wie viele verschiedene bauliche Aspekte zum Feld der Gebäudetechnik gehören. Eines haben sie jedenfalls alle gemein: Sie müssen diversen Mindestsicherheitsmaßstäben, Normen und Richtlinien entsprechen, damit beispielsweise Brandschutzmaßnahmen konstant eingehalten werden können. Gerade in Küchen ist z.B. wichtig, dass Anlagen zur Raumbelüftung „den Betrieb von raumluftabhängigen Feuerstätten (etwa Gasöfen) nicht beeinträchtigen“. Auch Leitungen sind Teil der TGA. Damit sind nicht nur Stromleitungen bzw. Kabel, sondern auch diverse Rohrsysteme gemeint, die zur Funktionsfähigkeit eines Gebäudes maßgeblich beitragen. Dabei sind es nicht nur die Rohre und Kabel selbst, sondern auch ihre fachmännische Installation und Instandsetzung inklusive notwendiger Dämmstoffe, Armaturen oder Schächte, die in den Bereich der Gebäudetechnik fallen. Neben Wasserrohren und Möglichkeiten zur Messung des Verbrauchs sind auch die Sanitärobjekte selbst (beispielsweise Toiletten) ein gängiger Teil der TGA. Auch die Installation von Blitzableitern für „Bauwerke (bauliche Anlagen), bei denen leicht Blitze einschlagen können […]“, gehört dazu.
Technische Gebäudeausrüstung von Büros in Pandemiezeiten
Gerade in Pandemiezeiten hat das öffentliche Interesse am Thema Lüftungsanlagen und Filtersystemen beispielsweise für Bürogebäude stark an Fahrt aufgenommen. Laut der Initiative PrimaBüroKlima aus dem Jahr 2021 schätzen von 512 befragten Studienteilnehmern 44 Prozent die Wahrscheinlichkeit als „sehr hoch/ hoch“ ein, sich im Büro mit dem Corona-Virus zu infizieren. Dieselbe Anzahl an Befragten gibt ebenfalls an, zu 50 Prozent nicht zu wissen, ob „Investitionen zur Verbesserung des Raumklimas“ im Büro überhaupt geplant seien. 29 Prozent geben an, dass gar keine Investitionen in diese Richtung geplant seien. Luftreiniger als geplante Maßnahme gegen Aerosole und andere Keime in der Luft sind demnach nur bei 12 Prozent aller Befragten geplant (gewesen). Diese Werte fasst Dr. Robert Nehring als Sprecher der Aktion PrimaBüroKlima so zusammen: „Es wird leider noch zu wenig für das Raumklima getan. Das Wissen um die Möglichkeiten, die beispielsweise Luftbefeuchter, Luftreiniger oder ein CO2-Monitoring für den Schutz der Gesundheit eröffnen, muss stärker kommuniziert werden. Hier besteht weiterhin Handlungsbedarf.“
Besser arbeiten im optimalen Umfeld
Viele Studien in den letzten Jahren haben immer wieder belegt, was man schon länger vermutet hatt: Das Raumklima wirkt sich nicht nur auf die Laune, sondern auch messbar auf die Leistung am Arbeitsplatz aus. Unter allen physikalischen Arbeitsbedingungen nimmt es eine zentrale Rolle ein. Das beginnt schon bei der Temperatur. Der überwiegende Teil der Menschen fühlt sich behaglich, wenn die Temperatur im Bereich des Kopfes nicht über 24 Grad Celsius liegt und im Knöchelbereich nicht unter 22 Grad. Dann spiel natürlich auch die Luftqualität eine Rolle. Wie die Technische Universität Dänemarks in Lyngby belegen konnte, zieht eine schlechte Raumluft sowohl eine erhöhte Zahl von Krankmeldungen als auch eine niedrigere Gesamtleistung der Mitarbeiter nach sich. Umgekehrt konnte man durch eine Optimierung des Raumklimas die Leistungen um fünf bis zehn Prozent steigern.
TGA-Büros als zukunftsweisende Branche für Deutschland
Natürlich ist das Erfüllen der Mindestsicherheitsstandards von essenzieller Bedeutung, wenn Gebäudetechniker am Werk sind. Aber häufig werden auch darüber hinaus viele Maßnahmen für nachhaltige und energieeffiziente Gebäude getroffen, von denen die Nutzer des jeweiligen Bauwerks und die Umwelt gleichermaßen langfristig profitieren. Um TGA-Büros zu würdigen, die bewusst auf weiterreichende, besonders energiefreundlich-moderne Technik im Rahmen ihrer Arbeit setzen, wird seit einigen Jahren der DEUTSCHE TGA-AWARD verliehen. Ziel dieser Preisverleihung ist die Auszeichnung und breitflächige Bekanntmachung sowohl von Sanierungs- als auch Neubauprojekten, die „über geltende gesetzliche Mindestanforderungen und den Stand der Technik hinausgehen und neue Standards setzen, weil sie besonders energie- und/oder wassersparend wirken, wirtschaftlich und in jeder Hinsicht nachhaltig arbeiten oder neue Wege in der Digitalisierung beschreiten“.
Welche Investitionen zur Verbesserung des Raumklimas sind geplant?
Das gesamtgesellschaftliche Ziel ist eindeutig: Deutschland soll bis spätestens 2050 auf einem klimaneutralen Fundament stehen. Mit diesem Ziel am Horizont wird der Gebäudetechnikbranche viel Verantwortung zuteil. Waren Gasheizungen lange Zeit gang und gäbe, werden neue Wohngebäude heutzutage vermehrt mit einer erneuerbaren Energieversorgung ausgestattet. Auch hier sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) jüngst mitteilte, ist aktuell ein klarer Abfall fossiler Energieträger und ein Anstieg erneuerbarer Energien deutschlandweit zu verzeichnen. Allein im Vergleich der Jahre 2020 und 2021 ergeben sich deutliche Unterschiede. Kumuliert man die prozentualen Anteile der Energieträger Gas, Öl und Strom, wurden diese 2020 noch zu 34,8 Prozent in genehmigten Wohnneubauten genutzt bzw. Möglichkeiten dafür geschaffen. Dieser kumulierte Wert ist im erfassten Vergleichszeitraum zwischen Januar und November 2021 auf 26,6 Prozent gesunken. Anders ausgedrückt: Waren es 2020 57 Prozent aller genehmigten Wohnneubauten, die mit erneuerbaren Energien geheizt werden sollen, stieg dieser Wert im zuvor genannten Vergleichszeitraum 2021 auf 66 Prozent an. Diese Tendenz ist, im wahrsten Sinne des Wortes, nachhaltig steigend, zumal die sogenannte Ampel-Koalition festgelegt hat, dass Heizinstallationen ab 2025 zu mindestens 65 Prozent mit regenerativen Energieformen betrieben werden müssen. Darunter fallen Installationen in Neubauten ebenso wie Modernisierungsmaßnahmen alter Heizungsmodelle.
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