Die Reduzierung von Stillstandzeiten, weniger ungeplante Ausfälle und optimierte Prozesse: So oder so ähnlich sieht vermutlich der heimliche Wunschzettel der meisten Industriebetriebe aus. Leider wird sich der Weihnachtsmann wohl auch in diesem Jahr kaum blicken lassen. Die gute Nachricht: Ihr Unternehmen muss dennoch nicht auf die Bescherung verzichten und kann all die oben genannten Ziele in der Produktion erreichen. Wie? Mit Predictive Maintenance. Zeit, sich einmal genauer mit diesem spannenden Thema zu beschäftigen.
Auch wenn uns Hollywoodfilme wie „Der Terminator“ etwas anderes weismachen wollen: „Selbst hochmoderne Maschinen und Anlagen brauchen ab und zu eine Pause und müssen gewartet werden. Nur so können sie über viele Jahre hinweg zuverlässig produzieren“, erklärt Dr. Benjamin Adrian vom Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM. Der Experte für Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Datenanalyse berät Betriebe aus verschiedenen Branchen auf ihrem Weg in die digitale Transformation und weiß: „Die Pflege und Instandsetzung der Maschinen brauchen Zeit. Zeit, in der die Anlage eben nicht arbeiten kann, sondern stillsteht. Und Stillstand bedeutet Rückschritt. Diese alte Weisheit gilt besonders für einen so dynamischen Wirtschaftszweig wie die Industrie.“ Unternehmen setzen daher auf verschiedene Methoden, um diese Herausforderung zu lösen:
Reaktive Instandhaltung: Reaktive Instandhaltung – auch korrektive Instandhaltung genannt – bedeutet nichts anderes als die Reparatur einer Maschine. Der Schaden wird also erst dann behandelt, wenn er bereits aufgetreten ist. Nicht besonders modern und schon gar nicht effizient. Deshalb arbeiten viele Betriebe mit der sogenannten „präventiven Instandhaltung“.
Präventive Instandhaltung: Wann sollte eine bestimmte Komponente ausgetauscht werden und wie regelmäßig müssen wir unsere Maschinen warten? Die Antworten auf diese Fragen beruhen oft auf Erfahrungswerten, die ein Unternehmen im Laufe der Jahre sammelt. Und genau diese Erfahrungswerte fließen in die präventive Instandhaltung ein. Diese Strategie ist also wesentlich effektiver als die reaktive Instandhaltung, leidet aber ebenfalls unter einem Problem. Denn Erfahrungswerte sind eben nur grobe Schätzwerte. Es kommt also durchaus vor, dass eine Maschine zu früh oder zu spät gewartet wird – mit entsprechenden Folgen für die Produktion.
Vorausschauende Instandhaltung: „Predictive Maintenance“ setzt auf den wertvollsten Rohstoff unserer Zeit: Daten. Richtig erhoben und analysiert können Daten so etwas wie eine Glaskugel sein, durch die Sie die Zukunft Ihrer Maschinen und Anlagen vorhersehen können. Mit anderen Worten: Die Maschine erkennt Probleme, bevor sie entstehen, und Ihre Techniker können diesen Problemen proaktiv begegnen. Erreicht wird dies durch die permanente Überwachung und Analyse von Maschinen- und Prozessdaten. So wird nicht nur der künftige Wartungsbedarf erkannt, sondern auch der perfekte Zeitpunkt für die Wartung bestimmt. Im Idealfall wird Ihr Techniker das Gerät also warten, bevor es zu einer Störung kommt – aber eben auch nur dann, wenn diese Wartung wirklich nötig ist und keinen Tag früher.
Anlagenverfügbarkeit im Fokus
Wer verstehen will, warum sich so viele Unternehmen mit Predictive Maintenance beschäftigen, muss bei der Anlagenverfügbarkeit anfangen. Denn diese Kennzahl gibt an, wie viel Prozent der geplanten Produktionszeit eine Maschine tatsächlich gearbeitet hat. Eine hohe Anlagenverfügbarkeit ist also wünschenswert und bildet die Basis für eine effiziente Produktion. „Sie ist außerdem ein Beleg dafür, dass es wenig ungeplante Stillstandzeiten gegeben hat – etwa durch kostspielige Reparaturen oder menschliches Versagen“, so Dr. Adrian. „Und aktuell ist Predictive Maintenance wohl der effizienteste Weg, um eine hohe Anlagenverfügbarkeit herzustellen.“
Ist Predictive Maintenance für jedes Unternehmen aus der Industrie sinnvoll?
Diese Frage können wir mit einem klaren „Jein“ beantworten. Denn das Konzept hat einige Vorteile, die nicht vor der Hand zu weisen sind. „Damit Unternehmen dieses Konzept optimal nutzen können, müssen sie aber einige Voraussetzungen erfüllen“, erklärt Dr. Benjamin Adrian. Beispiele sind:
Ausstattung mit Sensoren: Heute sind die meisten modernen Anlagen und Maschinen mit Sensoren ausgerüstet, die verschiedene Daten erheben oder Störungen melden. Neben den einzelnen Sensoren ist aber vor allem die optimale Vernetzung der Maschinen untereinander wichtig, um die richtigen Daten zur richtigen Zeit zu erhalten. Die intelligente Ausrüstung mit Sensoren ist daher eine bedeutende Voraussetzung, wenn Sie Predictive Maintenance für Ihr Unternehmen nutzen wollen.
Kontinuierliche Datensicherung: Die gesammelten Daten müssen anschließend analysiert werden. Damit das regelmäßig und vor allem möglichst unkompliziert gelingen kann, ist ein zentrales System nötig, in dem Sie die Daten sicher ablegen und sammeln.
Automatische Analyse: Welche Messgrößen sind für die Maschine relevant? Welche Zustandsdaten geben Aufschluss darüber, welches Bauteil in absehbarer Zeit versagen könnte, und welche Schwellenwerte sind für welche Datentypen relevant? Mit einer automatischen Analyse – etwa mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen – finden Sie Antworten auf diese und viele weitere Fragen.
Gerade für Betriebe, die sich bisher noch nicht intensiv mit der digitalen Transformation beschäftigt haben, stellen diese Voraussetzungen eine Herausforderung dar. Neben dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM können Unternehmen daher auch auf die Unterstützung großer IT-Dienstleister zurückgreifen. Diese entwickeln im Idealfall ein auf das jeweilige Unternehmen maßgeschneidertes Konzept für den Einsatz von Predictive Maintenance und begleiten die Umsetzung Schritt für Schritt. „Auch Anlagenbauer beraten hier Unternehmen und sehen Predictive Maintenance als zusätzliche Dienstleistung mit digitalem Mehrwert an, der ein zusätzliches Argument für den Kauf Ihrer Maschinen darstellt“, erklärt Dr. Adrian.
Predictive Maintenance spart wichtige Ressourcen
Auch wenn die Integration von Predictive Maintenance zunächst ein aufwendiger Prozess ist: „Es lohnt sich dennoch, hier am Ball zu bleiben“, so Dr. Adrian. Denn Predictive Maintenance könne den Unternehmen bereits in kurzer Zeit einen wichtigen Wettbewerbsvorsprung bieten. „Die Reduzierung von Stillstandzeiten, eine Verringerung ungeplanter Ausfälle und die Erhöhung der Lebensdauer der Maschinen und Anlagen sind wie gesagt nur einige Beispiele.“ Auch die Vermeidung überflüssiger Routinewartungen, eine optimierte Einsatzplanung und vor allem eine effizientere Produktion gehörten zu den Vorteilen, die sich die Betriebe sichern könnten. „Die Betriebe sparen Zeit, Geld und andere wichtige Ressourcen, die sie in ihr Kerngeschäft investieren können. Predictive Maintenance macht sich damit im wahrsten Sinne des Wortes sehr schnell bezahlt“, so Dr. Adrian. Neben diesem wirtschaftlichen Aspekt biete das Konzept aber einen weiteren Vorteil: „Predictive Maintenance ist ein echter Innovationstreiber – für die einzelnen Unternehmen, aber auch für ganze Branchen. Gerade mittelständische Unternehmen können hier ganz neue Potenziale heben und einen wichtigen Schritt auf dem Weg in die digitale Zukunft gehen.“
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