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Immobilien: Chancen in der Immobilien-Krise

Die Lage bleibt angespannt – doch es gibt kleine Lichtblicke.

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von Daniel Boss 18.09.2024
(© Lustre Art Group – stock.adobe.com)

„Katastrophe“, „Drama“, „Abwärtsspirale“ – solche Begriffe dominieren die Nachrichten rund um das Thema Immobilien. Und laut Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, beschreiben sie die aktuelle Lage auf den Wohnungsmärkten in Deutschland leider sehr treffend. „Wir befinden uns in einer anhaltenden Wohnungsbaukrise, die sich immer weiter verschärft. Monat für Monat verkündet das Statistische Bundesamt weitere, immer tiefere Abstürze der Baugenehmigungszahlen.“ Von politischer Seite passiere viel zu wenig, um dem entgegenzuwirken, kritisiert er. „Das ist ein sehr schlechtes Zeichen für das bezahlbare Wohnen von morgen, denn die fehlenden Baugenehmigungen von heute sind die nicht stattfindenden Baufertigstellungen der Zukunft.“

 

Tausende neue Wohnungen fehlen

Pro Jahr müssten für die wachsende Bevölkerung in Deutschland eigentlich 160.000 neue bezahlbare Wohnungen und Sozialwohnungen gebaut werden. „Im vergangenen Jahr wurde von diesem Ziel nur leicht über die Hälfte geschafft, beim sozialen Wohnungsbau sogar nur erschreckende 23 Prozent der eigentlich notwendigen 100.000 Einheiten“, so Gedaschko. „Von unseren sozial orientierten Wohnungsunternehmen berichten in einer aktuellen Umfrage zwei Drittel, dass sie in diesem Jahr gar keine neuen Wohnungen bauen können. 2025 werden es sogar 70 Prozent sein, die nicht bauen können.“ Die Situation sei also durchaus „dramatisch“.

Ähnlich äußert sich Peter Wallisch, 1. Stellvertretender Vorsitzender des IVD West (Immobilienverband Deutschland). „Zum ersten Mal seit über einer Dekade haben wir in den letzten zwölf Monaten in NRW flächendeckend sinkende Preise für selbstgenutztes Wohneigentum festgestellt“, so Wallisch im August. Hauptgrund dafür sei eine große Verunsicherung auf der Käuferseite. „Viele Menschen schreckten vor dem Schritt ins Eigentum zurück – wodurch wiederum der Mietwohnungsmarkt weiter verknappt wurde.“

 

Vielfältige Ursache für die Situation

Ursächlich für die Verunsicherung waren und sind vielfältige Faktoren wie hohe Bauzinsen, die Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz und geopolitische Unwägbarkeiten. „All dies führte zum Umschwung auf dem Immobilienmarkt“, so Wallisch.

„Die Kosten für Wohnungsbau verharren bei komplett unzureichender Förderung auf einem hohen Niveau“, meint der GdW-Präsident. „Die Bevölkerung wächst und lässt den Wohnungsmangel in den Hotspots weiter steigen. Und gleichzeitig können aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen immer weniger Wohnungen gebaut oder umgebaut werden. Das passt nicht zusammen.“ Wenn Deutschland ein zukunftsfähiges Land bleiben wolle, müssten die drei staatlichen Ebenen, also Bund, Länder und Kommunen, endlich konsequent zusammenarbeiten und gemeinsam alles für den bezahlbaren Wohnungsbau tun. „In anderen Ländern, wie den Niederlanden beispielsweise, ist das Baurecht deutlich entschlackter“, sagt Gedaschko. „Deutschland hat hier leider einen Hang zum Perfektionismus und oft stehen sich die verschiedenen Ebenen gegenseitig im Weg.“

Auch der IVD West sieht die Politik gefordert. „Notwendig sind Initiativen zur Nivellierung der Baustandards, die Absenkung der Grunderwerbsteuer, Erleichterungen im Baugesetzbuch bei der Ausweisung von Bauland durch die Kommunen und Förderprogramme für den Erwerb selbstgenutzten Wohneigentums“, so Wallisch. „Denn sonst gerät kurzfristig insbesondere der Mietwohnungsmarkt im unteren und mittleren Preissegment noch stärker unter Druck.“

 

Modulares Bauen und Gebäudetyp E

Klimawandel, Energiekrise und Baukostenexplosion führten klar vor Augen, dass es ein „Weiter so“ bei Planung, Bau und Vertrieb von Wohnraum nicht geben könne. „Die Erstellungskosten sind derart dramatisch gestiegen, dass es Menschen mit wenig Haushaltsbudget zunehmend unmöglich wird, erschwingliche Wohnungen zu finden.“ Mögliche Lösungsansätze für dieses Dilemma werden vielerorts diskutiert. „Die Stichworte sind modulares Bauen, der Trend hin zu kleineren Wohneinheiten und die Identifikation von bisher brachliegenden Wohnraumreserven insbesondere im ländlichen Raum“, sagt Wallisch.

Es gibt also Chancen in der Krise. Das sieht man auch beim GdW so: „Krisen zwingen Politik, Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft zum Umdenken. Wenn Chancen erkannt und aktiv ergriffen werden, können dadurch auch langfristig innovative und nachhaltige Lösungen entstehen“, sagt Gedaschko. So könnten Innovationen in der Bauweise und bei den Baumaterialien vorangetrieben werden. Die Krise kann den Druck erhöhen, effizientere Bauweisen zu entwickeln. Modulares und serielles Bauen können durch die Vorfertigung von Bauteilen in Fabriken helfen, Baukosten zu senken und Bauzeiten zu verkürzen. „Dass aktuell der Gebäudetyp E so intensiv diskutiert wird, zeigt auch, dass die Krise dieses Vorhaben vorangetrieben hat.“

Dieser Begriff steht für „Einfaches Bauen“, unter anderem mit flexibleren Planungsmöglichkeiten verbunden. „Für das einfachere und kostengünstigere Bauen können mithilfe des Gebäudetyp E jetzt schnell die richtigen Weichen gestellt werden“, findet Gedaschko.

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(© Lustre Art Group – stock.adobe.com)

Axel Gedaschko ist Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW (© Foto: Urban Ruths / GdW)

Peter Wallisch, 1. Stellvertretender Vorsitzender des IVD West

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