Vor rund einem Jahr berichteten wir hier im NIEDERRHEIN MANAGER vom Start des Förderprojektes „DigiPro“, das im Rahmen des INTERREG-Programms aufgelegt wurde, um digitale Innovationen in einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen deutschen und niederländischen kleinen und mittelständischen Unternehmen zu unterstützen. Seither ist viel geschehen. Denn das bis zu fünf Stufen (Module) umfassende Projekt befindet sich inzwischen bei mehreren Unternehmen in der Umsetzung.
Birgit Mosler ist Innovations- und Netzwerkmanagerin bei der „wir4-Wirtschaftsförderung“ in Moers und kümmert sich als eine der Regiokoordinatoren im Projekt um die organisatorischen sowie administrativen Belange. Für die Kreise Wesel und Kleve sowie die Stadt Duisburg organisiert sie zahlreiche Workshops und Coachings. „Bei den Veranstaltungen finden unverbindliche Sensibilisierungsgespräche statt. Darin wird ein erstes Bild von digitaler Innovation und deren Anwendungsmöglichkeiten aufgezeigt und auch die Idee und die Möglichkeiten einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von deutschen mit niederländischen Unternehmen bekannt gemacht“, berichtet Mosler. Mit ihr zusammen ist der Clustermanager vom MCC e.V. (Mobile Communication Cluster) Siegfried Schulze als Regiokoordinator aktiv. Seine Aufgabe liegt schwerpunktmäßig in der Durchführung von Unternehmensbesuchen und der Suche nach innovativen Technologien, für deren Weiterentwicklung Netzwerkpartner benötigt werden: „Oft genug geht der Impuls von uns aus und wir öffnen den Unternehmern die Augen, welche Potentiale sie sich durch eine Digitalisierung ihrer Prozesse erarbeiten können“, so Schulze.
Dazu sind die beiden Regiokoordinatoren im ständigen Austausch mit den anderen Projektpartnern. Ziel ist es, gemeinsam bis 2021 insgesamt 40 Prototypen, 60 Machbarkeitsstudien und 80 Projektkonzepte in der Umsetzung zu begleiten und zu realisieren.
Schnelle Genehmigungen
„Unternehmen stehen heute in einem extremen Wettbewerb und versuchen, die eigenen Prozesse sehr stark zu rationalisieren, um sich in ihrem Markt weiter behaupten zu können“, berichtet Schulze aus seinem Alltag. „Aber da, wo neben dem „daily business“ auch innovativen Produktentwicklungen, intelligenten Produktionsprozessen oder neuen Geschäftsmodellen Raum gegeben wird, sind wir schnell als Gesprächspartner gefragt.“ Denn die Bewältigung komplizierter Fördermittelanträge und Verwaltungsformulare ist für Mosler und Schulze bereits zur Routine geworden. Um die Projektabwicklung für die Unternehmen zu vereinfachen und die Beantragung zu beschleunigen, wurden für DigiPro schon vor seinem eigentlichen Start förderfähige Projektinhalte definiert und ein Budgetrahmen festgelegt. Die einzelnen Projektanträge können dadurch in DigiPro deutlich schneller abgewickelt werden als wenn jede Anfrage als eigenständiges Projekt den Weg durch alle Instanzen gehen müsste: „Ein Zeitraum von nur drei Monaten bis zur Genehmigung ist eigentlich an der Tagesordnung“, so Mosler.
Digitale Bauwerksüberwachung
Eines der ersten in DigiPro geförderten Unternehmensprojekte unterstützt die Entwicklung von innovativen Technologien, die für Museen und historische Gebäude entwickelt und in Kooperation mit dem Xantener Dom, der eine Art „Anwendungslabor“ darstellt, konzipiert werden. Das mittelalterliche Domgebäude leidet unter den wechselnden klimatischen Verhältnissen der Gegenwart. Auch die höhere Besucherfrequenz spielt eine Rolle dabei, dass sich Feuchtigkeit und Belüftung auf die Schimmelbildung oder physikalische Veränderungen an der Steinstruktur auswirken. Bisher wurden theoretische Rechenmodelle herangezogen, um den Einfluss von Umweltfaktoren auf das Gemäuer und seine wertvollen Inhalte abschätzen und Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
Regionale Technologiepartner entwickelten nun ein System von berührungslosen „Internet of Things (IoT)-Mess-Sensoren“, die an zahlreichen Stellen des Gebäudes platziert werden können und funkbasiert ohne Verkabelung arbeiten. Sie liefern kontinuierlich reale Messwerte über die Temperatur, Erschütterungen, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Rissbildung und weitere Parameter, auf die bei der Klimasteuerung in unterschiedlichen Teilen des Gebäudes individuell reagiert werden kann. So lässt sich nicht nur die Gebäudesubstanz besser schützen, sondern auch die Kunstwerke im Dom. Für die Partner des Domprojekts ergeben sich fundamentale Erfahrungswerte, mit denen sich die digitale Bauwerksüberwachung perfektionieren und marktreif machen lässt. Denn die Substanzprobleme im Xantener Dom gibt es, so oder so ähnlich, auch in anderen historischen Gebäuden.
Das Projekt am Xantener Dom ist eines der ersten Projekte, die in der höchsten der fünf Förderstufen genehmigt wurden. „Viele Unternehmer halten sich aber nicht an die dort gesetzte maximale Budgetgrenze von 120 000 €, sondern investieren aus Eigeninteresse noch mehr, wobei es jedoch bei der maximalen Förderung von 48.000 Euro bleibt“, berichtet Schulze. „Damit investieren Sie in eine innovative Zukunftstechnologie und in einen neuen Markt für ihr Unternehmen“. Als eine solche Initialzündung sollten Projektinteressenten die Teilnahme am Projekt auch verstehen, betonen Mosler und Schulze, egal wie weit das Interesse im 5-stufigen Prozess auch gehe. Aufgrund des modularen Aufbaus des INTERREG Projektes „DigiPro“ können die Unternehmen eine ganz individuell auf sie abgestimmte Unterstützung erhalten.
Grenzüberschreitender Mehrwert
Spätestens bei Erstellung einer Machbarkeitsstudie ist dann die Kooperation mit einem niederländischen Partner erforderlich. „Durch diese Kooperation lernen sich die Projektpartner gut kennen, häufig arbeiten Sie dann auch als Partner gemeinsam an einer Prototypenentwicklung weiter. Mentalitäts- und Kulturfragen spielen dabei manchmal auch eine Rolle“, weiß Schulze zu berichten. „Die Niederländer gehen oft viel pragmatischer und lockerer an die Sache heran, während bei den Deutschen alles von Beginn an sofort zielgerichtet und richtlinienkonform laufen muss. Die Arbeitsweisen mögen etwas unterschiedlich sein, aber vom Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturen profitieren letztendlich immer beide Seiten.“
*INFO
Voraussetzung für Digitalisierung ist eine Breitbandanbindung im Unternehmen. Um den Breitbandausbau in der wir4-Region voranzubringen, hatte die wir4-Wirtschaftsförderung AöR im vergangenen Jahr im Rahmen eines Förderprojektes des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ein Beratungsbüro zur Ermittlung der IST-Situation und Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs beauftragt. Auf dessen Basis übernimmt nun die ENNI Stadt & Service Niederrhein AöR den Breitbandausbau. Erfreut über die Bewilligung der Fördermittel trafen sich die Akteure vor Ort, um schon mal „die Strippen zu ziehen“.V. l.: Brigitte Jansen, Vorstand wir4-Wirtschaftsförderung für Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg, Frank Grusen, Wirtschaftsförderung Neukirchen-Vluyn, Thomas Bajorat, Wirtschaftsförderung Stadt Rheinberg, Harald Lenßen, Bürgermeister Stadt Neukirchen-Vluyn, Christoph Fleischhauer, Bürgermeister Stadt Moers, Jens Heidenreich, Wirtschaftsförderung Stadt Moers, Prof. Dr. Christoph Landscheidt, Bürgermeister Stadt Kamp-Lintfort, Frank Tatzel, Bürgermeister Stadt Rheinberg, Lutz Hormes, Vorstand ENNI Stadt & Service Niederrhein, Wolfgang Baum, Abteilungsleiter Konzernsteuerung Enni Stadt & Service Niederrhein, Julia Haala, Breitbandkoordinatorin Enni Stadt & Service Niederrhein.
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