Das Thema Frauenquote führt in Unternehmen und Politik immer wieder zu hitzigen Diskussionen. Einerseits, da viele Unternehmen eine Quote für Frauen in Führungspositionen als Zwang sehen. Andererseits, weil Frauen nicht nur zur Erfüllung einer Quote, sondern aufgrund ihrer Leistung Führungspositionen in Unternehmen wahrnehmen wollen.
Womit sich Großkonzerne noch schwertun, hat der Mittelstand bereits abgeliefert. Ganz ohne Zwang und offizielle Frauenquote. Dr. Marcus Korthäuer, Geschäftsführer und Gesellschafter der Duisburger ESPERA-WERKE hierzu im Interview, wie er in seinem Unternehmen Diversität, Individualität sowie den Frauenanteil im Maschinenbau fördert.
RM: Herr Dr. Korthäuer, Sie sind seit 15 Jahren Geschäftsführer und Gesellschafter bei ESPERA. Wie stehen Sie persönlich zu einer Frauenquote in Unternehmen?
Dr. Marcus Korthäuer: Ich persönlich halte nicht viel von einer gesetzlich vorgeschriebenen
Quote, da es das Problem in unserer Gesellschaft nicht löst. Bis heute werden zum Beispiel ingenieurwissenschaftliche und technische Berufe immer direkt mit Männern in Verbindung gebracht und kaufmännische oder gestalterische Berufe mit Frauen. Darüber hinaus wird heute noch das Bild des „Chefs“ männlich dargestellt. Somit hat unser Nachwuchs nur schwer die Möglichkeit zu verstehen, dass auch die Position eines Vorgesetzten weiblich, männlich oder neutral besetzt werden kann. Wir müssen mehr dafür tun, Kindern ohne Vorbehalte Zugang zu allen Bildungsmöglichkeiten zu verschaffen und vor allem Mädchen das Angstbild Technik nehmen. Außerdem müssen wir Kindern in frühen Jahren vermitteln, dass man unabhängig vom Geschlecht sich Ziele und Erfolge erarbeiten kann.
RM: Was wäre Ihrer Meinung nach eine Maßnahme, solche Vorbehalte zu verhindern?
Dr. Marcus Korthäuer: Die USA machen es uns beim Thema Bewerbermanagement vor. Dort werden Bewerbungsunterlagen vollkommen geschlechterneutral verschickt, sodass man beim ersten Blick auf die Bewerbungsunterlagen keinerlei Informationen zum Geschlecht oder zur Herkunft des Bewerbers oder der Bewerberin erhält. In Deutschland ist solch eine Form von Bewerbermanagement nicht weit verbreitet, somit ist es die Aufgabe eines jeden Unternehmers, Offenheit für Unterschiede zu schaffen.
RM: Sind Sie der Meinung, wir benötigen in Deutschland ein anonymes Bewerbungsverfahren, um möglichst neutral und ohne Vorbehalte bei der Auswahl von Personal zu entscheiden?
Dr. Marcus Korthäuer: Nein, das denke ich nicht. Genauso wenig wie wir eine gesetzliche Frauenquote benötigen, benötigen wir auch keine gesetzlichen Vorschriften für anonyme und gendergerechte Bewerbungsverfahren.
Es liegt in der Aufgabe unserer Personalverantwortlichen, Führungskräfte und Manager, offen für Veränderung zu sein, verstaubte Weltbilder abzulegen und die Akzeptanz von Unterschieden in Unternehmen zu fördern. Das ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen funktioniert. Fängt man in kleinen Schritten an, so kommt man langfristig zum Erfolg. Sicher wird es unter Mitarbeiter(innen) und Kolleg(innen) immer wieder Vorbehalte geben. Vor allem, wenn eine traditionelle Position, wie zum Beispiel die Leitung der Entwicklungsabteilung, erstmals durch eine Frau besetzt wird. Hier heißt es aber für das Umfeld fair zu sein, falsche Vorbehalte abzuschütteln und im Team die Person zu unterstützen.
Auch ein begleitendes Mentoring-Programm in den ersten drei Monaten durch eine weitere, weibliche Führungskraft aus dem Unternehmen kann einen positiven Effekt mit sich bringen. Wichtig ist, dass man die Offenheit für Veränderung als Unternehmer und Führungskraft vorlebt. Denn dann kommt die Message auch auf allen Unternehmensebenen an.
RM: Wie steht es um die Frauenquote in Ihrem Unternehmen?
Dr. Marcus Korthäuer: Wir haben als mittelständisches Maschinenbauunternehmen aktuell eine Frauenquote bei unseren Führungskräften und Schlüsselpositionen über 50 Prozent.
Auf die ganze Belegschaft gerechnet, liegt unsere Frauenquote ähnlich. Dazu muss man sagen, dass ESPERA ein traditionelles Maschinenbauunternehmen ist und wir bis vor sechs Jahren eine echte Männerdomäne waren. Durch den Einstieg von immer mehr Frauen in unterschiedlichsten Bereichen hat sich unsere Unternehmenskultur maßgeblich verändert. Wir haben inzwischen viel mehr unterschiedliche Sichtweisen auf technische Fragestellungen, Produktstrategien und Vermarktungsmethoden. Das bringt uns als Unternehmen kontinuierlich weiter.
RM: Wollten Sie durch die Erhöhung Ihres Frauenanteils im Unternehmen aktiv die Quote verbessern und auf die Wünsche der Politik reagieren?
Dr. Marcus Korthäuer: Nein, das war nie meine Absicht oder das Unternehmensziel. Das könnten wir uns als Maschinenbauunternehmen auch nicht leisten. Der Maschinenbau hat besonders im Mittelstand seit Jahren mit starkem Personalmangel zu kämpfen. Personal für uns zu gewinnen, ist schwer genug und ist mit einer Vielzahl von Sonderleistungen (Mitarbeiterbenefits) verbunden. Würden wir uns nun noch eine bestimmte Quote aufzwingen, wäre die Personalgewinnung noch schwerer. Wir müssen stark Werbung für uns und unsere Firmenleistungen machen, um bei potenziellen Bewerber(innen) das Interesse für ESPERA zu wecken. Dabei kam es uns noch nie darauf an, ob eine Position mit einem Mann oder einer Frau oder divers besetzt wird.
RM: Warum ist gerade bei Ihnen die Quote so ausgeglichen?
Dr. Marcus Korthäuer: Wir machen keine Unterschiede. Mitarbeiter überzeugen bei uns durch Leistung und Motivation. Jeder Bewerber und jede Bewerberin hat bei uns die gleiche Chance und übrigens auch dasselbe Gehalt, wenn man die Positionen im Verhältnis Frau/Mann vergleicht.
Ein gutes Beispiel ist bei uns die Leitung unseres technischen Service. Jahrelang hatten wir erfolglos versucht, unseren technischen Service auf das Thema Digitalisierung einzustellen und den Bereich auf den digitalen Wandel vorzubereiten. Seit zwei Jahren haben wir nach mehreren Umstrukturierungen an dieser Position erstmals eine Frau. Spannenderweise ohne technischen Hintergrund. Dabei aber mit Erfahrung im Maschinenbau und einem starken Verständnis für Technik. Sie hat es geschafft, den Großteil ihrer Mitarbeiter für neue Themen wie zum Beispiel Digitalisierung zu begeistern, organisatorisch die Themen anzupacken und technische Problemstellungen mit unseren Kunden und Partnern strukturiert zu lösen.
Wichtig ist, dass man die Werbetrommel als Unternehmen regelmäßig rührt. Das fängt mit der Teilnahme an Veranstaltungen wie dem Girl’s Day an. Dabei erhalten Mädchen und Frauen bei uns vor Ort Einblick in technische Berufe. Und endet mit regelmäßigen Kampagnen für mehr Frauen in Führungspositionen und für Frauen in der Technik. Nur so wecken wir das Interesse von Bewerberinnen und tragen die DNA unseres Unternehmens nach außen.
Espera-Werke
Moltkestr. 17-33
47058 Duisburg
0203 3054-275
Ein Porträt des Unternehmens und weitere Informationen zu Espera-Werke finden Sie HIER
Teilen: