Eine
Insolvenz ist immer mit finanziellen, aber auch mit gravierenden
rechtlichen Konsequenzen sowohl für Gläubiger als auch für Schuldner
verbunden. Wie weit die gehen können, zeigen zwei aktuelle Beispiele aus
Südwestfalen, bei denen sich als Konsequenz des Insolvenzverfahrens
nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Vorstand und Aufsichtsräte von
insolventen Unternehmen und sogar ein Sachwalter juristisch
rechtfertigen müssen.
So müssen sich mit dem früheren Geschäftsführer
im November auch die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats
der Viehverkaufsgenossenschaft Lippborg Oelde vor dem Landgericht
Arnsberg verantworten. Insolvenzverwalter Dr. Rainer Eckert wirft den
Beklagten vor, im Zuge der Insolvenz der VVG zu Unrecht knapp 1,9
Millionen Euro eingezogen oder von Zahlungen auf das Debitoren-Konto
gewusst zu haben. Das wiederum habe die Gläubiger der VVG benachteiligt
und die Hausbank zu Unrecht bevorteilt. Jetzt sollen die Beklagten dafür
finanziell geradestehen. Vor zwei Jahren waren der ehemalige
Geschäftsführer sowie seine als Buchhalterin fungierende Ehefrau zu
mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Ehepaar soll die
Millionen auf das eigene Konto umgeleitet haben, um Schulden aus dem
Hobby Reitpferde zu begleichen. Insgesamt soll der mittlerweile
insolventen Genossenschaft durch Scheinbuchungs-Betrügereien ein Schaden
von knapp fünf Millionen Euro entstanden sein.
Vorwürfe gelten nun
auch den Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsrat. Kontrollen der
Geschäftsführung sollen vernachlässigt, Rechenschaftsberichte nicht
angemahnt, Generalversammlungen nicht durchgeführt worden sein. Erst
durch die mangelnde Aufsicht habe es zu den Verfehlungen der
Geschäftsführung kommen können, heißt der Vorwurf.
Ärger für Kettler
Verfehlungen
werden auch Dr. Karin Kettler, Eigentümerin der Kettler-Gruppe aus
Ense, vorgehalten. Beim Landgericht Arnsberg ist ein
Schadensersatzprozess anhängig, bei dem es um Millionen geht. Die 4.
Zivilkammer hat die Parteien wissen lassen, noch viele offene Fragen zu
sehen, und regt an, über einen Vergleich nachzudenken. 2010 hatte das
Kettler-Tochterunternehmen MWH Metallwerk Helmstadt in Baden Insolvenz
angemeldet – zu spät nach Meinung des damaligen Insolvenzverwalters
Christopher Seagon. Karin Kettler soll Zahlungen in Höhe von 11,6
Millionen Euro für das „eigentlich schon zahlungsunfähige
Tochterunternehmen“ geleistet haben, zwei Millionen Euro sollen noch an
die Firmenzentrale geflossen sein. Dieses Geld, so argumentiert Seagon,
hätte in die Insolvenzmasse gehört, den Gläubigern sei dadurch
erheblicher Schaden entstanden. Der Freizeitartikler hat sich inzwischen
nach einer Planinsolvenz, auch mit einer Landesbürgschaft ausgestattet,
wieder neu aufgestellt.
Seagon greift auch den Sachwalter des
Kettler-Insolvenzverfahrens, Dr. Christoph Schulte-Kaubrügger, an. Der,
so der Vorwurf, soll sich geweigert haben, die Zwei-Millionen-Forderung
der Kettler-Insolvenzmasse zuzurechnen, obwohl die Zahlung anfechtbar
gewesen sei.
BSB-Verschachtelung
Noch
abstrakter wird es bei der in Soest gemeldeten Grundstücksgesellschaft
BSB II B.V. & Co. KG, bei der noch nicht einmal ein Briefkasten zu
finden ist. Aktuell soll die Gläubigerversammlung über einen notariellen
Kaufvertrag über eine zur Insolvenzmasse gehörenden
Immobilienveräußerung in Höhe von 19,6 Millionen Euro an eine
luxemburgische Gesellschaft befinden. Die Firmenstruktur ist
verschachtelt und kaum nachvollziehbar: BSB kann mit der
niederländischen Immobilienfirma Grad B.V., die an noch weiteren
BSB-Firmen jeweils 80 Prozent hält, in Verbindung gebracht werden. Grad
B.V. gehört wiederum zur ebenfalls holländischen Rose Real Estate B.V.
Die gehört der Rosebud Properties (Europe) Ltd. und damit dem
Immobilienriesen Rosebud Real Estate Ltd. in Tel Aviv/Israel, die
wiederum zur Biran Wiessman Group gehören soll. Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de
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