Stürme, Gewitter, Überschwemmungen, Dürre: Für die Menschen vergangener Zeiten waren sie ein Werk von Göttern und Geistern. Es war überlebenswichtig, solche Ereignisse vorherzusagen oder ihr Auftreten zumindest erahnen zu können. Bis heute ist es eine der großen Herausforderungen für die Menschheit, sich gegen die Macht der Natur zu wappnen. Nur so lassen sich Aktionen und Tätigkeiten auf diesem Planeten planen. Auch in unserer modernen Zeit ist das Wetter meistens „Thema Nummer 1“.
Ob Stürme, Flutkatastrophen oder Dürren: Viele Experten rechnen damit, dass es in Zukunft infolge des Klimawandels mehr extreme Wetterereignisse geben wird. Doch auch die festen Teile der Erde könnten durch die globale Erwärmung in Aufruhr geraten, warnt der britische Geologe Bill McGuire.
In seinem 2012 veröffentlichten Buch „Waking the Giant“ beschwört der Professor vom University College London ein Szenario herauf, in dem der Mensch durch die ungebremste Emission von Treibhausgasen schlafende Monster aufweckt. Erdbeben, Vulkanausbrüche, Hangrutschungen unter Wasser und auch Tsunamis könnten sich in Teilen der Welt in Zukunft häufen, prognostiziert McGuire. Eine massive globale Erwärmung gab es zuletzt vor 10.000 bis 12.000 Jahren, am Ende der letzten Eiszeit.
Kilometerdicke Eisschilde verschwinden
Damals spuckten die isländischen Vulkane fast 50-mal so viel Lava wie sonst. Gleichzeitig kam es in Nordamerika und Skandinavien häufiger zu Erdbeben, heißt es in dem im März 2012 veröffentlichten Sonderbericht des Weltklimarates IPCC. Denn mit den kalten Temperaturen verschwanden auch die mehrere Kilometer dicken Eisschilde auf der Nordhalbkugel. Dadurch verteilten sich die Lasten auf der Erdkruste neu. Der Meeresspiegel stieg, und weite Küstenstriche verschwanden unter Wasser. Auch wurde das Land, das zuvor unter dem Eispanzer lag, von seiner Bürde befreit. „Im Prinzip verringert sich die Seismizität einer Verwerfung während der Belastung und erhöht sich während der Entlastung“, berichteten Forscher um Andrea Hampel von der Universität Hannover 2010 in der Zeitschrift Philosphical Transactions of the Royal Society. Im Klartext heißt das: Wenn ein Eisschild wächst, gibt es weniger Erdbeben. Schmilzt das Eis, treten mehr Erdstöße auf, und die Aktivität von Vulkanen wird verstärkt.
Angepasstes Risikomanagement
Bevölkerung und Wirtschaft sehen sich zunehmend veränderten Wetterrisiken ausgesetzt. Ein Grund dafür sind in Europa vermehrt auftretende persistente Wetterlagen mit lang anhaltender Trockenheit oder Niederschlägen, die zu Dürren bzw. Hochwasser an Flüssen führen können. Daneben steigen auch unwetterbedingte Schadenereignisse an. Neben höheren direkten Schäden kann dies auch zu erheblichen Umsatzeinbußen bei Unternehmen führen, die oft nur indirekt von einer Naturkatastrophe betroffen sind.
Die Zahl von wetterbedingten Naturkatastrophen, die gravierende personelle und wirtschaftliche Schäden verursacht haben, ist von 1980 bis 2013 weltweit auf etwa das Dreifache gestiegen. Auch die Zahl konvektiver (Gewitter-) Schadenereignisse in Europa hat sich in diesem Zeitraum mehr als verdreifacht. Es kommt signifikant häufiger zu intensiven Sommerstürmen mit Hagel. Einer der Gründe hierfür ist der zunehmende Wassergehalt der Atmosphäre. So war der weltweit teuerste versicherte Unwetterschaden im Jahr 2013 ein Hagelsturm in Deutschland mit einer versicherten Schadenssumme von 2,8 Milliarden Euro (Gesamtschaden 3,6 Milliarden Euro). Im Juni 2014 verursachte der konvektive Sturm Ela in Deutschland, Belgien und Luxemburg wirtschaftliche Schäden von 2,3 Milliarden Euro und versicherte Schäden von 1,8 Milliarden Euro. Der beobachtete Trend zu solchen Wettermustern verändert die Wahrscheinlichkeit sowie die Intensität von Hagel und Sturzfluten und somit das mögliche Schadenausmaß. Wer den Riesling-Wein von Rhein und Mosel liebt, sollte sich alsbald reichlich damit eindecken. Starker Hagel hat im Sommer 2015 die Reben an Rhein und Mosel stark beschädigt, Ernteeinbußen von bis zu 60 Prozent waren zu verzeichnen.
Klimawandel trifft Deutschland härter
Der Klimawandel ist längst da, in Deutschland sogar überdurchschnittlich schnell. Es drohen mehr Wetterextreme wie Hitzewellen oder Starkregen – und ein immenser wirtschaftlicher Schaden.
Klimabezogene Naturgefahren haben zwischen 1970 bis 2014 volkswirtschaftliche Schäden von mehr als 90 Milliarden Euro verursacht. Die Unwetter sind für hohe wirtschaftliche Schäden verantwortlich, aber folgende Faktoren können die Höhe des möglichen Schadens potenzieren:
– Konzentration der Produktion auf wenige Standorte, daher hohe interne Abhängigkeiten
– Steigende Konzentration von Produktionsstätten neben Flüssen
– sehr sensible und komplizierte Lieferketten
– sehr hohe Wertekonzentration von Maschinen und Anlagen auf engem Raum
– Nutzung von Kellergeschossen als vollwertige Produktions- bzw. Betriebsräume
– starke Zunahme der Flächenversiegelung, daher steigende Gefahr der Überflutung durch Oberflächenwasser
– hohe Überflutungsspitzen und kurze Vorwarnzeiten durch Eindeichung von Gewässern
– mangelnde Instandhaltung von Deichen
– IT Server in Kellergeschossen sind durch Überflutung besonders gefährdet
– Flachdachbefestigungen halten den starken Abliftkräften bei hohen Windgeschwindigkeiten nicht Stand
– mangelnde Instandhaltung der Dachabläufe führt zum Gebäudekollaps
– Überlastung und mangelnde Instandhaltung von Abwassersystemen
– Zu- und Abfahrtsbehinderungen beeinträchtigen das „Logistikuhrwerk“
Wissenschaftlich belegt ist, dass von 1881 bis 2014 die Temperaturen – über Deutschland gemittelt – deutlich angestiegen sind, und zwar im Jahresdurchschnitt um 1,3 Grad Celsius. Damit hat sich Deutschland stärker erwärmt als die Erde im Durchschnitt. Die wärmsten Jahre hierzulande zwischen 1881 und 2014 waren 2000, 2007 und 2014. Vorhersagen bis zum Ende des Jahrhunderts zeigen einen noch stärkeren Erwärmungstrend: Halten die gegenwärtigen, hohen Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase wie Kohlendioxid an, könnte es hierzulande im Jahresdurchschnitt zwischen 3,2 und 4,6 Grad Celsius wärmer werden. Damit geht einher, dass frostige Winter mit viel Schnee immer seltener werden, vor allem im Flachland. Zunehmen dürften im Winter hingegen extremer Starkregen und auch Hagelschlag. Über der Nordsee und Nordwestdeutschland dürften ab Mitte des 21. Jahrhunderts noch mehr Stürme toben.
Unter dem Strich nehmen die Extreme zu, wir müssen mit stärkeren Wetterereignissen wie Stürmen, Hagelschlag und Dürre rechnen, und auch mit solchen, die bei uns bis heute eher selten auftreten, z. B. Tornados.
Wie Unternehmer vorbeugen können
Eine der ersten Maßnahmen ist die Risikoanalyse der Exponierung der Standorte des Unternehmens. Diese betrachtet unter anderem die folgenden Punkte:
– Heranziehen des anerkannten „Zonierungssystems für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen“ (ZÜRS) zur Analyse des Überschwemmungspotenzials durch angrenzende Gewässer, wobei die Vorwarnzeit eine entscheidende Rolle spielt (Rheinhochwasser vs. Gebirgsbach)
– technischer Zustand von Deichanlagen (Bewuchs, Höhlenbau durch Tiere etc.)
– Überschwemmungspotenzial durch Oberflächenwasser
– Instandhaltungszustand und Auslastung von Abfluss- und Drainagesystemen
– Risikopotenzial Hagel (Oberlichter, Dachdeckung, Wärmetauscher, Lagerung im Freien etc.)
– Reinigungsintervalle der Regenabflüsse der Dächer
– Ein funktionierender Notfallplan kann den Überflutungsschaden um den Faktor 8 reduzieren. Dieser umfasst die Festlegung von organisatorischen und technischen Maßnahmen: Verantwortlichkeiten, Warnstufen, Benachrichtigungs- und Informationsketten, Flutwände, Sandsäcke, Gabelstapler, Verfügbarkeitspläne, Vorverträge mit Servicefirmen, die im Notfall Schlüsselmaschinen verlagern etc.
– Befestigung der Dächer: Die Abliftkräfte sind an den Ecken und Rändern eines Daches bis zu 160% höher als in der Mitte des Daches!
– Welche Maschinen, Anlagen oder Gebäudeteile dürfen auf keinen Fall verloren gehen? Rettungsplan erstellen
– Wo ist evtl. Notstrom sinnvoll?
– Training der Mitarbeiter für den Notfall
– Klare Verantwortlichkeiten, klare Kommunikationswege
Das oberste Ziel aller Maßnahmen muss sein: Das Wasser, den Sturm, den Schnee, den Hagel nicht in das Gebäude lassen! Wenn man das schafft, hat man bei allem Unglück gewonnen.
Schäden durch Naturereignisse können am besten vermieden werden, wenn das gesamte Ausmaß der Gefährdung analysiert ist und die möglichen Konsequenzen für den einzelnen Standort bzw. das Unternehmen dem Management bekannt sind. Nur mit fundierten Informationen ist das Management in der Lage, organisatorische, technische und auch versicherungstechnische Maßnahmen zu autorisieren, die die Wertschöpfungskette des Unternehmens schützen.
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