Als Ralph Wortmann und Michael Scheerer 1992 ihr Ingenieurbüro für Wärme- und Energietechnik gründeten, waren sie Exoten in ihrer Branche. „Damals dachte noch kaum jemand an energetische Themen im Baubereich, wir haben uns diesem Schwerpunkt aber aus persönlicher Überzeugung angenommen und mit dem Weitblick, dass sich die Dinge so entwickeln würden, wie sie heute vorliegen“, sagt Ralph Wortmann. Schon damals verfolgten die Bochumer einen ganzheitlichen Ansatz, wenn es um energetische Fragen bei Neubauten oder Sanierungen ging. „Maßgeschneiderte Lösungen kann es nur geben, wenn alle Einflüsse gemeinsam betrachtet werden: Die Dämmung beispielsweise reduziert die Anlagentechnik, und darum kann ich beides nicht singulär betrachten.“
Mehr als integrale Planung
So entwickelte Wortmann damals das Modell der Energieplanung: Die einzelnen Disziplinen der Bauplanung werden unter energetischen Aspekten interdisziplinär betrachtet und vernetzt. Ein Ansatz, der über den Begriff der integralen Planung, in der die unterschiedlichen Planer sich zumindest frühzeitig austauschen, bereits hinausgeht. „Wir reden über Zeiträume von mehr als 50 Jahren, für die unsere Projekte geplant werden. Daher war es immer schon unser Selbstverständnis, Energie beziehungsweise deren Einsparpotenziale in den Mittelpunkt zu stellen.“ Die Ansprüche an Nachhaltigkeit, Gesundheit und Wohlbefinden in Einklang mit wirtschaftlicher Machbarkeit zu bringen, das ist die große Kunst in der Planung energiearmer Gebäudekomplexe – sei es im Wohnen, als Bildungsbau, Kulturgebäude, Büro oder Produktionshalle. Wortmann & Scheerer haben bereits 1993 die ersten Passivhäuser mitentwickelt, waren einige Jahre später auch für die Umsetzung des weltweit ersten Passivhaushotels in Hagen verantwortlich. Die Bochumer Ingenieure sind absolute Spezialisten, wenn es um Solarsiedlungen geht, haben für das entsprechende Landes-Förderprogramm „50 Solarsiedlungen NRW“ die energetischen Randbedingungen erforscht und den betreffenden Teil des Leitfadens erstellt. Das liegt bereits 20 Jahre zurück, aber die darin formulierten technischen Grundlagen haben bis heute Bestand – wie die Tatsache zeigt, dass die gleichen Bewertungsstandards auch im Folgeprojekt „100 Klimaschutzsiedlungen NRW“ immer noch gültig sind. Für das Projekt entwickelte Wortmann & Scheerer damals eigens ein Simulationsprogramm, mit dem sich für jedes geplante Haus die entsprechende Schattenwirkung errechnen ließ – und damit Fehlplanungen im Hinblick auf die Energiebilanz der Neubauten vermeiden lassen. Noch heute nutzen Stadtplaner das Tool, wenn sie sich an derartige Siedlungsprojekte heranwagen.
Vielfältige Projekte –
Kosten im Griff
Inwieweit die Berücksichtigung energetischer Aspekte beim Neubau höhere Kosten verursacht, kann pauschal nicht beantwortet werden. „Wir erstellen in der Regel ein mehrstufiges Konzept, dessen nachhaltige Wirksamkeit sehr genau beziffert werden kann. So gibt es immer eine valide Entscheidungsgrundlage dafür, welche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden.“ Oftmals ließen sich Mehrkosten durch veränderten Materialeinsatz über Förderprogramme refinanzieren – auch hier haben Wortmann & Scheerer eine besondere Kompetenz aufgebaut und übernehmen für die Kunden auf Wunsch auch die dazugehörige Antragstellung. Langfristig rechne sich aber nahezu jede energetische Verbesserung an Gebäuden.
Zusätzlich zu mehreren Siedlungsprojekten, darunter eine der größten Siedlungen Europas mit 100 Wohneinheiten im Medienhafen Düsseldorf, haben Ralph Wortmann und seine Mitarbeiter auch am Neubau der Hochschule Niederrhein in Krefeld mitgewirkt oder einen ganzen Produktionshallenpark eines namhaften Konzerns für Energie- und Automatisierungstechnik energetisch optimiert. „Das geht natürlich schon sehr stark in die rein technischen Komponenten und Anlagen hinein“, sagt Wortmann. Bei der Krefelder Hochschule spielten moderne Wärme- und Lüftungstechnik eine große Rolle, wodurch aber auch auf die architektonische Gestaltung und die Haustechnik Einfluss genommen wird. Beispielsweise wurden für die natürliche Nachtbelüftung Wetterschutzgitter verbaut. Die benötigte Fenstergröße für die ausreichende Luftzufuhr – und damit auch die Dimension der Gitter – wurden von Wortmann & Scheerer berechnet. In den Hörsälen wurden Heiz-Kühl-Decken und eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung installiert. Auch diese Bauelemente nehmen selbstverständlich Einfluss auf die (Innen-)Architektur des gesamten Gebäudes.
Es geht ums Sparen
„Jedes Projekt ist anders, auch wir können nicht einfach etwas aus der Schublade ziehen, das sich dann übertragen lässt.“ Das habe sich über die vielen Jahre der Erfahrung nicht geändert. Anders aber sei die Wahrnehmung energietechnischer Themen. Politisch betrachtet sind Umweltaspekte und Nachhaltigkeit stärker in den Fokus gerückt, so kommt am Thema Energieeffizienz eigentlich niemand mehr vorbei. „Für die Bauherren ist Energie sparen aber im Prinzip mit Geld sparen gleichzusetzen, und das ist der eigentliche treibende Faktor. Daher müssen wir in allen unseren Projekten sehr genau rechnen und manchmal auch von geplanten Investitionen abraten – weil sie sich schlichtweg wirtschaftlich nicht lohnen.“ Generell sei die Projektrealisierung aber schon deshalb einfacher geworden als vor 20 Jahren, weil die Energie teurer geworden ist.
Wortmann & Scheerer entwickeln zurzeit ein eigenes Monitoring-Tool, das online die Abfrage minutenaktueller Daten und Auswertungen möglich macht. Zum einen können Gebäudeeigentümer so ihre Verbräuche überwachen, zum anderen kann es zur noch besseren Analyse der Technologien und Simulationen herangezogen werden. „Dabei ist es uns wichtig, dass die Auswertungen nicht nur von Ingenieuren verstanden werden können“, sagt Ralph Wortmann. Aus dem industriellen Bereich kennt man derartige Auswertungsmöglichkeiten schon, in der reinen Gebäudetechnik sollen sie zukünftig die versprochenen Energiewerte auch für den Laien überprüfbar machen.
Das Unternehmen
Das Ingenieurbüro Wortmann & Scheerer wurde 1992 von Ralph Wortmann und Michael Scheerer gegründet, von Beginn an mit dem Schwerpunkt der Energie- und Wärmetechnik. 1999 stieg Klaus Wember als Partner mit ins Unternehmen ein, hatte aber zuvor bereits für das Büro gearbeitet. Seit 2015, nach dem Ausscheiden von Michael Scheerer, leiten Ralph Wortmann und Klaus Wember das Büro gemeinsam. Weitere sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komplettieren das Team. Aufgrund seiner engen Verbundenheit zur Architektur war Ralph Wortmann sechs Jahre lang Mitglied des Gestaltungsbeirates in Dortmund. Durch die Verknüpfung der Gewerke Bauphysik und technische Gebäudeausrüstung stehen die Bochumer für effiziente, ganzheitliche und nachhaltige Lösungen. Neben der Planung steht die fachkundige und unabhängige Beratung im Vordergrund, daher beginnt die Zusammenarbeit häufig bereits im frühen Stadium der Projektentwicklung.
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