Bei Handwerksbetrieben steht der Einsatz von Maschinen nicht im Mittelpunkt. Sie werden vielmehr unterstützend für die handwerkliche Leistung eingesetzt und sollen diese nicht vollständig oder vorwiegend ersetzen. Daher produzieren handwerkliche Zulieferbetriebe auch keine immer gleichen Großserienprodukte, sondern variantenreiche Werkstücke, die auf die jeweiligen Anwendererfordernisse in hohem Maße zugeschnitten sind. Dabei handelt es sich meist um aus mehreren Bauteilen bestehende Komponenten oder Module. Manchmal werden sogar komplette Systeme wie Elektroschaltanlagen oder Werkzeugwechselvorrichtungen geliefert, die der Abnehmer ohne weitere Bearbeitung in das Endprodukt übernehmen kann.
Viele Handwerksbetriebe
arbeiten als Zulieferer
In Deutschland sind rund 20.000 Betriebe als handwerkliche Zulieferer tätig. Sie beschäftigen im Schnitt 27 Mitarbeiter pro Betrieb. „Das bedeutet, dass über 500.000 Fachkräfte in handwerklichen Zulieferbetrieben arbeiten“, stellt der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) fest. Dabei sind laut ZDH etwa 50 Prozent der Kapazität handwerklicher Zulieferbetriebe durch Industrieaufträge gebunden, die vorwiegend aus den Branchen Maschinenbau, Automobilbau, Elektrotechnik, Luft- und Raumfahrttechnik, chemische Industrie, Feinmechanik und Umweltschutz kommen. Aufgrund der großen Zahl sind in einigen Handwerkskammern Zulieferbeauftragte für die Beratung der handwerklichen Zulieferbetriebe zuständig. Außerdem fördert der ZDH diese Unternehmen durch den Zulieferkatalog, in dem sich mehr als 3.000 Handwerksunternehmen sowie technische Dienstleister mit ihrem oft vielfältigen Leistungsspektrum präsentieren. Durch die Präsenz im Zulieferkatalog bekommen die gelisteten Unternehmen die Chance, neue regionale und überregionale Kunden zu gewinnen, die sonst kaum auf sie aufmerksam geworden wären.
Besondere Anforderungen
und schwierige Bedingungen
Für das Bedienen ihrer industriellen Kunden müssen handwerkliche Zulieferbetriebe allerdings auch andere Anforderungen erfüllen als ihre – oft deutlich kleineren – Kollegenbetriebe, die mehr für End- und Einzelkunden arbeiten. Auch wenn sie in größerem Maße als rein industrielle Zulieferer individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene komplexe Produkte beisteuern, sind sie dennoch fast immer dem umfassenden Normen- und Regelwerk unterworfen, an das sich auch ihre Auftraggeber halten müssen. Dazu zählen in der Regel die gängigen ISO-Normen, die sich mit allen Akteuren entlang der Lieferkette befassen. So schreibt die ISO 9001 zum Beispiel vor, „dass die Organisation (der abnehmende Betrieb) sicherstellen muss, dass extern bereitgestellte Prozesse, Produkte und Dienstleistungen den (für den eigenen Betrieb geltenden) Anforderungen entsprechen“. Darüber hinaus werden Auftraggeber verpflichtet, Steuermaßnahmen für den gesamten Prozess zu bestimmen. Zu diesen die eigene Organisation komplizierter machenden Bedingungen kommt eine häufig verschärfte Wettbewerbssituation mit sinkenden Margen sowie eine Umsatzkonzentration auf einige wenige Abnehmerunternehmen. Kapazitäten für eigene technische Entwicklungen und eigene Marketingaktivitäten zur Schaffung besser vermarktbarer Markenprodukte sind aufgrund der geringen Größe der Unternehmen oft nicht vorhanden.
Die eigenen Stärken ausbauen
Handwerksbetriebe, die unter diesen Bedingungen dauerhaft am Markt bestehen wollen, sehen sich bereits seit einiger Zeit gezwungen, ihre originären Stärken auszuspielen und sich zugleich neue anzueignen. Dabei ist die klassische Handwerkskompetenz, komplexe und variantenreiche Produkte in kleinen Serien zu einem vertretbaren Preis liefern zu können, nach wie vor der wichtigste Wettbewerbsvorteil gegenüber industrieller Konkurrenz. Dazu werden oft ergänzende, produktionsorientierte Dienstleistungen angeboten. Diese Fähigkeit hat sich durch den weit verbreiteten Einsatz von digital gesteuerten CNC-Maschinen auf eine neue Stufe transformiert, wobei der Einsatz von 3D-Drucksystemen der nächste Schritt sein kann. Und auch die oft kleine Unternehmensgröße birgt Vorteile: Denn durch flache Unternehmenshierarchien und einen hohen Facharbeiteranteil wächst die Organisationsflexibilität und zugleich entsteht ein breites Spektrum an potenziellen Abnehmerbranchen.
Diversifizierung und Kooperation
Um die Position der handwerklichen Zulieferbetriebe zu stabilisieren, müssen vor allem die negativen Auswirkungen der Abhängigkeit von wenigen Auftraggebern verringert werden. Dazu bedarf es verstärkter Bemühungen zur Diversifizierung des Abnehmerkreises, was auch durch Verbesserung der eigenen Marketingkompetenz erreicht werden kann, damit man nicht nur davon abhängig ist, im Zulieferkatalog gefunden zu werden. Größere und aufwendigere Projekte können gut in Kooperation mit anderen Zulieferbetrieben bewältigt, Materialkosten durch eine Internationalisierung der Beschaffung verringert werden.
Mehr Produktivität durch
Technik und Qualität
Parallel dazu sollte die eigene Produktion so weit möglich modernisiert werden, um auch an dieser Stellschraube zu drehen. Zugleich sollten mehr ergänzende Dienstleistungen mit höheren Margen angeboten werden. Technisch kann die Produktion durch eine noch stärkere Vernetzung von Konstruktion und Fertigung an Effizienz gewinnen. Der gesamte Veränderungsprozess wird idealerweise durch ein – mit fachkundiger Unterstützung aufgesetztes – zertifiziertes Qualitätsmanagement gestützt. Und last, but not least geht es darum, die eigenen Mitarbeiter weiter zu qualifizieren, die Ausbildung zu intensivieren und die Attraktivität der Werkstattarbeitsplätze zu steigern, um im zukünftigen Wettbewerb der Arbeitgeber um Fachkräfte bestehen zu können. Ein derart gut aufgestelltes Unternehmen hat seine Produktivität so weit gesteigert, dass es guten Mutes in die Zukunft schauen kann. Michael Otterbein
| redaktion@regiomanager.de
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