Biblisch steht der Schlüssel für den Zugang zum Himmelreich. Der Apostel Paulus wird stets mit einem Schlüssel dargestellt, der gilt als Verbindung zwischen Himmel und Erde. Der Schlüssel ist aber auch Symbol des Wissens, der Vormundschaft und der Herrschaft. Viele Städte führen ihn im Wappen: Bremen und Worms, Velbert und Soest, Regensburg und Minden. Der Schlüssel spielt aber nicht nur in der Heraldik eine gewichtige Rolle, Schlüssel und Schloss gelten als geniale Erfindung und begleiten als wichtiger Alltagsgegenstand das Leben der Menschen.
Die wollten irgendwann Hab und Gut schützen und erfanden Schloss und Riegel: Wer allerdings glaubt, das Sichern des Eigentums sei eine Erfindung der Neuzeit, irrt: Schloss und Schlüssel wurden in einfacher Form schon 5.000 vor Christus eingesetzt. Lange waren Schlüssel meist rund, einige Hundert Gramm schwer und 20 bis 30 Zentimeter lang. Der Grund der unhandlichen Länge war ein simpler: Türschlösser waren auf der Innenseite der Türen verbaut. So war es notwendig, den Schlüssel durch die oft dicken Türen zu stecken, um damit das Türschloss erreichen zu können. 1855 löste der Temperguss die Herstellung von Schloss-Einzelteilen durch die Handarbeit der Schmiede langsam, aber sicher ab, die Produktion wurde preiswerter und effizienter. In den 1870er-Jahren wuchsen die ersten Produktionshäuser für die Massenfertigung von Schlössern. Velbert wurde schnell Mittelpunkt der deutschen Schlossindustrie, nachdem eine Ausstellung der Schlosshersteller den Namen der Stadt sowohl im In- als auch Ausland bekannt machte. Bereits im 16. Jahrhundert wurde über die Herstellung von Schlössern in Velbert berichtet. Ganz typisch für die Region: Es entwickelte sich das Hausgewerbe, und das fand in der Metallbearbeitung ein wichtiges Standbein. Beschläge und Schlösser sollten derart prägend werden, dass sich daraus die „Schlüsselregion“ und das Zentrum der Hochtechnologie-Bereiche Schließen, Sichern und Beschlag entwickelte: Die meisten Autoschlösser und -schlüssel weltweit kommen von hier. Die Schlüsselregion Velbert/Heiligenhaus ist der weltweit führende Standort für Sicherungstechnik.
Weltmeister und
Schlüsselregion
15.000 Menschen arbeiten hier täglich daran, Häuser und Autos noch sicherer zu machen: In Velbert und Heiligenhaus gibt es mehr als 70 Unternehmen der Sicherungs- und Beschlagtechnik mit insgesamt mehr als 7.000 Beschäftigten und weiteren 8.000 Arbeitsplätzen in Zulieferbranchen. Unter ihnen die CES-Gruppe, WILKA-Schließtechnik, Junie und Huf. Auch in der Nachbarschaft finden sich weitere wichtige Akteure der Branche, so „Abus“ und „Burgwächter“ oder BKS. Die Schloss- und Beschlagindustrie ist eine traditionell in Deutschland verankerte Branche mit einem Produktionsvolumen von über sieben Milliarden Euro (Stand Ende 2015). Das Volumen lässt sich den einzelnen Bereichen wie folgt zuordnen: Bau 38 Prozent, KFZ 33 Prozent, Möbel 18 Prozent und Sonstige 11 Prozent. Vor allem der Bereich Bau konnte zuletzt einen Zuwachs verzeichnen: Das Volumen stieg um 3,3 Prozent auf knapp 2,7 Milliarden Euro. Die Zulieferer der KFZ- und der Möbelindustrie hingegen haben einen leichten Rückgang zu verzeichnen: die KFZ-Industrie um 1,5 Prozent und die Möbelindustrie um 0,7 Prozent.
Der Absatz der Beschläge erfolgt vor allem im Renovierungssektor. Damit verbunden ist auch eine Erhöhung der Sicherheit und des Einbruchschutzes. Der Umsatz im Bereich Sicherheitstechnik und Schließanlagen umfasst derzeit etwa eine Milliarde Euro. Zusätzlich wurden 2015 Produkte im Wert von 3,4 Milliarden Euro importiert und Produkte im Wert von sechs Milliarden Euro exportiert. Dies bedeutet sowohl für den Im- als auch für den Export ein Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr. Die Branche erfreut sich aktuell einer guten Konjunktur. So nahm auch die Anzahl der Beschäftigten 2015 mit einem Plus von 0,9 Prozent wieder leicht zu. Grundsätzlich ist die Branche überschaubar: 152 Unternehmen werden im Bereich Schloss- und Beschlagtechnik in Deutschland gezählt. 39.500 Beschäftigte leisteten im Vorjahr mehr als 57,5 Millionen Arbeitsstunden.
Weiterer Zuwachs erwartet
Auch für das laufende Jahr wird ein Wachstum erwartet. „Für 2016 sehen die Rahmenbedingungen für die Bauindustrie positiv aus. Es sind weiterhin steigende Baugenehmigungen im Wohnbau sowie steigende Bauinvestitionen auch im Nichtwohnbau zu erwarten“, so Stephan Schmidt, Geschäftsführer des Fachverbandes Schloss- und Beschlagindustrie. Der Fachverband betreut rund 70 Mitgliedsunternehmen mit insgesamt über 25.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von vier Milliarden Euro. Über die Hälfte der Mitglieder des Fachverbandes können auf eine über 100-jährige Firmengeschichte zurückblicken. „Die Schloss- und Beschlagindustrie ist eine sehr traditionsreiche Branche“, weiß Stephan Schmidt. Er lobt die heterogenen Entwicklungen der Auslandsmärkte. Den guten Branchen-Zahlen stehen aber bürokratische Hürden im Wege: „Der Fortgang bei der Bearbeitung der Normen auf europäischer Ebene läuft sehr schleppend“, kritisiert der Verbandschef.
Der verfolgt natürlich die technischen Weiterentwicklungen. Heute arbeiten moderne Schließsysteme nicht mehr mit Schlüssel und Schlüsselloch, sondern mit elektronischen Schlössern, Transpondern und Zahlencodes. „Relativ einfach“ sei die Weiterentwicklung des mechanischen Schlosses durch eine Schließtechnik mit einem elektronischen Schließzylinder. Der erkennt den dazugehörigen Schlüssel nicht mehr an den Einkerbungen, sondern tastet eine elektronische Codierung ab. Wird diese als richtig identifiziert, kann das Schloss über die Türklinke bedient werden. Vorteil dieser Schließtechnik: Geht der Schlüssel verloren, kann man den Zylinder auf einen neuen Schlüsselsatz umcodieren und muss ihn nicht mehr austauschen. Auf der nächsten Stufe ist es überhaupt nicht mehr nötig, den Schlüssel ins Schloss einzuführen: Die Elektronik der Schließtechnik sitzt direkt unter der Türklinke, es reicht, den Schlüssel kurz davorzuhalten. Ein Empfänger erkennt und überprüft das Signal und gibt die Türklinke zum Öffnen frei. Dieser elektronische Schlüssel muss auch nicht mehr wie ein klassischer Schlüssel aussehen; er kann zum Beispiel die Form einer Karte haben und ist aus dem Hotelbereich bekannt.
PIN und Biometrie
Ganz ohne einen materiellen Schlüssel geht es mit einem Zahlencode. Ein Zugangssystem, das vom Bankautomaten her wohlbekannt ist: Ein Tastenfeld mit Zahlen an der Haustür ersetzt das Schloss, eine individuelle Zahlenkombination den Schlüssel. Deshalb ist die Schließtechnik sehr sicher, solange man den Code geheim hält. Da liegt denn auch der Nachteil: Mit PIN-Codes und Passwörtern sind wir schon reichlich belastet, müssen uns viele Zahlenkombinationen merken. Diese Probleme löst die derzeit modernste Schließtechnik, die biometrische Zutrittskontrolle. Hierbei wird ein Schlüssel genutzt, den wir immer dabeihaben und weder verlieren noch vergessen können: der menschliche Fingerabdruck. Die Tatsache, dass er bei jedem Menschen anders aussieht, macht die Kontrolle besonders sicher, aber auch komplizierter. Türen werden aber nicht nur per Finger-Scan, sondern auch mit PIN-Code, Fernbedienung oder mit einem Bluetooth-fähigen Gerät wie einem Smartphone oder Tablet geöffnet. Bewohner oder Geschäftsführung behalten damit die Kontrolle und Übersicht, wer das Zuhause oder den Verwaltungstrakt oder geschützte Betriebsbereiche betreten darf – ganz ohne Schlüssel. Außerdem können zeitlich begrenzte Berechtigungen für Mitarbeiter oder Freunde oder die Reinigungskraft vergeben werden.
Reinhold Häken I redaktion@regiomanager.de
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