KONJUNKTUR
Schlechte Aussichten im Bau
Viele Wohnungsbauprojekte werden gestrichen. Das geht aus einer Umfrage des ifo Instituts hervor. Der Anteil der betroffenen Baufirmen sank im Januar auf 13,6 Prozent nach 15,9 Prozent im Dezember. „Zwar gehen die Stornierungen etwas zurück, aber das Niveau ist immer noch außergewöhnlich hoch“, so ifo-Forscher Felix Leiss. „Für die Firmen sind das dunkle Wolken am Horizont: Noch wird das Geschäft durch die hohen Auftragsbestände gestützt, aber mit Blick auf die künftige Entwicklung im Wohnungsbau herrscht Angst.“ Die Geschäftserwartungen gaben nochmals um 1,5 Punkte nach und notierten damit bei minus 63,1 Punkten. Das ist ein neuer Negativrekord seit Beginn der Erhebung 1991. „Die Erwartungen sind am Tiefpunkt, die Unternehmen rechnen mit einer deutlichen Abkühlung“, sagt Leiss weiter. Derweil kalkulieren die Betriebe trotz des schwachen Neugeschäfts mit weiteren Preiserhöhungen. Die Preispläne sanken nur leicht, von 37,4 auf immer noch sehr hohe 34,6 Punkte.
IMPORT & EXPORT
Rekorddefizit im Chinahandel
Der deutsche Exportüberschuss war im Jahr 2022 so niedrig wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis)
mitteilt, hat sich der Außenhandelssaldo unter anderem aufgrund der stark gestiegenen Preise für die Einfuhr von Energie gegenüber 2021 von +175,3 Milliarden Euro auf +79,7 Milliarden Euro mehr als halbiert. Im Außenhandel mit der Volksrepublik China, die 2022 von Rang 2 auf Rang 4 der wichtigsten Abnehmerstaaten deutscher Exporte ab-rutschte, verzeichnete Deutschland das größte Handelsdefizit seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1950. Während der Wert der Warenimporte aus China 2022 gegenüber dem Vorjahr um 33,6 Pro-zent auf 191,1 Milliarden Euro zunahm und damit einen neuen Höchstwert erreichte, stieg der Wert der dorthin exportierten Waren lediglich um 3,1 Prozent auf 106,8 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Rekord-Handelsdefizit von 84,3 Milliarden Euro. Mit einem Außenhandelsumsatz von 297,9 Milliarden Euro war China bereits im siebten Jahr in Folge Deutschlands wichtigster Han-delspartner. Mit weitem Abstand folgten auf den Rängen 2 und 3 die Vereinigten Staaten mit einem Umsatz von 247,8 Milliarden Euro (+27,5 Prozent gegenüber 2021) und die Niederlande mit 233,6 Milliarden Euro (+13,3 Prozent). Die Bedeutung des Vereinigten Königreichs für den deutschen Außenhandel ging im zweiten Jahr nach dem Brexit weiter zurück: Mit einem Außenhandelsumsatz von 111,0 Milliarden Euro im Jahr 2022 (+14,1 Prozent gegenüber 2021) fiel das Vereinigte König-reich in der Rangfolge der wichtigsten Handelspartner von Rang 10 auf Rang 11 zurück und beleg-te damit den Platz hinter Tschechien. Im Jahr 2017, dem Jahr nach dem Brexit-Referendum, hatte das Vereinigte Königreich noch Rang 5 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands belegt.
ENERGIE
Stromverbrauch nach PV-Installation
Eine aktuelle Studie des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt erstmals, dass deutsche Haushalte offenbar ihren Stromverbrauch nach der Installation von Photovoltaikanlagen erhöhen. Die Forscher kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass dieser sogenannte „Solar-Rebound“ in Deutschland relativ gering ausfällt. Bislang lagen Studien über das Ausmaß des So-lar-Rebounds hauptsächlich für Australien und die Vereinigten Staaten vor. Die Forscher nutzen die RWI-Paneldaten zum Energieverbrauch von knapp 8.000 Haushalten zwischen 2004 und 2015, die jedoch nur eine indirekte Abschätzung des Solar-Rebounds ermöglichen. Die empirischen Ergeb-nisse zeigen, dass Haushalte nach der Installation von Photovoltaikanlagen ihren Strombezug aus dem öffentlichen Netz nicht statistisch signifikant senken und daher im Durchschnitt etwa gleich viel Strom beziehen wie zuvor. „Um dieses Ergebnis richtig interpretieren zu können, muss man beden-ken, dass Haushalte in Deutschland im Durchschnitt nur rund 25 Prozent des Stroms aus Photo-voltaikanlagen selbst nutzen. Den überschüssigen Solarstrom speisen sie ins Netz ein. Aus den empirischen Erkenntnissen sowie aus theoretischen Überlegungen folgt, dass der Solar-Rebound in Deutschland zwischen zwölf und 50 Prozent liegt“, heißt es. Ein Solar-Rebound im Bereich von 50 Prozent erscheine jedoch unrealistisch, da die Haushalte – wegen der im Untersuchungszeit-raum hohen Einspeisevergütungen – einen starken Anreiz hätten, möglichst wenig Solarstrom selbst zu verbrauchen und viel ins öffentliche Netz einzuspeisen. Der Solar-Rebound sollte dem-zufolge eher beim in der Studie geschätzten Minimum von zwölf Prozent liegen.
Gegen Trennung bei den Netzen
Ein breites Bündnis von Verbänden kritisiert Pläne der EU-Kommission zur eigentumsrechtlichen Trennung des Wasserstoff- und Gasnetzes auf Verteilnetzebene. Ein solches Vorhaben behindere einen schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und sei „ein Bärendienst für das Gelingen der Energiewende in der Region und in den Kommunen auf dem Weg zur Klimaneutralität“, heißt es in dem Ende Februar veröffentlichten Appell an die Bundesregierung. Zu den Unterzeichnern zählen der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Das Verbände-Bündnis bestärkt die Bundesregierung in dem Appell, sich im EU-Energieministerrat weiter deutlich dafür einzusetzen, dass der Rat der Position des Europäischen Parlaments folgt. Im Gegensatz zur EU-Kommission hatten sich die EU-Abgeordneten des Industrie-, Forschungs- und Energieausschuss (ITRE) des Europäischen Parlaments parteiübergreifend dafür ausgesprochen, auch bei Wasserstoff die bereits bei Strom- und Gasnetzen bewährte Unterscheidung zwischen Fernleitungsbetreibern und Verteilnetzbetreibern zu erhalten. Außerdem plädieren die Abgeordneten des ITRE für die Möglichkeit des gemeinsamen Betriebs von Wasserstoff- und Gasnetzen. „Eine Aufteilung der Netze in zwei Gesellschaften schafft unnötige bürokratische Hürden und verhindert effizienten Netzbetrieb“, so die Pressemitteilung des BDEW.
PERSONAL & KARRIERE
Abwanderung: Faktor Aufenthaltsrecht
Wenn ausländische Arbeitskräfte Deutschland wieder verlassen, hat der hiesige Arbeitsmarkt das Nachsehen. Eine von der Bundesagentur für Arbeit beauftragte Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) zeigt, dass die Abwanderung häufig im Zusammenhang mit beruflichen und aufenthaltsrechtlichen Fragen in Zusammenhang steht. Ein Viertel der befragten Arbeitskräfte aus Drittstaaten habe Deutschland aus aufenthaltsrechtlichen Gründen verlassen. Ein weiteres Viertel der Befragten benennt berufliche Gründe, etwa das Ende einer befristeten Beschäftigung, beginnende Arbeitslosigkeit oder weil ihre berufliche Qualifikation nicht anerkannt worden sei. Die Befragten geben auch eine fehlende soziale Integration als Grund an, während wirtschaftliche oder familiäre Gründe zwar auch, aber seltener vorkämen. Häufig ist die Ausreise in einem Bündel an unterschiedlichen Faktoren begründet. Zudem geben zwei von drei hochqualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten an, dass sie in Deutschland Diskriminierungserfahrungen aufgrund ihrer Herkunft erlebt hätten. Weitere Ergebnisse der Studie sprechen dagegen für Deutschland: Demnach sind die Befragten in allen relevanten Lebensbereichen in Deutschland zufriedener gewesen. Das gilt be-sonders für das Gehalt und die eingehaltenen Arbeitnehmerrechte.
Mehr Remote Work im Ausland
Mit dem Laptop unter Palmen sitzen, den Kunden-Call in den Bergen machen: In vielen Branchen ist im Zuge der Corona-Pandemie flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten fernab der Fünftagewo-che im Büro selbstverständlich geworden – eine steigende Anzahl an Beschäftigten will dies auch aus dem Ausland tun. Um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, wollen viele Unternehmen Remote Work ermöglichen und wünschen sich dabei eine aktive politische Flankierung. Fast die Hälfte (46 Prozent) fordert von der Bundesregierung bessere Rahmenbedingungen für Remote Work aus dem Ausland. Vor einem Jahr waren es 40 Prozent. Das ist das Ergebnis der Bitkom-Studie zum Ar-beitsmarkt für IT-Fachkräfte, für die Ende des vergangenen Jahres 854 Unternehmen aus allen Branchen repräsentativ befragt wurden. „Die rechtlichen Regelungen für Remote Work aus dem Ausland sind leider immer noch sehr komplex. Bitkom fordert hier weniger Bürokratie und mehr Gestaltungsspielraum für Arbeitgeber“, sagt Lydia Erdmann, Referentin Arbeitsrecht beim Verband. Der aktuelle Leitfaden „Remote Work aus dem Ausland“ soll als Orientierungshilfe dienen. Geklärt werden unter anderem folgende Fragen: Bin ich als Arbeitgeber verpflichtet, Remote Work aus dem Ausland anzubieten? Antwort laut Bitkom: „Gesetzlich zumindest (noch) nicht. Dem Arbeitgeber steht es aber frei, verbindliche Grundlagen zu schaffen, sei es etwa durch eine Zusatzvereinbarung im Arbeitsvertrag oder eine freiwillige Betriebsvereinbarung.“ Brauche ich eine A1-Bescheinigung? „Dieses Dokument ist in den HR-Abteilungen aktuell entscheidend. Es gilt als Nachweis der Sozial-versicherung im Heimatland und verhindert die doppelte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Und ja, auch für Remote Work aus dem Ausland wird diese benötigt, zumindest im EU-Ausland und in Staaten mit Sozialversicherungsabkommen.“
DIGITALISIERUNG
Digitalisierung stagniert
Die Unternehmen in Deutschland haben eine durchwachsene Selbsteinschätzung in puncto Digita-lisierung. Dies geht aus einer aktuellen DIHK-Umfrage unter bundesweit mehr als 4.000 Betrieben hervor, die Ende 2022 zu ihren Motiven und zu den Herausforderungen bei der Umsetzung der Di-gitalisierung befragt wurden. Wie auch im Vorjahr bewerteten die Unternehmen den eigenen Digitali-sierungsgrad im Durchschnitt mit der Schulnote „befriedigend“ (2,9). Dabei setzen sie viel daran, aufzuholen. Angesichts der schnellen Entwicklung der Technologie und der weiteren wirtschaftli-chen Herausforderungen gelingt der Sprung nach vorn jedoch kaum. So nennen 37 Prozent (im Vorjahr 36 Prozent) einen Mangel an zeitlichen und 34 Prozent (unverändert) einen Mangel an fi-nanziellen Ressourcen als Haupthemmnis bei der digitalen Transformation. „Durch steigende Prei-se und Fachkräftemangel werden die Unternehmen gezwungen, bei ihren eigenen Digitalisierungs-bemühungen Prioritäten zu setzen“, sagt Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung. „Beim Blick in die Motive für Digitalisierung macht sich das starke Bedürfnis der Unternehmen nach Effizienz und Flexibilität bemerkbar.“ 43 Prozent der Unternehmen (Vorjahr: 39 Prozent) wollen mithilfe der Digitalisierung ihre laufenden Kosten senken, ganze 75 Prozent (Vorjahr: 51 Prozent) nutzen die Digitalisierung zur Flexibilisierung von Arbeitsabläufen – etwa durch ortsunabhängige Inspektion mithilfe von Virtual-Reality-Brillen. Auch der starke Anstieg des mobilen Arbeitens fließt hier mit ein.
Milliarde für Hightech-Firmen
Die Bundesregierung stellt eine Milliarde Euro bereit, um junge, innovative Hightech-Unternehmen in Europa in der späten Wachstumsphase zu unterstützen „und die technologische Souveränität Europas zu stärken“. Gemeinsam mit Ministerinnen und Ministern aus vier weiteren EU-Mitgliedsstaaten haben Bundesfinanzminister Christian Lindner und die Start-up-Beauftragte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Anna Christmann, in Brüssel die Mandatsver-einbarung für die European Tech Champions Initiative (ETCI) unterzeichnet. Ziel der ETCI ist es, vielversprechenden europäischen Wachstumsunternehmen für späte Finanzierungsrunden Kapital zur Verfügung zu stellen und dadurch die Abhängigkeit von ausländischen Investitionen zu reduzie-ren. Zum Start beteiligen sich Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Belgien sowie die Eu-ropäische Investitionsbank-Gruppe (Europäische Investitionsbank und Europäischer Investitions-fonds) und stellen Mittel in Höhe von bis zu 3,75 Milliarden Euro zur Verfügung – darunter die Milli-arde von deutscher Seite. Die Mittel für die deutsche ETCI-Zusage kommen aus dem Beteiligungs-fonds für Zukunftstechnologien („Zukunftsfonds“; 800 Millionen Euro treuhänderisch durch die KfW bereitgestellt) und aus dem ERP-Sondervermögen (200 Millionen Euro).
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