KONJUNKTUR
Silberstreif am Horizont
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich verbessert. Das jedenfalls sagt der ifo Geschäftsklimaindex. Er ist im Oktober auf 86,9 Punkte gestiegen, nach 85,8 Punkten (saisonbereinigt korrigiert) im September. Die Unternehmen zeigten sich demnach etwas zufriedener mit den laufenden Geschäften. Die Manager waren zudem weniger pessimistisch für die kommenden Monate. Kurz: Die deutsche Wirtschaft sieht einen Silberstreif am Horizont. Die Ergebnisse im Einzelnen: Im Verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex leicht gestiegen, die Auftragslage bleibt jedoch schwierig. Im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima erheblich verbessert: Die Unternehmen waren insbesondere zufriedener mit den laufenden Geschäften. Die Erwartungen legten ebenfalls zu, sind aber weiterhin von Zweifeln geprägt. Im Handel ist der Index gefallen. Die Händler korrigierten ihre Einschätzungen zur aktuellen Lage nach und blicken pessimistischer auf die kommenden Monate. Diese Entwicklung war laut ifo vor allem durch den Großhandel getrieben. Im Bauhauptgewerbe ist der Geschäftsklimaindikator geringfügig gestiegen. Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage leicht schlechter.
STANDORT
Bürokratie: Trendwende gefordert
Die europäischen Unternehmen sind beinahe täglich mit neuen Gesetzen, Berichtspflichten, Auflagen, Formularen und Anträgen konfrontiert. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) drängt auf rasche Abhilfe. „Immer mehr Unternehmer kehren dem Standort Europa den Rücken”, warnt DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. „Europa muss dringend einfacher, schneller und günstiger werden. Eine Bürokratie-Trendwende ist nötiger denn je.“ Hierfür schlägt er einen Dreiklang vor: „Erstens: Keine neuen Gesetze, die die Unternehmen zusätzlich belasten. Das EU-Lieferkettengesetz muss deshalb dringend ausgesetzt werden. Zweitens: Bestehende Bürokratie konsequent abbauen – und zwar noch vor den Europawahlen. Drittens: In Zukunft brauchen wir eine praxisorientierte Rechtsetzung, die auf schnelle Bearbeitung und auf die Ergebnisse abzielt.“ Immer mehr Regulierungen, die den betrieblichen Alltag erschwerten, kämen mittlerweile aus der EU, so Wansleben. „Das versprochene ‘One in, one out’-Prinzip wird nicht gelebt. Im Gegenteil.“ 2021 seien auf EU-Ebene für ein abgeschafftes Gesetz 1,5 neue entstanden, erinnert er. 2022 habe das Verhältnis bereits bei 1 zu 3,5 gelegen – und im Juni dieses Jahres seien auf ein abgeschafftes Gesetz sogar 5 neue gekommen. „Das Normendickicht behindert Unternehmen – bei der Gründung, bei der Anpassung im Wettbewerb und bei der Diversifizierung von Lieferketten“, kritisiert der DIHK-Hauptgeschäftsführer. „Innovationen, Gründergeist, Unternehmer-Mut und Erfolg bleiben auf der Strecke.“
Gremium zieht um
Der Sachverständigenrat Wirtschaft hat in Abstimmung mit dem Statistischen Bundesamt und der Bundesregierung entschieden, seinen Hauptstandort im kommenden Jahr schrittweise nach Berlin zu verlegen. Voraussichtlich ab Mitte des Jahres 2024 wird ein Teil des wissenschaftlichen Stabes bereits am neuen Standort, in den Räumlichkeiten des Statistischen Bundesamtes in Berlin Mitte, arbeiten. Auch die Ratssitzungen werden in der Regel dort stattfinden. Die Verlagerung soll den Mitgliedern des Sachverständigenrates sowie dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen intensiveren Austausch mit der Entscheidungs- und Arbeitsebene in der Exekutive und Legislative erlauben. Gleichzeitig hat Berlin als Wissenschaftsstandort in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. „Mit dem Umzug nach Berlin, der größeren Nähe zu thematischen Debatten und der Möglichkeit zum persönlichen Austausch profitieren nicht nur die Ratsmitglieder, sondern vor allem auch die Ökonominnen und Ökonomen im wissenschaftlichen Stab“, begründet Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, die Entscheidung. Bei der Gründung des Sachverständigenrates vor 60 Jahren war für die Wahl des Hauptsitzes in Wiesbaden die räumliche Anbindung an das Statistische Bundesamt und die dort vorhandenen Daten ausschlaggebend. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein Gremium der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung. Er wurde durch Gesetz im Jahr 1963 mit dem Mandat eingerichtet, aus unabhängiger Expertensicht eine periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland vorzulegen und damit zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit beizutragen. Das Gremium ist in seinem Beratungsauftrag unabhängig.
RECHT & FINANZEN
Hohe Sparquote
Die privaten Haushalte in Deutschland haben 11,1 % ihres Einkommens im Jahr 2022 gespart – eine hohe Quote im Vergleich zu anderen Industriestaaten. So haben nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die privaten Haushalte in Italien mit 2,1 %, in den USA mit 3,7 %, in Japan mit 5,4 % und in Österreich mit 8,8 % im letzten Jahr deutlich geringere Anteile ihres verfügbaren Einkommens auf die Seite gelegt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wiesen nur wenige Staaten höhere Sparquoten als in Deutschland auf, dazu gehören die Schweiz mit 18,4 % und die Niederlande mit 12,7 %. Aktuell liegt die Sparquote in Deutschland für das erste Halbjahr 2023 saisonbereinigt bei 11,3 % und damit etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. In den Jahren der Covid-19-Pandemie 2020 und 2021 konsumierten die Menschen deutlich weniger als gewöhnlich. Damals war die Sparquote jeweils im ersten Halbjahr rund sechs Prozentpunkte höher. Eine Sparquote von 11,3 % bedeutet, dass die privaten Haushalte je 100 Euro verfügbarem Einkommen im Durchschnitt 11,30 Euro sparten. Monatlich entspricht dies einem Betrag von durchschnittlich 260 Euro je Einwohner. Dieser Durchschnittswert lässt aber keine Rückschlüsse auf einzelne Haushalte zu. Abhängig von Einkommenshöhe, Lebenslage und Sparneigung gibt es sehr deutliche Unterschiede. Während einige Haushalte viel Geld auf die Seite legen können, bleibt bei anderen am Ende des Monats nichts übrig, was sich für viele Haushalte durch die nach wie vor hohen Preisanstiege für Waren des täglichen Bedarfs noch verschärft haben dürfte.
Höhere Hürden bei Krediten
Die im Rahmen des Bank Lending Survey (BLS) befragten deutschen Banken haben auch im dritten Quartal 2023 strengere Vergaberichtlinien für Unternehmenskredite, private Wohnungsbaukredite sowie Konsumenten- und sonstige Kredite angelegt. Das teilte die Deutsche Bundesbank mit. Im Vorquartal hatten die Banken noch angegeben, keine nennenswerte Richtlinienstraffung mehr vornehmen zu wollen. Die Kreditbedingungen wurden im Firmenkundengeschäft und für private Wohnungsbaukredite restriktiver. Dies äußerte sich insbesondere in einer Ausweitung der Margen für risikoreichere Kredite. Die Nachfrage ging in allen drei Kreditsegmenten erneut zurück, obwohl die Banken im Vorquartal mit einer nahezu unveränderten Nachfrage gerechnet hatten. Die befragten Banken strafften per saldo die Kreditrichtlinien (also die internen Richtlinien oder Kriterien einer Bank für die Gewährung von Krediten) in allen drei Segmenten. Der Nettoanteil von Banken, die ihre Anforderungen erhöhten, lag bei Unternehmenskrediten bei +10 % (nach +10 % im Vorquartal), bei Wohnungsbaukrediten bei +4 % (nach +11 % im Vorquartal) und bei Konsumenten- und sonstigen Krediten bei +7 % (nach +14 % im Vorquartal). Die Banken begründeten die strengeren Anforderungen in allen Kreditsegmenten mit einem ihrer Einschätzung nach erhöhten Kreditrisiko. Im Unternehmenskreditgeschäft stieg das Risiko vor allem im Hinblick auf branchen- und firmenspezifische Faktoren.
DIGITALISIERUNG
Einheitlich laden
Mit der Zustimmung des Bundeskabinetts zur Änderung des Funkanlagengesetzes ist der Weg frei zum einheitlichen Ladekabel. Hintergrund war eine EU-Einigung aus dem Sommer 2022. Bis Ende 2024 wird USB-C als neuer Standard für Smartphones, Digitalkameras, Kopfhörer, Tablets, tragbare Videospielekonsolen, Tastaturen, E-Reader, Navigationsgeräte, Headsets und tragbare Lautsprecher vorgeschrieben, sofern sie mit einem Kabel aufgeladen werden können. Ab 2026 wird dieser Ladestandard dann auch für Notebooks gelten. Mit dem einheitlichen Ladegerät wird, so die Bundesregierung, für mehr Verbraucherfreundlichkeit gesorgt, indem Ladeschnittstellen und Schnellladetechnologien harmonisiert werden. Gleichzeitig entsteht weniger Elektronikabfall – da bisher pro Jahr durch die verschiedenen Ladegeräte rund 11.000 Tonnen Elektroschrott anfallen. 2020 wurden in der EU von Verbrauchern rund 420 Millionen elektronische Geräte gekauft, und jeder Verbraucher besitzt im Durchschnitt drei Ladegeräte, von denen er zwei regelmäßig benutzt.
Lösegeld nach Cyber-Attacke
Wenn „Ihr Computer ist gesperrt“ oder „Ihre Daten sind verschlüsselt“ auf dem Bildschirm erscheint, hat auf dem Computer eine sogenannte Ransomware zugeschlagen. Die Folge: Daten auf den Festplatten sind verschlüsselt und meistens wurden auch noch Kopien davon zu den Tätern übertragen, die für die Wiederherstellung ein Lösegeld fordern – und andernfalls zudem mit der Veröffentlichung der häufig sensiblen Informationen drohen. Jedes neunte Unternehmen in Deutschland (11 Prozent), das Opfer von Ransomware wurde, hat daraufhin Lösegeld bezahlt. 4 von 10 Ransomware-Opfern (44 Prozent) berichten, dass ihr Geschäftsbetrieb durch die lahmgelegten Computer und verlorenen Daten beeinträchtigt wurde, im Schnitt für rund 3 Tage. Das sind Ergebnisse einer Befragung von 1.002 Unternehmen ab 10 Beschäftigten in Deutschland. „Wer Opfer von Ransomware wird, sollte auf keinen Fall bezahlen“, sagt Susanne Dehmel vom Branchenverband Bitkom. „Zum einen stärkt man damit die kriminellen Organisationen, die hinter den Attacken stehen, und macht sich zu einem interessanten Ziel für weitere Angriffe. Zum anderen ist die Schadsoftware häufig so schlecht programmiert, dass sich die Daten selbst nach Zahlung nicht oder nicht vollständig wiederherstellen lassen.“ Insgesamt wurde rund die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland (52 Prozent) binnen eines Jahres mit Ransomware angegriffen, 23 Prozent mit Schaden, 29 Prozent ohne. 6 von 10 (59 Prozent) Ransomware-Opfern haben nach dem Angriff ihre Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Nur 11 Prozent haben sich an eine Strafverfolgungsbehörde gewandt.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
Teilen: