Unternehmenskultur, Start-ups, Venture-Capitalism – dies sind mögliche Antworten, die bei der Frage nach dem „Wie“ zugleich die schwierigste Herausforderung für Unternehmen im Zusammenhang mit Industrie 4.0 und Digitalisierung darstellen. In den ersten beiden Teilen der Serie haben wir Ihnen gezeigt, warum Digitalisierung für Ihr Unternehmen notwendig ist und was am besten digitalisiert werden kann oder muss. In unserem finalen Beitrag zur dreiteiligen Serie „Digitalisierung im Mittelstand“ wollen wir Sie nun mit dem „Wie“ vertraut machen. Dieses ist zwar branchenübergreifend und von der Größe Ihres Unternehmens unabhängig, allerdings ist es, anders als das „Warum“ oder „Was“, einer langfristigen Strategie unterworfen.
Von Springer lernen
Im Hinblick auf die Umsetzung Ihrer Digitalisierungsstrategie ist das Studieren und Kopieren ein probater und einfacher Weg. Hier bieten sich zwei grundlegende Ansätze an. Zum einen können Sie einen Blick auf die sogenannten Digital Natives riskieren, also auf jene Unternehmen, die erst durch Digitalisierung entstanden sind und dadurch eben nicht dem klassischen Muster eines Unternehmens entsprechen, oder das Best Practice bei klassischen Unternehmen zum Vorbild nehmen, die bereits erfolgreich einen Digitalisierungsprozess durchlaufen haben. Ein in der Fachliteratur vielfach zitiertes Vorbild hierfür ist Springer. Das Verlagshaus hat vor dem Hintergrund des Anzeigeneinbruchs im Printgeschäft bereits vor über zehn Jahren mit der Umsetzung seiner digitalen Strategie begonnen. Springer veränderte hierfür seine gesamte Geschäftsarchitektur, stärkte die Basis mit moderner und funktionaler Technologie und hat zudem seine Unternehmenskultur auf den digitalen Wandel vorbereitet. Mit einem auf zehn Jahre festgelegten Programm zeigt Springer, dass die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie eine gut überlegte Struktur und langfristiges Denken benötigt. Die Langfristigkeit beim Verlagshaus ergab sich dabei weniger durch technische Veränderungen als vielmehr durch die Implementierung von Digitalisierung in die Unternehmenskultur. Wie wichtig und entscheidend diese ist, lässt sich besonders gut an den Digital Natives zeigen.
Unternehmenskultur impfen – Start-ups nutzen
Im Gegensatz zu allen technischen Änderungen im Zusammenhang mit Digitalisierung und Industrie 4.0, bei denen die Frage nach dem „Warum“ die Notwendigkeit betrifft und die Frage nach dem „Was“ meistens die Prozess- oder Produktänderung, stellt die Frage nach dem „Wie“ immer eine Adaptierung von Digitalisierung in Technik und bei der gesamten Belegschaft sowie innerhalb der Unternehmenskultur in das Zentrum seiner Expertise. Denn eine Aussage darüber zu treffen, wie man etwas ändert, bedingt Vorstellungskräfte für Handlungsoptionen und Möglichkeiten. Wenn jene allerdings nur auf traditionelle Produktionstechnologien des 20. Jahrhunderts zurückgreifen, kann man ein Unternehmen nicht digitalisieren.
Werfen wir hier einen Blick auf die Digital Natives. Von Google über Airbnb bis zu kleinen Start-ups – geimpft mit digitaler Unternehmenskultur unterscheiden sich diese Organisationen in vielerlei Hinsicht von ihren klassischen Pendants. Das sieht man vor allem in den Bereichen Unternehmensverfassung, Mission, Vision oder Ziele. Wollen Sie also von den Digital Natives lernen, dann müssen auch Sie die Digitalisierung in Ihre Unternehmenskultur implementieren. Diese Umsetzung ist ein schwieriger und langwieriger Prozess, da oft viele – oftmals langjährige – Mitarbeiter im Unternehmen dabei sind, die mit Digitalisierung nie oder nur teilweise in Berührung gekommen sind. Vielleicht arbeiten Ihre Kollegen aber auch nach dem Prinzip: Never change a running system. Zudem gibt es dann noch Mitarbeiter und selbst Abteilungs- oder Bereichsleiter und Geschäftsführer, die sich gar nicht für Digitalisierung interessieren.
Um diese drei Gruppen nun doch noch in Ihr Boot zu bekommen, bieten sich bei der Digitalisierung der Unternehmenskultur drei Optionen. Schulungen und Workshops zum Thema Digitalisierung sind ein erster Ansatz, mit dem man ein Unternehmen impfen kann. Bei der digitalen Transformation bekommt zudem die aktive Kommunikation mit den Mitarbeitern via Intranet oder Social Media einen ganz neuen Stellenwert. Auch sollten die Mitarbeiter nicht nur über Möglichkeiten der Digitalisierung informiert werden, sie sollten für die Digitalisierung begeistert und davon überzeugt werden. Nehmen Sie Ihren Mitarbeitern die Angst davor, im Rahmen einer digitalen Strategie unter die Räder zu kommen oder ihre Jobs zu verlieren, und ermutigen Sie Ihre Belegschaft, den digitalen Prozess aktiv mitzugestalten. Eine zweite Option bieten heterogene Teams aus jungen, erfahrenen, kulturell verschiedenen sowie weiblichen und männlichen Mitarbeitern. Diversity kann in einem Unternehmen ein Schlüssel für die Digitalisierung sein. Der dritte Ansatz ergibt sich durch die Anstellung neuer Mitarbeitern einer Generation, die mit Digitalisierung aufgewachsen ist. Diesen jungen Leuten muss man dann aber auch auf Managementebene zuhören können und ihnen die Möglichkeit geben, digitale Konzepte im Rahmen der Unternehmensstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Global Player wie BMW, 3M und Siemens nutzen hier auch Kooperationen mit Start-ups. Allein bei Springer beläuft sich deren Zahl auf über 70 Beteiligungen. Diese kleinen Einheiten, ob extern oder zu 100 Prozent in Unternehmenshand, können wie Digital Natives agieren. Sie denken anders, sind anders strukturiert und lösen Probleme mit anderen Ansätzen. Sie sind losgelöst von der ureigensten Unternehmenskultur und bieten dabei ein weiteres „Wie“ der Digitalisierung: den Ansatz des Venture-Capitalism.
Venture-Capitalism in der Digitalisierung
Unter der Anwendung von Venture-Capitalism bei der Digitalisierungsstrategie versteht man vor allem die Verknüpfung von Kapital an Meilensteine. Lösen Sie sich von periodischen Strategie- oder Planungskonzepten und orientieren Sie sich besser daran, ob Ziele erreicht wurden; ob zum Beispiel ein Problem hinreichend gelöst wurde oder ob ein Programm in die nächste Phase gehen kann. Sollten Sie dabei feststellen, dass ein Budget verbraucht, ein Ziel aber nicht erreicht wurde, dann haben Sie zwei Optionen. Sie können sich mit dem verantwortlichen Team zusammensetzten, das Geschäftskonzept anpassen und das Projekt mit frischem Kapital weiterführen. Oder Sie entscheiden sich, das Projekt einzustellen. In beiden Fällen und generell gilt natürlich: Investieren Sie nur dann, wenn Sie zum Team Vertrauen haben und von einer Idee überzeugt sind. Sie sehen, dass das „Wie“ der Digitalisierung den schwierigsten und langwierigsten Prozess darstellt. Vergessen Sie dabei aber bitte nicht, dass Digitalisierung nicht nur bedeutet, die Wertschöpfungskette zu ändern. Das Ziel der Digitalisierung ist es, den Kunden in den Mittelpunkt zu setzen und dabei Produkte und Dienstleistungen um den Kunden herum zu konstruieren. Dies bedingt in Zeiten von Industrie 4.0, dass man in Unternehmen kundenzentriert denkt und in erster Linie die Mittel und die Möglichkeiten der Digitalisierung umzusetzen weiß. Die Reflexion des „Warum“, „Was“ und „Wie“ kann Ihnen dabei entscheidend
helfen. André Sarin | redaktion@regiomanager.de
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