Kioskbesitzer und Rechtsanwälte haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. So unterschiedlich ihr Arbeitsalltag aber auch sein mag: Beide Berufsgruppen gehören in der Mehrzahl zu den sogenannten selbstständig Beschäftigten. 2015 waren laut Angaben des Statistischen Bundesamts von knapp 43 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland 4,3 Millionen Personen als Selbstständige tätig.
Um sich als Selbstständiger über das Thema Altersvorsorge einen ersten Überblick zu verschaffen, empfiehlt Michael Beumer, journalistischer Leiter des Teams „Geldanlage, Altersvorsorge, Kredite und Steuern“ bei der Stiftung Warentest, u.a. die Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung Bund. Denn „sie beraten auch Selbstständige allgemein zum Thema Altersvorsorge“, sagt Beumer, „es lohnt sich auf jeden Fall, eine solche kostenlose Beratung in Anspruch zu nehmen, auch um zu klären, wie hoch mögliche Anwartschaften aus der Zeit vor der Selbstständigkeit waren, sollte dies zutreffen“. Und Klaus Morgenstern, einer der Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), meint: „Um ihren derzeitigen Lebensstandard im Rentenalter aufrechtzuerhalten, müssten Selbstständige etwa eine Rente um die 80 Prozent des derzeitigen versteuerten Einkommens aufbauen.“
„Rürup-Rente“ für Selbstständige
Um für die Rente vorzusorgen, können Selbstständige u.a. in die Basis-Rente, besser bekannt als „Rürup-Rente“, investieren. Sie wurde ursprünglich für die Gruppe der Selbstständigen ins Leben gerufen, die nicht Pflichtmitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung sind und auch nicht in einem berufsständischen Versorgungswerk wie dem der Rechtsanwälte pflichtversichert sind. 2016 können ledige Selbstständige 82 Prozent ihrer Vorsorgeaufwendungen bis zu einer Höhe von 18.669 Euro für die Rürup-Rente steuerlich geltend machen. In jedem Beitragsjahr können Rürup-Sparer jeweils zwei Prozent mehr ihrer Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzen, den vollen Betrag dann ab 2025. Allerdings muss die Basis-Rente im Rentenalter versteuert werden.
Bei der Basis-Rente können Selbstständige zwischen klassischen Rentenversicherungen, fondsgebundenen und britischen Rentenversicherungen sowie Fondssparplänen wählen, beschreibt der Bund der Versicherten. Die Auszahlung des angesparten Kapitals erfolgt als monatliche Rente bei Verträgen ab 2012 ab dem vollendeten 62. Lebensjahr. „In Anbetracht der derzeitigen Niedrigzinsphase wäre eine fondsgebundene Altersvorsorge die bessere Alternative zu einer klassischen Rentenversicherung“, sagt Morgenstern. Beumer von der Stiftung Warentest empfiehlt Fondssparpläne: „Sie sind im Vergleich zu Rentenversicherungen weniger bürokratisch und flexibler ansparbar, was gerade Selbstständigen mit stärker schwankenden Einnahmen zugutekommt.“
Rentenversicherung oder Fondssparplan?
Jeder Interessent sollte vor dem Abschluss einer Rentenversicherung wie der Riester-Rente daran denken, dass diese Versicherung nicht kündbar ist, sondern lediglich beitragsfrei gestellt werden kann. „Bei Rentenbeginn hat der Versicherte die Wahl zwischen einer Kapitalauszahlung oder Rente, die sich auch bei Änderungen der Disposition des Lebens wie Pflegebedürftigkeit nicht ändert, außer dieses Risiko wurde zuvor versichert“, erklärt Morgenstern. Der Nachteil bei Fondssparplänen sei, dass Anleger vor dem Rentenbeginn bereits entscheiden müssten, ob sie am Ende der Laufzeit das Geld als Auszahlung möchten oder eine Sofortrente. „Wie hoch diese sein wird, weiß man aber erst zum Zeitpunkt der Verrentung. Für manche Menschen ist deshalb eine Rentenversicherung trotz aller Nachteile wichtiger, weil sie vorher ihre exakte spätere Rente kennen“, fasst Beumer zusammen.
Das Pendant zur Basis-Rente für abhängig Beschäftigte, die Riester-Rente, ist generell gekoppelt an die Sozialversicherungspflicht. Selbstständige könnten zwar theoretisch, auch ohne Mitglied der Sozialversicherung zu sein, einen Riester-Vertrag abschließen, „allerdings macht es wirtschaftlich keinen Sinn, wenn es dafür keine staatliche Zulage gibt“, argumentiert Klaus Morgenstern. Auch ohne Basis-Rente können Selbstständige Aktien und andere Kapitalmarktprodukte, über Fonds oder als Direktinvestment, für den privaten Vermögensaufbau nutzen. Gerade bei Aktien müssten Anleger allerdings dazu bereit sein, Schwankungen auszuhalten, so Morgenstern. „Wer beispielsweise mit 35 Jahren anfängt, in Aktien zu investieren, hat mit einem Anlagezeitraum von 30 Jahren genügend Zeit, um trotz Börsenschwankungen über die gesamte Laufzeit eine positive Verzinsung zu erzielen“, erklärt er. Jemand, der mit Mitte 50 etwas zurücklegen möchte, sollte allerdings nicht nur auf Aktien, sondern auch auf andere weniger stark schwankende Produkte setzen, rät Morgenstern.
Umschichtung von Kapital
Gerade in der Endphase der Erwerbstätigkeit sollten Anleger bei Aktieninvestments darauf achten, ihr Kapital schrittweise in Richtung festverzinslicher Anlageformen wie Rentenfonds umzuschichten, um kurz vor Rentenbeginn keine bösen Überraschungen zu erleben. Modelle, die diese Absicherung umsetzen, würden von mehreren Fondsgesellschaften angeboten, könnten aber auch in Eigenregie so gestaltet werden, meint Klaus Morgenstern. Der ideale Zeitpunkt für die Umschichtung des Kapitals sei knapp zehn Jahre vor Rentenbeginn, so Michael Beumer. Außerdem sollten Selbstständige sich auch zu diesem Zeitpunkt über ihre übrigen Ansprüche aus Rentenversicherungen oder Ähnlichem informieren, um die Rente besser planen zu können, ergänzt er. Immobilien sind auch möglich als Teil der Altersvorsorge. Generell gehe jeder Immobilieninvestor allerdings ein großes Klumpenrisiko ein, sagt Altersvorsorge-Spezialist Morgenstern. „Gerade eine selbst genutzte Immobilie liefert keine Liquidität, sondern gebundenes Kapital. Maximal sparen Immobilienbesitzer damit die Miete und mögliche Mietsteigerungen, aber nicht die Nebenkosten, so Morgenstern. Bei einer vermieteten Immobilie ist das Kapital zwar auch gebunden. Aber es fließen zumindest durch die Mieteinnahmen auch Erträge zu. Eine selbst genutzte Immobilie in Kombination mit einer Rente aus einer klassischen Rentenversicherung oder einem Fonds sei aber eine sehr gute Kombination, meint Morgenstern.
„Wer zurzeit auf der Suche nach einer wirklich risikolosen Anlageform ist, für den ist die freiwillige Rentenversicherung das Richtige. Allerdings würde Morgenstern diese Alternative wegen der Kosten niemandem empfehlen. Die Frage, ob sie freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen, müssen sich Selbständige im kommenden Jahr wohl auch nicht mehr stellen. Kürzlich hat sich die CDU/CSU-Fraktion auf eine Versicherungspflicht für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung geeinigt, wie u.a. die „Tagesschau“ berichtete. Sollte dieser Vorschlag zum Gesetz werden, bleibt Selbstständigen also nur noch die Entscheidung, wie der Rest der Altersvorsorge am besten aussehen sollte.
Barbara Bocks | redaktion@regiomanager.de
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