1 ALLES HÄNGT ZUSAMMEN
Vor einer IT-Ausschreibung kommt man nicht umhin, quasi Inventur im eigenen Unternehmen zu machen. Auch nicht IT-affine Chefs müssen in Grundzügen wissen, welche IT-Infrastruktur vorhanden ist. Kabelnetze, Server, Rechner, Drucker, diverse Programme, Betriebs-, Workflow- oder Kollaborationssysteme – was ist alles im Einsatz? In der Regel ist die IT-Infrastruktur historisch gewachsen. Wohl dem, der alles gut dokumentiert oder IT-Profis mit Elefantengehirn im Team hat. Eine schriftliche Ist-Aufnahme ist hilfreich für alle Fälle – ob bei Störungen, Systemerweiterungen oder Neuanschaffungen. Tipp: Neben dem technischen Wissen der IT-Abteilung, ist juristisches Know-how auch sehr hilfreich für eine erfolgreiche Vergabe von IT-Leistungen. Gerade bei Großaufträgen empfiehlt es sich, Unterlagen und Verträge von Fachleuten prüfen zu lassen.
2 WAS WILL ICH? WAS BENÖTIGE ICH DAZU?
Bevor man mit einer IT-Ausschreibung an den Markt geht, sollte klar sein, welcher konkrete Bedarf gedeckt werden soll. Wollen Sie Hardware leasen? Oder sollen neue Rechner und Drucker angeschafft und ins Firmennetzwerk eingebunden werden? Soll der Anbieter künftig auch Service bieten wie Kartuschen wechseln und Sicherungskopien machen? Oder geht es darum, in die IT-Sicherheit zu investieren? Wollen Sie Daten in eine Cloud auslagern? Bei der IT-Beschaffung spielen auch interdisziplinäre Fragen- und Aufgabenstellungen eine Rolle. Neben der IT-Abteilung, die die Anforderungen am besten kennt, sollten auch Anwender aus anderen betroffenen Abteilungen mit in die Planungen einbezogen werden. Tipp: Je konkreter die Auftragsbeschreibung, desto leichter und schneller kann der passende Anbieter herausgefiltert werden.
3 CLOUD ODER EIGENEN SERVER NUTZEN?
Cloud Computing wird derzeit als Maß aller Dinge propagiert. Unternehmen und Kunden wird suggeriert, dass man unbedingt „in die Cloud gehen soll“. Alles andere sei nicht mehr auf der Höhe der Zeit. In der Tat ist Cloud Computing sehr praktisch. Mit der Technologie kann man Kosten für Speicher- und Rechnerkapazitäten einsparen und vor allem, können Daten weltweit abgerufen werden. Das funktioniert aber nur, weil die Daten an einen Plattform-Betreiber ausgelagert werden. Das kann ein Sicherheitsrisiko bergen. Deswegen rät das NRW-Innenministerium, dass nur Daten in einer Cloud abgelegt werden, die nicht vertraulich sind oder ohnehin in die Öffentlichkeit gelangen (z.B. Marketing-Präsentationen). „Sensible Unternehmensdaten gehören nicht in eine Cloud. Sie müssen unter besonderen Schutzvorkehrungen im Unternehmen verbleiben.“ Tipp: Neben dem Sicherheitsaspekt, sollte auch betriebswirtschaftlich kalkuliert werden, ob eine Cloud-Lösung für den eigenen Betrieb Sinn macht.
4 DEN MARKT ERKUNDEN
Bei jeder Ausschreibung gilt: Man sollte den Markt beobachten bzw. erkunden. Wer hat was zu bieten? Sind neue Marktteilnehmer (z.B. Start-ups) hinzugekommen? Im IT-Sektor ist die technische Entwicklung rasant, deswegen sind regelmäßige Markterkundungen auch bei bestehenden Verträgen sinn- und zweckmäßig. Eine Vorratshaltung ist mit Vorsicht zu genießen, denn IT-Produkte können schnell an Wert verlieren. Andererseits sind manche Güter oder Dienstleistungen sehr knapp, hier lohnen sich langlaufende Verträge (z.B. Server-Kapazitäten). Es gibt viele Wege zur Markterkundung, z.B. auf Messen, direkte Anfragen bei Unternehmen, Fachforen, Auskunft von Verbänden oder Auftragsberatungsstellen, Internetrecherchen, Lieferantenworkshops mit einzelnen Lieferanten zu ausgewählten IT-Themen oder Lieferantentage mit mehreren Lieferanten zu speziellen IT-Themen. Tipp: Der Kostenfaktor spielt immer eine Rolle. Bei der Ausschreibung von IT-Leistungen sollte man nicht nur die Lieferleistungen, sondern auch die Begleit- oder Folgekosten (Schulung, Support, Wartung) erfragen und einkalkulieren.
5 GREEN-IT IST NACHHALTIGER
Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Energieeffizienz – auch im IT-Sektor steigt das ökologische Bewusstsein. Green-IT ist mehr als ein Marketing-Gag. Es kann sich auch rechnen. Warum nicht Second-Hand-Computer kaufen? Generalüberholte Computer mit aktueller Software sind im Prinzip nichts anderes als Jahreswagen. Generell empfiehlt es sich, bei der Anschaffung von PCs, Monitoren, Druckern etc. auf Energieeffizienz zu achten und anhand von Testgeräten zu prüfen, ob die Qualität auch stimmt. Tipp: Selbst Unternehmen mit eigener IT-Abteilung brauchen im Ausschreibungsverfahren oft Unterstützung von Dienstleistern. Der Haken ist, dass man für die Auswahl eines Ausschreibungsexperten auch Zeit und Geld einkalkulieren muss. Aber dafür sollte man Arbeit abgenommen bekommen und die Ausschreibung sollte sauber ablaufen.
6 AUSSCHREIBUNGSUNTERLAGEN
Nach so viel gründlicher Vorarbeit, können die Ausschreibungsunterlagen erstellt werden. Die Leistungsbeschreibung ist das Herzstück. Sie legt den Inhalt und Umfang des ausgeschriebenen Auftrages fest. Der Gegenstand der Beschaffung sollte detailliert und strukturiert nach Leistungsteilen (Lieferleistungen, Dienstleistungen etc.) beschrieben werden. Detailinformationen zum Anwendungs- und Einsatzbereich gehören ebenfalls in die Ausschreibung. Es geht z.B. um Zeitplanungen, technische, organisatorische und räumliche Rahmenbedingungen, damit ein Bieter direkt erkennt, welchen Bedarf Ihr Unternehmen hat. Bei IT-Ausschreibungen ist es andererseits auch üblich, einen Kriterienkatalog mitzusenden, anhand dessen sich später auswerten lässt, ob der Bewerber/Bieter für die ausgeschriebene Leistung geeignet ist. Denken Sie auch daran, Abgabefristen zu erwähnen und Angaben zur Preisgestaltung (Mengen/Volumen oder Pauschalpreis). Tipp: IT-Ausschreibungen kann man über Auftragsbörsen platzieren. Für Auftraggeber ist das kostenlos. Man könnte sich im Vorfeld auch andere Angebote anschauen und prüfen, ob die eigenen Unterlagen vollständig sind.
7 PRÜFUNG UND WERTUNG DER ANGEBOTE
Wie bei jeder Ausschreibung ist die Erstellung einer Bewertungsmatrix sinnvoll. Wie Sie die einzelnen Kriterien gewichten, müssen Sie sich im Vorfeld überlegen. Falls vorhanden, sollte die IT-Abteilung natürlich wieder eingebunden werden. Auch die potenziellen Nutzer können in den Auswahlprozess einbezogen werden. Falls die Angebote von mehreren Bietern eng beieinander liegen (sowohl bei Leistung als auch Preis), sollten mit den Bietern einzelne Gespräche geführt werden. Falls sich danach immer noch kein eindeutiger Favorit herauskristallisiert hat, lohnen sich vielleicht Nachfragen bei Referenzkunden. Tipp: Der Preis sollte nicht das wichtigste Entscheidungskriterium sein. Wichtiger ist es, darauf zu achten, ob das angebotene Produkt kompatibel ist mit den vorhandenen Systemen.
8 KILLER-KRITERIEN
Sollte ein Anbieter kein anerkanntes Sicherheitszertifikat nachweisen können, dürfte er aus dem Rennen sein. Weitere Killer-Kriterien wären wahrscheinlich, wenn der Bieter außerhalb Europas sitzt und die Daten nicht im EU-Raum liegen. Zeitverschiebungen und Sprachbarrieren sind auch zu bedenken, ebenso schlechte Bonität oder Zweifel an der Leistungsfähigkeit/Personalstärke.
9 VERTRAGLICH FESTLEGEN
Bei öffentlichen Vergabeverfahren müssen alle Vertragsfragen schon in den Vergabeunterlagen geklärt sein, da die Zuschlagserteilung direkt den Abschluss des Vertrages nach sich zieht. In der Privatwirtschaft legt man sich erst zum Schluss fest – wobei die Inhalte der Leistungsbeschreibung wieder das Kernstück sind. Wichtig sind noch Dinge wie Gewährleistung, Modalitäten bei Nicht-Vertragserfüllung oder bei typischen IT-Problemen wie Systemabstürzen und Verfügbarkeit der Service-Fachkräfte. Tipp: Gehört das Produkt mir? Bisher war es üblich, Software zu kaufen. Heute werden monatliche Nutzungsgebühren als günstige Alternative beworben. Prüfen Sie unbedingt, ob sich die „wenigen Euros“ pro Monat im Laufe der Jahre wirklich rechnen. Je nach Anzahl der Lizenzen und Nutzer kann eine stolze Summe zusammenkommen – und das für die nächsten Jahrzehnte.
10 CHANCE OF CONTROL
Mit Vertragsabschluss muss auch festgelegt werden, ab wann der neue Dienstleister seine Leistungen komplett erbringt. Ab dann ist er in der Verantwortung. Regelmäßige Providergespräche erleichtern aber die Zusammenarbeit und senken die Fehlerrate.
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