Vom Kfz-Ersatzteil über Zahnersatz bis hin zum voll funktionsfähigen Haus: Mithilfe von additiven Fertigungsverfahren lassen sich die verschiedensten Gegenstände schnell und unkompliziert herstellen. Aus diesem Grund rückt die innovative Technologie zunehmend in den Fokus mittelständischer Unternehmen. Additive Fertigung heißt, dass auf der Basis von digitalen 3D-Konstruktionsdaten durch das Ablagern von Material schichtweise ein Bauteil aufgebaut wird – kurz gesagt: Es wird dreidimensional gedruckt. Experten sind sich einig, dass der 3D-Druck konventionelle Fertigungsverfahren in naher Zukunft ergänzen oder erweitern und die Produktionsabläufe in zahlreichen Branchen revolutionieren wird. Mit dem Ziel, den 3D-Druck in ihrem Studienangebot zu integrieren und Unternehmen in der Region auf die vielfältigen Möglichkeiten des Verfahrens aufmerksam zu machen, haben die drei Hochschulen Rhein-Waal, Ruhr West und RWTH Aachen sogenannte FabLabs realisiert. Dabei handelt es sich um offene Hightech-Werkstätten, die ihren Ursprung am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge haben. Sie ermöglichen Studenten, Schülern, Bürgern und Unternehmen in der Region den Zugang zu modernen Technologien der digitalen Fabrikation. Im größten nordrhein-westfälischen FabLab an der Hochschule Rhein-Waal finden Besucher u. a. verschiedene 3D-Drucker, 3D-Scanner, Grafiktablets, eine CNC-Fräse, Lasercutter, Styroporcutter, Rollenplotter, Proxxon-Micromaschinen und Temperöfen, aber auch konventionelle Maschinen zur Holz-, Metall- und Kunststoffverarbeitung. Gemeinsam mit der wir4-Wirtschaftsförderung, der IHK Niederrhein, der EntwicklungsAgentur Wirtschaft Kreis Wesel (EAW) und der Regionalagentur Niederrhein bietet die Hochschule zudem eine Reihe von unterschiedlichen Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen in Form von Seminaren, Konferenzen, Events, Werkstattführungen, Wettbewerben und Schulungen für die regionale Wirtschaft rund um das Thema 3D-Druck an.
Knotenpunkt eröffnet
Mit der Eröffnung des 3D-Kompetenzzentrums Niederrhein im Februar ist es nun gelungen, einen Knotenpunkt für alle bereits in der Region vorhandenen Initiativen zu schaffen, der die Produktionsmöglichkeiten der
FabLabs nutzt, um Bildungsangebote für Handwerk und Industrie zu schaffen. „Ziel ist es, den Innovations-, Wissens- und Technologietransfer zwischen Forschung und Wirtschaft weiter voranzutreiben“, sagt Dr. Martin Kreymann, Leiter des 3D-Kompetenzzentrums. „Einerseits möchten wir die Möglichkeiten der digitalen Fertigung durch die FabLabs in möglichst vielen Studiengängen, in Lehrplänen der allgemeinbildenden Schulen und nach Möglichkeit auch in der beruflichen Bildung verankern; andererseits wollen wir als Beratungsstelle für Unternehmen fungieren und diesen Betrieben Informations- und Weiterbildungsangebote bieten. Additive Fertigungsverfahren sollen so in das Bewusstsein von Konstrukteuren und Produktionsplanern rücken.“ Die Landesregierung und die EU fördern das Kooperationsprojekt der Hochschule Rhein-Waal und der Partnerhochschule Ruhr West sowie der RWTH Aachen mit 3,3 Millionen Euro. Damit ist es das größte Projekt im Rahmen des Aufrufs Regio.NRW. Rund 150 geladene Gäste machten sich bei der offiziellen Eröffnungsveranstaltung im Februar in Kamp-Lintfort ein Bild vom Konzept der neuen Einrichtung, darunter auch Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin, der in seinem Grußwort das praxisnahe Ausbildungskonzept der FabLabs lobte. Besonders großer Wert wurde bei der Entwicklung des 3D-Kompetenzzentrums auf ein standortübergreifendes Konzept gelegt, das den regen Austausch der Beteiligten sicherstellt und die Zusammenarbeit über Standorte hinweg festigt.
Gewinn für Unternehmen
Ein wichtiges Ziel des Projekts konnte übrigens bereits in die Tat umgesetzt werden: Seit Januar findet im FabLab Kamp-Lintfort erstmals die sogenannte Fab Academy statt. Das fünfmonatige Ausbildungsprogramm, das ebenfalls am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA entwickelt wurde, beinhaltet die Vermittlung aller zentralen Fertigkeiten, die man für die Herstellung eigener Prototypen benötigt. Doch auch an die jüngeren Tüftler wird gedacht: Denn das FabLab ist ein wichtiges Projekt der Initiative „zdi Zukunft durch Innovation“. Das zdi-Zentrum führt Kinder ab dem Kindergartenalter und Jugendliche an die sogenannten MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) heran und will Begeisterung dafür wecken. Die Gründung des zdi an der Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort erfolgte 2010 auf Initiative der wir4 Wirtschaftsförderung AöR. Die wir4 hat u. a. zum Ziel, Wirtschaft und Wissenschaft in der wir4-Wirtschaftsregion (Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg) zu vernetzen. Die neu geschaffene Position der Innovations- und Netzwerkmanagerin bei der wir4 wird zukünftig eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und der Hochschule Rhein-Waal ermöglichen, um z. B. auch Hilfestellung bei speziellen, etwa technologischen, Fragestellungen anbieten zu können. Denn unter den in der wir4-Region ansässigen vornehmlich kleinen und mittelständischen Unternehmen befinden sich viele spezialisierte und hochtechnologische Firmen, die im Zeitalter der Digitalisierung und „Industrie und Wirtschaft 4.0“ vor enormen Herausforderungen stehen. Die Nähe zur Hochschule mit den entsprechenden Angeboten ist hier von entscheidender Bedeutung. Unternehmen können beispielsweise ihre innovativen Ideen im FabLab realisieren oder bei Machbarkeitsstudien und Projekten auf Unterstützung durch die Hochschule zählen. Die Aktivitäten der wir4 rund um das Thema Hochschule umfassen außerdem die Organisation der Ausbildungsmesse connect-me, die Organsiation von Fachtagungen und Veranstaltungen, die Geschäftsführung des Fördervereins Campus Camp-Lintfort, Studentenprojekte und vieles mehr. Zudem werden technologische Trends und Themen informativ, aber auch praxisnah in die Unternehmen transportiert.
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