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Die Zukunft des deutschen Mittelstandes: Er läuft und läuft und … läuft?

Noch ist der Mittelstand der Motor der deutschen Wirtschaft. Doch Fachkräftemangel und Digitalisierung bereiten so manchem Unternehmer echte Sorgen.

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von Regiomanager 11.04.2019
Foto: ©moofushi– stock.adobe.com

„Mittelständische Unternehmen erwirtschaften mehr als die Hälfte der Wertschöpfung, stellen fast 60 Prozent aller Arbeitsplätze und sogar rund 82 Prozent der betrieblichen Ausbildungsplätze bereit“, schreibt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Grußwort unseres Magazins. Dabei verbucht der Mittelstand über 40 Prozent aller steuerpflichtigen Umsätze und muss sich wie die Global Player in Zukunft in einer globalisierten Welt mit vielfältigen Herausforderungen dem demographischen Wandel und der Digitalisierung stellen. Letztere wird dabei von Experten, Unternehmen und Verbänden branchenübergreifend als wichtigste Herausforderung wahrgenommen.

2017 konnte jeder dritte mittelständische Ausbildungsbetrieb seine Lehrstellen nicht besetzen

Der Anstieg der Erwerbstätigkeit in Deutschland scheint gegenwärtig kein Ende zu kennen. Sowohl gesamtwirtschaftlich als auch in den mittelständischen Unternehmen steigen die Beschäftigtenzahlen seit nunmehr elf Jahren in Folge. Zu diesem Ergebnis kommt der Mittelstandspanel 2018 der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). So hat der Mittelstand im Jahr 2017 gut 31,3 Millionen Bürgern einen Job geboten. Das ist ein Zuwachs von 418.000 Erwerbstätigen gegenüber 2016. Der Mittelstand stellt damit über 70 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland. Doch wie lange dieses Hoch in Zukunft noch hält, ist fraglich. Schon heute sieht man in einzelnen Branchen, dass der Fachkräftemangel den Mittelstand belastet. So hat eine Umfrage des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) ergeben, dass der Fachkräftemangel im für die Elektroindustrie besonders wichtigen MINT-Bereich weiter hoch ist. Zudem fehlt es nach wie vor an weiblichen MINT-Kräften. So gut wie alle Branchenunternehmen haben derzeit Schwierigkeiten, ihren Bedarf an Mitarbeitern aus dem MINT-Bereich über den deutschen Arbeitsmarkt zu decken. Bei jeder dritten akademischen MINT-Stelle dauert es bis zu einem halben Jahr, bis sie neu besetzt werden kann. Und diese Situation wird sich in Zukunft noch zuspitzen. Denn folgt man einer Studie des Trendforschungsinstituts 2b Ahead in Kooperation mit Siemens, so wird sich die deutsche Wirtschaft zukünftig mit zwei entscheidenden Faktoren auseinandersetzen müssen. Zum einen gilt es, den Umgang mit den sogenannten Digital Natives zu meistern, und zum anderen, dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
So werden die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- bis 1960er-Jahre alsbald das Ruhestandsalter erreichen. Bedingt dadurch, dass die darauffolgenden Jahrgänge eher geburtenschwach ausfielen, wird dies eine Lücke von mehreren Millionen Arbeitskräften hervorrufen. Der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter soll bis 2030 um vier Millionen auf 46 Millionen sinken. „Dabei werden die KMU in strukturschwachen Regionen vom Rückgang des Fachkräfteangebots deutlich stärker betroffen sein als Unternehmen in wachstumsstarken Regionen“, erläutert Volkswirtin Marina Hoffmann vom Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM). Eine Entwicklung, die man besonders gut an den unbesetzten Lehrstellen verfolgen kann. Waren es 2009 noch an die 17.500 unbesetzte Stellen, so verdoppelte sich diese Zahl bis 2012 auf knapp 35.000 und stieg weiter auf über 43.000 im Jahr 2016. 2017 konnte jeder dritte mittelständische Ausbildungsbetrieb seine Lehrstellen nicht besetzen.

Mangel an Auszubildenden und Fachkräften beunruhigt Unternehmen

Der Mangel an Auszubildenden alarmiert den Mittelstand. Er habe weit mehr Ursachen als den Geburtenrückgang und verlange zudem nach nationalen Lösungen, mahnt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). So sieht dieser neben der demographischen Entwicklung eine weitere Ursache im politisch beförderten Akademisierungs-Credo: Jahrelang wurde vor allem das Studium gefordert und gefördert. Darunter hat die gesellschaftliche Anerkennung für berufliche Ausbildung und Tätigkeit im Handwerk gelitten. Der ZDH fordert daher nicht weniger als eine Bildungswende, zumal jedes Jahr etwa ein Drittel der Studierenden das Studium abbricht. Deutschland braucht wieder ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Auszubildenden und Studenten, so der ZDH. Voraussetzung dafür ist ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel. Das bedeutet mehr gesellschaftliche Anerkennung für die berufliche Ausbildung und die Tätigkeit als qualifizierte Fachkraft. Wir müssen wieder ein Bewusstsein dafür schaffen, dass das Handwerk vielfältige Karrieremöglichkeiten und attraktive finanzielle Perspektiven bietet: Denn Tatsache ist, dass die Einkommen von Handwerksmeistern im Verlauf eines Berufslebens gleichauf mit denen von Bachelor-Absolventen liegen.
Ähnlich sieht das auch Mittelstandsexperte Dr. Marc Evers vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Die Probleme bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräften sind für viele Unternehmen groß“, sagt Evers. Einer aktuellen DIHK-Konjunktur-Umfrage zufolge sind 61 Prozent der Unternehmen der Meinung, dass der Fachkräftemangel für sie ein Geschäftsrisiko darstellt. Besonders betroffen sind das Baugewerbe, die Verkehrswirtschaft sowie Gesundheit und Pflege. Die Unternehmen stellen sich dieser Herausforderung. „Sie bilden junge Fachkräfte aus, sie bilden sie weiter, sie bilden sie zum Aufstieg fort. Sie bieten leistungsstarken Jugendlichen Zusatzangebote wie Auslandsaufenthalte oder Zusatzqualifikationen. Und sie bieten leistungsschwächeren Jugendlichen Ausbildungschancen und unterstützen sie ganz konkret in der Ausbildung, etwa durch Nachhilfe oder Mentoring-Programme“, so Evers weiter. Insgesamt investiert die deutsche Wirtschaft jedes Jahr rund 23 Milliarden Euro in die Ausbildung ihrer künftigen Fachkräfte. „Das finanzielle wie persönliche Engagement ist beachtlich. Die berufliche Bildung ist eine interessante und chancenreiche Alternative zum Studium. Das kann man in der öffentlichen Diskussion nicht oft genug betonen.“

„Migration ist ein zentraler Schlüssel zu einer gelingenden Zukunft“

Eine mögliche Lösung für den Fachkräftemangel bietet auch eine aktuelle Bertelsmann-Studie aus dem Februar 2019. Sie sieht bis 2060 einen jährlichen Einwanderungsbedarf von mindestens 260.000 Menschen. Nur so lasse sich der demographisch bedingte Rückgang auf ein für die Wirtschaft verträgliches Maß begrenzen. Es sei zu erwarten, dass im Jahresdurchschnitt rund 114.000 Zuwanderer aus anderen EU-Staaten kommen werden, demnach aber rund 146.000 Personen aus Drittstaaten außerhalb der EU einwandern müssten. Zu diesen Ergebnissen kommen Johann Fuchs und Alexander Kubis vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Lutz Schneider von der Hochschule Coburg im Auftrag der Stiftung. „Migration ist ein zentraler Schlüssel zu einer gelingenden Zukunft. Deutschland braucht Fachkräfte – auch aus Regionen außerhalb Europas“, hebt Dr. Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, hervor.
Einen anderen, eher technologiegetragenen Ansatz, bietet die Deutsche Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse. „Die Nutzung von Forschungsergebnissen zur Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen ist ein wichtiger Hebel, um den Bedarf an Fachkräften im Mittelstand auch künftig zu decken“, erklärt Sprecher Alexander Knebel. „Denn eine zunehmende Automatisierung von Prozessen kann dazu beitragen, Ressourcen einzusparen und das dringend notwendige Fachpersonal an anderer Stelle einzusetzen.“ Ein gutes Beispiel dazu findet sich im niedersächsischen Hameln. Hier hat ein Projekt der Schubs GmbH in Kooperation mit dem Institut für Integrierte Produktion gGmbH Arbeitsplätze für Menschen geschaffen, die es normalerweise schwer haben, im Berufsleben Fuß zu fassen. Dabei montieren Menschen mit Behinderung Schaltschränke. Ein digitaler Assistent leitet sie an und projiziert jedes Bauteil dorthin, wo es festgeschraubt werden muss.
„Der zunehmende Fachkräftemangel und die personalpolitischen Folgen des demographischen Wandels sind den Unternehmen durchaus bewusst“, fasst Hoffmann vom IfM zusammen. „Daher haben sie in den vergangenen zehn Jahren ihre Anstrengungen zur Fachkräftesicherung erhöht“, wie eine kürzlich erstellte Vergleichsstudie für kleine und mittlere Unternehmen belegt. So haben unternehmensinterne Aktivitäten zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft den Erhalt der Qualifikation ebenso wie den Erhalt der körperlichen Arbeitsfähigkeit. „Beispielsweise bietet jedes dritte Unternehmen unter den KMU inzwischen Qualifizierungsmaßnahmen für ältere Mitarbeiter an“, weiß Hoffman. „Das sind mehr als doppelt so viele wie 2007.“

„In Deutschland steht die Angst vor dem Digitalen an vorderster Stelle“

Bleibt noch der Kampf um die Fachkräfte. Experten des Trendforschungsinstituts 2b Ahead sehen hier insbesondere in den sogenannten Digital Natives, also jenen Mitarbeitern ab Jahrgang 1990, einen Schlüssel für den Mittelstand. Diese Geburtenjahrgänge sind mit Smartphones, Social Media und Internet aufgewachsen. Sie nutzen globalisierte Märkte und völlig neue Mobilitätsoptionen wie Ryanair, Airbnb oder Uber. Diese Neuerungen haben zu grundsätzlich veränderten Informations- und Kommunikationsangeboten geführt. Entsprechend ergeben sich auch veränderte Anforderungen an das Personal im Mittelstand – vom Mitarbeiter bis zur Unternehmensführung, so die Experten von 2b Ahead. Mitarbeiterbindung in den 2020er-Jahren bedeutet, dass sich die Machtverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgrund des Mangels an Fachkräften diametral verändern werden. Zudem werden sich Unternehmen mit einer klaren digitalen Strategie oder solche, die sich in attraktiven Ballungsräumen oder Metropolen angesiedelt haben, langfristig gegenüber der konservativ geprägten Konkurrenz durchsetzen.
„Flache Hierarchien schaffen eine enge Bindung zum Unternehmen, und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird von Beginn an viel Verantwortung übertragen“, sagt Dr. Frank Brückner vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). „Das ist ein wesentlicher Aspekt für die Attraktivität des Maschinenbaus als Arbeitgeber, und diese guten Rahmenbedingungen gilt es weiter auszubauen und vor allem zu kommunizieren. Nur so können auch zukünftig genügend Nachwuchs und qualifizierte Fachkräfte gewonnen werden.“ Besonders wichtig sind dabei dauerhafte Kooperationen mit Schulen und Hochschulen in der Region und die Platzierung des Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber im Umfeld und im Netz. Glücklicherweise ist der mittelständisch geprägte Maschinenbau bekannt für seine Innovationskraft und Lösungskompetenz. Das macht die Unternehmen grundsätzlich für jüngere Managergenerationen und Nachfolger attraktiv.

Der Mittelstand muss sich sowohl für die bestehende Belegschaft als auch für neue Mitarbeiter als gleichermaßen attraktiv und besonders agil darstellen. Agilität heißt konkret flexiblere Arbeitszeitmodelle bei einer gleichzeitigen Abkehr von Kernarbeitszeiten, veränderte Arbeitsumgebungen mit Ruhezonen, zusätzliche Leistungen wie zum Beispiel betriebliche Entgeltgestaltung sowie eine gänzlich neue Orientierung der Arbeitsstelle an den Bedürfnissen von digitalisierten Mitarbeitern. Hier muss der Mittelstand auch seine Scheu vor gravierenden Veränderungen ablegen. „Man gewinnt den Eindruck, in Deutschland steht die Angst vor dem Digitalen an vorderster Stelle. Zudem bedarf es eines gesamtgesellschaftlichen Wandels zu mehr Mut und Unternehmergeist“, fordert Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft.

„Das Geschäft der Zukunft wird in nahezu allen Branchen digital sein“

Und damit kommen wir zur Digitalisierung. Diese ist in den verschiedenen Branchen ganz unterschiedlich ausgeprägt und spielt sowohl in der täglichen Arbeit als auch in Forschung und Entwicklung eine entscheidende Rolle. Viele, gerade kleinere und mittelständische Unternehmen verstehen unter „Digitalisierung“ allerdings immer noch ‚nur‘ die Digitalisierung von Geschäftsprozessen – also zum Beispiel die Einführung von digitalen Reisekostenabrechnungen oder die digitale Personalakte. „So wichtig und richtig solche Schritte der Digitalisierung auch sind, sie schöpfen die Potenziale nicht annähernd aus“, sagt
Dr. Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation beim Digitalverband Bitkom. „Das Geschäft der Zukunft wird in nahezu allen Branchen digital sein. Dabei geht es nicht nur darum, das bestehende Geschäft über digitale Kanäle wie etwa Online-Plattformen auszuweiten, sondern auch darum, völlig neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.“ So können zum Beispiel Logistikunternehmen, die bislang nur Waren von A nach B transportiert haben, durch den 3D-Druck zu Produzenten werden, die Ersatzteile nicht nur liefern, sondern auf dem Weg zum Kunden selbst herstellen.

Welche Möglichkeiten sich bei der intelligenten Nutzung von Technologien bieten, zeigt der Handel. „Der Handel entwickelt sich immer stärker in Richtung einer Technologiebranche“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland. „Chancen bieten dabei beispielsweise Anwendungen, die auf Augmented Reality oder Virtual Reality setzen.“ So können etwa Möbel in Originalgröße im heimischen Wohnzimmer platziert und auf die restliche Einrichtung abgestimmt oder die passende Paketgröße anhand der Platzierung des zu versendenden Artikels im virtuellen Paket bestimmt werden. „Verkaufs- und Promotion-Roboter wie ‚Paul‘ oder ‚Pepper‘ können das Einkaufserlebnis für die Kunden verbessern. Für viele Händler ist auch der vernetzte Besucher im Store ein Ziel“, so Genth weiter. „Bei der Einblendung personalisierter Angebote und erweiterter Produktinformationen überschlagen sich derzeit die Technologien.“ Die Anwendungsgebiete für künstliche Intelligenz im Handel reichen von Bedarfsprognosen zur Optimierung der Bestellmengen über Trendvorhersagen, nach denen sich Sortimente gestalten lassen, bis hin zu Lieferrouten, die Verkehrs- und Wetterdaten miteinbeziehen. Intelligente Einkaufshilfen ermöglichen ein komfortables Einkaufserlebnis, indem sie bei der Einkaufsplanung unterstützen und den Kaufprozess vereinfachen. Kundenmarketing und Verkauf werden immer individueller und immer genauer ausgesteuert. Denn die neuen technischen Möglichkeiten bieten die Chance, die Kunden noch besser als bisher kennenzulernen und so passgenaue Angebote zu machen.

Mit Start-ups die Wettbewerbsfähigkeit sichern

Aber auch Forschung und Entwicklung bieten vielfältige Möglichkeiten. Doch Vorsicht: „Mit eigener Forschung und Entwicklung sind immer erhebliche Risiken und Unsicherheiten verbunden, die eher von größeren Unternehmen getragen werden können“, erklärt Dr. Sebastian Nielen vom IfM. „Für kleinere Industrieunternehmen kann dagegen das Scheitern eines einzelnen Innovationsprojektes zur Existenzgefährdung des gesamten Unternehmens führen.“ Aus diesem Grund empfiehlt das IfM – wenn keine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung unterhalten wird –, Kooperationen mit Wirtschafts- und Wissenschaftspartnern einzugehen. Aber auch wenn mittelständische Industrieunternehmen mit innovativen Gründungen kooperieren, profitieren beide Seiten davon. „Im besten Fall erhalten die Gründungen branchenspezifisches Know-how sowie Zugang zu Ressourcen und einem großen Netzwerk“, so Nielen. Darüber hinaus könnten die mittelständischen Unternehmen „mit Hilfe modernster Technologien und dem Wissen von hochqualifizierten Fachkräften beispielsweise die Digitalisierung ihres eigenen Geschäftsmodells weiterentwickeln und dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern.“

Gerade die Zusammenarbeit mit Start-ups kann für den Mittelstand eine wichtige Unterstützung sein – allerdings sind viele Mittelständler hier noch zurückhaltend. Nach einer Bitkom-Umfrage geben unter den Mittelständlern mit 50 bis 499 Mitarbeitern zwei Drittel an, dass sie überhaupt nicht mit Start-ups zusammenarbeiten. Dagegen verzichten nur vier von zehn Unternehmen mit 500 oder mehr Beschäftigten auf eine solche Zusammenarbeit. „Gerade kleinere Unternehmen sollten den Versuch wagen, Kooperationen mit Start-ups einzugehen“, empfiehlt Dr. Christopher
Meinecke vom Bitkom. „Es gibt inzwischen fast überall in Deutschland entsprechende Orte und Gelegenheiten der Vernetzung und nicht zuletzt die Digital-Hub-Initiative
der Bundesregierung.“

„Nahezu jede Region hat ‚ihren Weltmeister‘ aus dem Mittelstand“

Bei allen Herausforderungen – der deutsche Mittelstand kann selbstbewusst nach vorne schauen. „Kein anderes Land beheimatet eine solche Kultur an Hidden Champions wie Deutschland“, sagt Dr. Marc Evers vom DIHK. „Nahezu jede Region hat ‚ihren Weltmeister‘ aus dem Mittelstand.“ Das Geschäftsmodell „Mittelstand“ zeichnet sich häufig aus durch konsequente Innovationsorientierung, Kundennähe und passgenauen After-Sales-Service. So schafften es hierzulande mehr als 1.000 Unternehmen, von denen sich viele unentbehrlich gemacht haben, in ihrer Marktnische ganz nach oben. Vor allem im B2B-Bereich haben wir zahlreiche Spitzenunternehmen. „In Deutschland finden sich rund 50 Prozent aller Weltmarktführer“, ergänzt Dr. Annette Icks vom IfM. „In den USA sind es nur 14 Prozent, in Japan nur acht Prozent und in Österreich sowie in der Schweiz nur vier Prozent.“ Bei diesen Weltmarktführern handelt es sich vorrangig um eigentümer- bzw. familiengeführte Unternehmen, fast immer im produzierenden Bereich, die bereits über mehrere Generationen existieren und nicht börsennotiert sind. „Für ausländische Unternehmen ist es in der Regel aktuell noch schwierig, die Produkte dieser Hidden Champions in der entsprechenden Qualität nachzubauen und mit dem entsprechenden Serviceangebot anzubieten“, so Icks. „Durch die Möglichkeiten, die die Digitalisierung technologisch mit sich bringt, kann sich dies unter Umständen ändern.“
Entscheidend ist, dass auch die Politik die Wirtschaft unterstützt und die erforderlichen Rahmenbedingungen schafft. „„Beispielsweise können Unternehmen Daten erst dann wirtschaftlich nutzen, wenn schnelle Internetverbindungen, einheitliche Datenstandards, kompetente Fachkräfte für die Datenauswertung, IT-Sicherheit und Rechtssicherheit vorhanden sind“, betont Evers. „Wichtig ist ein besseres Innovationsklima, das heißt: technologiefreundliche Regeln, weniger Bürokratie, mehr E-Government und eine belastbare digitale Infrastruktur aus Glasfaser- und 5G-Netzen.“ Denn nur Hand in Hand mit der Politik an Bord und der Gesellschaft im Rücken kann der deutsche Mittelstand seine Spitzenposition für die Zukunft sichern.

André Sarin | redaktion@deutschlandmanager.de

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Fotostrecke

Volkswirtin Marina Hoffmann beschäftigt sich als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IfM Bonn mit Fragen zur demographischen Entwicklung (Foto: IfM)

Dr. Annette Icks ist Projektleiterin am IfM Bonn und stellvertretende Vorsitzende der Offensive Mittelstand (Foto:IfM Bonn)

Dr. Sebastian Nielen beschäftigt sich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IfM Bonn u. a. mit dem Innovationsverhalten im Mittelstand (Foto:IfM Bonn)

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