Kolumne

Parallelwelten: Charisma – lässt sich das lernen?

Wie man mit Charisma im Arbeitsleben mehr erreicht, zeigt Simone Harland.

Avatar
von Regiomanager 02.04.2020
Foto: ©deagreez – stock.adobe.com

Charisma lässt Menschen aufblicken, wenn eine Person mit dem gewissen Etwas einen Raum betritt. Charisma lässt sie den Worten dieser Person andächtig lauschen, Charisma sorgt dafür, dass sie diese Person attraktiver finden, als sie im herkömmlichen Sinne ist. Häufig führt eine charismatische Ausstrahlung auch dazu, dass Menschen einer Person mehr Glauben schenken als einer anderen.
Charisma ist den wenigsten in die Wiege gelegt. Zwar spielen sicher auch die Kindheit und das Gefühl des Angenommenseins, des So-wie-man-ist-Richtigseins eine Rolle auf dem Weg zu einer charismatischen Ausstrahlung, doch lässt sie sich auch erarbeiten.
So gehört zu einer charismatischen Ausstrahlung, seinem Gegenüber das Gefühl zu geben, gerade jetzt die wichtigste Person zu sein. Menschen, die im Moment leben und zeigen, dass die andere Person ihre volle Aufmerksamkeit bekommt, wirken auf andere zwangsläufig charismatisch. Denn wenn Menschen sich wahrgenommen fühlen, finden sie ihr Gegenüber in der Regel nicht nur sympathisch, sondern sehen sich gespiegelt. Es fällt den meisten Personen in solchen Fällen sogar leichter, zu akzeptieren, dass das Gegenüber eine andere Meinung vertritt.
Für Vorgesetzte, die Charisma zeigen wollen, bedeutet das, sich insbesondere im Einzelgespräch ganz auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu konzentrieren, sich nicht durch die normalen „Störungen“ (Telefonanrufe oder Ähnliches) unterbrechen zu lassen und den Mitarbeitern durch eine offene Körperhaltung zu signalisieren, dass sie und ihr Anliegen wichtiger sind als das Tagesgeschäft. Präsent zu sein, lässt sich trainieren, z. B. durch Achtsamkeitsübungen. Wer sich etwa eine Minute lang auf ein Körperteil (etwa den Fuß) konzentriert und die ganze Wahrnehmung auf die Empfindungen dieses Körperteils richtet, bekommt ein Gespür dafür, im Moment zu leben. Anfangs ist das häufig schwierig, weil die Gedanken immer wieder abschweifen. Nach und nach wird es einfacher und genauso das Im-gerade-jetzt-Sein.
Zu den weiteren Anteilen von Charisma gehört eine warme und/oder machtvolle Ausstrahlung. Wärme anderen gegenüber erweckt beim Gegenüber in der Regel positive Gefühle und lässt eine Person schon aus diesem Grund charismatischer erscheinen. Wärme bedeutet, anderen mit Wohlwollen gegenüberzutreten, sie anzunehmen, wie sie sind, sie zu stärken, statt sie zu schwächen, ihnen Behaglichkeit zu vermitteln. Diese Wärme lässt sich ebenfalls trainieren – etwa, indem man sich den Menschen, mit dem man es gerade zu tun hat, mit Engelsflügeln vorstellt, ihm damit also nur Gutes unterstellt. Auch die kleinen, schönen Dinge des Lebens gezielt mit Dankbarkeit zu betrachten, ruft ein Gefühl der Wärme hervor, das auf andere Lebensbereiche ausstrahlt. Solche Visualisierungen und Achtsamkeitsübungen mögen sich bei den ersten Malen merkwürdig anfühlen, doch sie beeinflussen das Verhalten gegenüber anderen positiv. Auf Arbeitsgespräche angewendet, bewirkt das Gefühl von Wärme, dass selbst Kritik leichter angenommen wird. Denn die Kritisierten bekommen den Eindruck, dass es bei der Kritik nicht um einen persönlichen Angriff, sondern um konstruktive Veränderungen geht.
Macht auszustrahlen, fällt vielen Menschen schwer. Doch auch sie ist Teil des Charismas, insbesondere dann, wenn man andere von seinen Gedanken überzeugen möchte. Macht bedeutet nicht, andere einzuschüchtern oder gar zu unterdrücken, sondern zu zeigen, was man kann, und die eigenen Überzeugungen angemessen zu vertreten. Macht wird vor allem in Gesten und Körperhaltungen deutlich – durch eine raumgreifende Präsenz, etwa durch einen breiten, sicheren Stand und die sparsame Verwendung von Beschwichtigungsgesten (z. B. häufiges Nicken). Diese machtvollen Gesten lassen sich vor dem Spiegel einüben. Vor einem Vortrag hilft es zudem, sich in einem Nebenraum fünf Minuten lang breitbeinig hinzusetzen, die Arme auszubreiten und Raum einzunehmen. Beim nachfolgenden Auftritt empfinden sich die meisten Menschen allein durch diese „Vorarbeit“ als machtvoller und zeigen das auch in ihrer Körpersprache.
Sinnvoll ist es natürlich, alle Anteile von Charisma miteinander zu verbinden, denn eine machtvolle und präsente Ausstrahlung ohne Wärme wirkt eher einschüchternd – was im Mitarbeitergespräch unangenehm berührt. Und Wärme und Präsenz ohne einen Anteil von Macht zu zeigen, ist für Vorgesetzte auch eher kontraproduktiv. Wem es jedoch gelingt, sowohl im Moment zu sein als auch wohlwollend auf die Menschen zuzugehen und dabei noch eine gewisse Autorität auszustrahlen, kann gewiss sein, dass er bei den anderen als charismatisch ankommt.
Simone Harland | redaktion@regiomanager.de

Teilen:

Weitere Inhalte der Serie
Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*