Auf der Münchener Immobilienmesse EXPO REAL spielte das Ruhrgebiet in den letzten Jahren immer eine herausgehobene Rolle. Am größten Gemeinschaftsstand der Messe präsentierten sich noch im vergangenen Jahr die elf kreisfreien Städte und vier Kreise der Region mit immerhin 104 in ihrer Unterschiedlichkeit besonders attraktiven Flächen für Gewerbeansiedlungen in der Metropolregion an Rhein und Ruhr. Die Federführung der Präsentation lag wie gewohnt bei der Business Metropole Ruhr GmbH (BMR).
Doch in diesem Oktober ist das Revier an der Isar nicht vertreten, verkündete bereits im Juni der BMR-Geschäftsführer Rasmus C. Beck: „Die Metropole Ruhr präsentiert sich als aufstrebender Immobilienstandort traditionell mit einem der größten Stände auf der EXPO REAL in München. In diesem Jahr kann unsere Präsenz durch die Corona-Schutzbestimmungen leider nicht sinnvoll realisiert werden. Deshalb verzichten wir in Absprache mit allen beteiligten Kommunen schweren Herzens auf eine Teilnahme. Wir beabsichtigen, 2021 wieder im gewohnten Umfang teilzunehmen.“
Kurzfristiger Konzeptwechsel
Anderen Regionen geht es ähnlich. Die Pandemie würfelt seit Monaten die Pläne von Ausstellern und Veranstaltern auch in der Immobilienwirtschaft ordentlich durcheinander. Als ersten großen Player im Konzert der renommierten Gewerbeimmobilienmessen erwischte es die traditionsreiche MIPIM (gegründet 1990) in Cannes. Kurz vor Messebeginn – terminiert war ursprünglich der 10. bis 13. März – schlug der Corona-Lockdown zu. Als Veranstalter des nach eigenen Angaben „weltweit führenden Immobilienmarktes“ gab die Reed-Middem zunächst einen Ausweichtermin im Juni bekannt, der später auf den September verschoben wurde, um schließlich für 2020 komplett gecancelt zu werden. Als nächster MIPIM-Termin stehen nun die Tage vom 16. bis 19. März 2021 für ein Branchentreffen an der Côte d’Azur in den Kalendern.
Einen anderen Weg ging die „polis Convention“, Düsseldorfs „bundesweite Messe für Stadt- und Projektentwicklung“. Veranstalter Prof. Dr. Johannes Busmann und sein Team schwenkten kurzfristig um und verließen am 13. und 14. August 2020 die realen Hallen des AREAL BÖHLER für einen Versuch, die Messe komplett virtuell durchzuführen. Ein eigens programmiertes 3D-Modell transferierte nicht nur alle geplanten Messestände ins Digitale, sondern simulierte auch die Atmosphäre der Alten Schmiedehalle. Über eine kommunikative Schnittstelle konnten mehr als 2.000 angemeldete Teilnehmerinnen und Teilnehmer außerdem direkten Kontakt zueinander aufnehmen, und zwar wahlweise per Chat, Video-Call, E-Mail oder Telefon. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer pro User und Tag von rund fünf Stunden kann das Experiment wohl als sehr gelungener Versuch gesehen werden, das Unglück der drohenden Komplettabsage noch in einen innovativen Glücksfall zu verwandeln. Laut Messefazit zeige die erfolgreiche Premiere, „dass Digitalisierung als wertvolles Instrument genutzt werden kann, um Events […] auch weiterhin austragen zu können.“ Prof. Dr. Johannes Busmann: „Wir nehmen die digitale Messe längst nicht mehr als Ersatz wahr, sondern als völlig neue Qualität der Kommunikation. Das motiviert uns, im kommenden Jahr [geplant sind der 9. und 10. Juni 2021]die beiden unterschiedlichen Qualitäten der Begegnung und Informationsvermittlung parallel zu realisieren und zu integrieren.“
Hybrid-Summit ohne Wiesn
Hierbei spricht man dann wohl von einem „hybriden Messeformat“, das es in wenigen Wochen auch in München geben soll. Beim „EXPO REAL Hybrid Summit“ erwartet die Interessenten eine kombinierte Mischung aus Offline- und Online-Elementen. Das innovative Format stößt in der Branche auch hier auf großes Interesse. Insbesondere die „Smart Spaces“ genannten Präsentationsflächen, von denen bis Mitte August bereits 50 an Unternehmen verkauft wurden, kommen gut an, heißt es bei der Messe München GmbH: „Das Konzept basiert auf drei Säulen: Konferenzen, deren Inhalte sowohl vor Ort als auch digital per Livestream verfolgt werden können, einer begleitenden Ausstellung sowie Sonderschauen zu Themen wie Digitalisierung und Start-ups.“
Als Top-Speaker auf der Konferenzbühne werden der Soziologe Armin Nassehi, der Klimaforscher Mojib Latif sowie Wirtschaftswissenschaftler Prof. Gabriel Felbermayr angekündigt. Nur mit einem Programmhighlight wird die EXPO REAL am 14. und 15. Oktober 2020 nicht aufwarten können – mit einem abendlichen Besuch der „Münchner Wiesn“, denn das Oktoberfest – die Jahre zuvor immer ein touristischer Zusatzmagnet für einen Besuch der Immobilienmesse in der bayrischen Landeshauptstadt – wird es in diesem Jahr coronabedingt weder offline noch online geben.
Großes Investoren-Interesse
Die Business Metropole Ruhr GmbH bleibt indes bei ihrer Absage auch an eine hybride EXPO REAL und hat sich ihrerseits Gedanken zu einem Formatwechsel gemacht, frei nach dem Motto: „Wenn man die Entscheider nicht an der Isar treffen kann, dann holen wir sie halt an die Ruhr.“ Gemeinsam mit der Stony Real Estate GmbH luden die regionalen Wirtschaftsförderer im August interessierte Investoren ein, die aktuellen Hotspots für Immobilienprojekte im Revier live und ganz persönlich kennenzulernen. Dazu führte eine Bustour rund 70 Immobilien-Manager aus ganz Deutschland zu neun interessanten Standorten, wo sie sich vor Ort bei den jeweils Verantwortlichen aus den Kommunen persönlich über Rahmenbedingungen und Konditionen informieren konnten. Im Fokus standen dabei Areale für Wohnen und Logistik sowie für Gewerbe und Industrie. BMR-Geschäftsführer Rasmus C. Beck: „Das große Interesse der Investoren ist ein wichtiges Zeichen: Die Region kann schneller als andere aus der globalen Corona-Hängepartie kommen. Corona darf keine Ausrede sein. […] Das Ruhrgebiet darf nicht abwarten, es muss aufholen. Zusammen mit unseren Partnern in den Kommunen und in der Immobilienwirtschaft wollen wir vorwärts gehen.“ Emrich Welsing
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