Kolumne

Parallelwelten: Frauenquote 0

Unternehmensvorstände ohne Frauen – ein No-Go, meint Simone Harland.

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von Regiomanager 27.06.2019
Foto: © pathdoc – stock.adobe.com | Simone Harland

Börsennotierte Unternehmen sind seit 2015 verpflichtet, eine feste Zielgröße festzulegen, um den Anteil von Frauen im Unternehmensvorstand zu steigern. 2019 haben 53 dieser Unternehmen entschieden, dass sie den Frauenanteil um 0 Prozent steigern wollen. Bezeichnenderweise sind in vielen dieser Unternehmensvorstände Frauen auch bislang nicht vertreten.
Als Frau frage ich mich: Warum ist das so? Sind Frauen etwa nicht in der Lage, im Vorstand eines börsennotierten Unternehmens mitzuarbeiten? Und wenn ja, warum nicht? Glauben die bisherigen Vorstände vielleicht immer noch, dass Frauen nicht in der Lage sind, zu denken oder den Überblick zu bewahren? Haben sie vielleicht zu kleine Hände, um anzupacken? Sind sie zu wenig stressresistent oder lenkt ihre Anwesenheit die Männer in den Vorständen womöglich zu sehr ab, sodass Letztere nicht mehr richtig denken können? Gilt in Vorstandskreisen womöglich nach wie vor der Glaube, dass Frauen besser in der Küche aufgehoben sind als in der Unternehmensführung? Was genau ist der Grund?
Ja, ich weiß, ich kenne die „Argumente“: Die meisten Unternehmen würden ja einen Vorstandsposten mit einer Frau besetzen, wenn sie denn (wenigstens) eine qualifizierte Frau fänden. Doch diese Frauen seien ja so selten. Wenn ich mir jedoch anschaue, in welchem Alter die meisten männlichen Vorstände sind, wundere ich mich. Sie gehören häufig zu den geburtenstarken Jahrgängen aus den 1960ern. Bei so vielen Menschen dieser Altersgruppe wird doch wohl die eine oder andere Frau dabei sein, die alle Voraussetzungen für die Übernahme eines Vorstandspostens erfüllt.
Es ist eher so, dass die Unternehmen sich gar nicht die Mühe machen, nach einer qualifizierten Frau zu suchen. Warum denn auch? Die Vorstände sind doch gut besetzt. Mit Männern. In der Regel aus der jeweiligen Branche. Da braucht man doch nicht noch eine Frau, denn dafür müsste unter Umständen ja ein Mann gehen. Verlässt doch mal einer den Vorstand, warum sollte man eine Frau suchen, wenn der nächste qualifizierte Mann schon mit den Hufen scharrt, womöglich sogar schon in Vorstandskreisen eingeführt wurde? Man(n) wäre ja schön blöd, sich eine Frau ins Boot zu holen, denn dann wäre man(n) nicht mehr unter sich, müsste in Gesprächen womöglich vorsichtiger sein (siehe #MeToo!), könnte keine Herrenabende mehr verbringen, keine Herrenwitze mehr machen. Außerdem bringen Frauen viel zu viel Emotionalität mit. Entscheidungen aber müssen mit kühlem Kopf getroffen werden, nicht mit Gefühlen. Schon die seit 2015 gesetzlich geltende Frauenquote für die Aufsichtsräte u.a. in börsennotierten Unternehmen nervt, da ist es doch schön, wenn wenigstens der Vorstand frauenfrei bleiben kann.
Solche oder ähnliche Aussagen wird man von den Vorständen in der Öffentlichkeit natürlich nicht hören. Damit würde man nur einen Shitstorm hervorrufen und das Unternehmen ins schlechte Licht rücken. Doch es ist nach wie vor klar: In Männerkreisen stören Frauen. Jedenfalls, wenn man den Aussagen vieler Männer (und leider auch nicht weniger Frauen) zu Frauenquoten in den sozialen Medien glauben darf. Da herrscht nach wie vor der Glaube, dass Frauen durch eine solche Quote ein Vorteil verschafft werden soll, und gemutmaßt, nun würden weniger qualifizierte Frauen besser qualifizierten Männern den Job wegnehmen. Gut qualifizierte Frauen hingegen würden sich schon durchsetzen, auch ohne Frauenquote. Dass das schon seit Jahrzehnten nicht der Fall ist, wird dabei übersehen. Die sogenannte gläserne Decke ist nach wie vor vorhanden. Wenn Frauen auf der Karriereleiter nach oben gestiegen sind, können sie zwar durch diese Decke zu den Männern in höheren Positionen schauen, doch die Posten dort bleiben ihnen verwehrt – weil Männer eben schon immer lieber unter sich geblieben sind (und – wie man an der Zielgröße 0 erkennt – noch immer gern bleiben).
Schade eigentlich. Denn zahlreiche Studien haben ergeben, dass gemischte Teams die besseren Entscheidungen fällen. So verhalten sich Männer in reinen Männergruppen risikobereiter, Frauen allein sind hingegen zu vorsichtig, hat z.B. das Institut für Weltwirtschaft in Kiel festgestellt. Vielleicht würden die Unternehmen, deren Vorstände ausschließlich aus Männern bestehen und dies auch nicht ändern wollen, also doch davon profitieren, den Frauenanteil im Vorstand zu erhöhen. Und wenn nicht: Scheidet eine Frau aus einem Vorstand aus, steht der nächste qualifizierte Mann für diesen Posten ganz bestimmt schon bereit. Simone Harland
| redaktion@regiomanager.de

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