Management

Ganz neuer Mix

Anstelle von Bankkrediten nutzen immer mehr mittelständische Unternehmen moderne Finanzierungsmittel. Welche Instrumente derzeit an Bedeutung gewinnen.

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von Regiomanager 06.04.2021
Bunte Mischung: Lange Zeit haben mittelständische Firmenlenker in erster Linie auf den klassischen Unternehmenskredit gesetzt. Mittlerweile jedoch kommen für die Finanzierung auch ganz andere Instrumente infrage. (© Nikolay - stock.adobe.com)

Die Situation ist schon paradox: Kurz nach der Finanzkrise der Jahre 2008/2009 suchten viele mittelständische Unternehmen händeringend nach Krediten, bekamen aber kaum Fremdkapital. Heute, da die Europäische Zentralbank (EZB) Investitionen gezielt mit billigem Geld fördern möchte, verzichten viele Firmenlenker darauf. Ein Grund dafür, dass ein Gutteil der Liquidität, die Banken zur Verfügung stellen können, nicht abgerufen wird, sind sicherlich die Erfahrungen, die Unternehmer kurz nach der Finanzkrise gemacht haben. Damals erlebten sie zum Teil, dass nicht mal die vertraute Hausbank einen Kredit prolongierte – und diese Enttäuschung wirkte nach.
Als sich die Unternehmen von der Krise erholt hatten, machten sie sich intensiv Gedanken darüber, wie sie sich von der Kreditvergabe durch die Banken unabhängiger aufstellen könnten. Zudem warf Basel III seine Schatten voraus (siehe Kasten). Dies veranlasste Mittelständler zusätzlich dazu, alternative Finanzierungsformen in Erwägung zu ziehen.
Mehr als zehn Jahre später haben diese Überlegungen gefruchtet. Zwar ist der klassische Unternehmenskredit nicht passé. Doch Mittelständler leihen sich inzwischen auch untereinander Geld und bedienen sich einer Palette von modernen Finanzierungsinstrumenten. Das ist kaum erstaunlich, immerhin bringen auch der Generationenwechsel sowie die Auseinandersetzung mit der fortschreitenden Digitalisierung ein Umdenken in Sachen Finanzierung mit sich.

Cash-Pooling und eigene Banken

Ein Finanzierungsinstrument, das in den Jahren nach der Krise in Firmengruppen an Bedeutung gewann, ist das sogenannte Cash-Pooling. Dabei leihen sich verbundene Firmen untereinander Geld. Doch auch Unternehmer, die rechtlich unabhängig voneinander sind, stellen sich mittlerweile gegenseitig Fremdkapital zur Verfügung. Manche gründen sogar eigene Banken. So hob etwa das Einkaufsbüro Deutscher Eisenhändler GmbH (E/D/E) in Wuppertal bereits 2012 mit der ETRIS Bank sein eigenes Kreditinstitut aus der Taufe. Der Laser- und Werkzeugmaschinenbauer Trumpf GmbH + Co. KG im baden-württembergischen Ditzingen hat 2014 die Trumpf Financial Services GmbH gegründet, die u.a. die Absatzfinanzierung übernimmt.
Auch Schwarmfinanzierungen über Fintechs nehmen für Mittelständler an Bedeutung zu, wie der „Finanzierungsmonitor 2020“, eine gemeinsame Analyse der TU Darmstadt und der Funding-Plattform Creditshelf, zeigt. So ist 67 Prozent der 211 befragten Finanzentscheider aus mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit bekannt, Kredite im Schwarm aufzunehmen. 73 Prozent können sich vorstellen, Betriebsmittel über Fintechs zu finanzieren. Das Interessante an einer Finanzierung über eine digitale Plattform ist nach Einschätzung der Befragten vor allem die schnellere Kreditentscheidung (50 Prozent), die Unabhängigkeit von der Hausbank (jeweils 43 Prozent), eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis (41 Prozent) und eine Alternative zum Kontokorrentkredit (37 Prozent).

Crowdlending gewinnt an Bedeutung

Wenn man von Crowdfunding spricht, muss allerdings klar sein, dass dies eine Art Oberbegriff für unterschiedliche Geschäftsmodelle ist. Während bei der Finanzierung kultureller oder karitativer Projekte über Online-Plattformen meist Spenden eingesammelt oder die Anleger über Belohnungen wie Kinokarten oder CDs kompensiert werden, spielt für mittelständische Unternehmer das sogenannte Crowdlending eine Rolle. Dabei handelt es sich – wie der Name vermuten lässt – um eine Kreditvergabe gegen Zinsen.
Auch zwischen einzelnen Lending-Plattformen bestehen erhebliche Unterschiede. So finden sich auf einigen Portalen Privatanleger und Unternehmer zusammen, die gemeinsam Summen im eher vierstelligen Bereich bereitstellen. Bei anderen Fintechs hingegen hinterlegen mittlerweile auch institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen Kapital.
Neben Crowdsourcing und Crowdlending gibt es eine Reihe weiterer Spielarten, um ohne Banken Geld einzusammeln. So können etwa Genussrechte oder partiarische Nachrangdarlehen vergeben werden, die zu den sogenannten Mezzanine-Mitteln gehören. Werden diese Instrumente geschickt ausgestaltet, zählen sie in der Bilanz zum wirtschaftlichen Eigenkapital, die Finanzierungskosten können gleichzeitig steuerlich angerechnet werden.
Natürlich bekommen Unternehmer auch bei Banken oder den mittelständischen Beteiligungsgesellschaften Mezzanine-Kapital. In diesen Fällen liegen die Zinsen aber schnell bei sechs bis zwölf Prozent. Bei einer Finanzierung im Schwarm hingegen fallen zwischen 4,5 und sieben Prozent an. Da Mezzanine-Mittel zudem die Eigenkapitalquote und damit das Rating eines Unternehmens verbessern können, werden auch leichter zusätzliche Bankkredite möglich – ein Pluspunkt, wenn das gesamte Finanzierungsvolumen hoch ist.

Es geht auch mit Private Debt

Beläuft sich ein Investitionsbedarf auf Summen ab einer zweistelligen Millionenhöhe, bieten sich in jüngster Zeit auch Finanzierungen über Private-Debt-Fonds an. Diese spezialisierten Investmentfonds stellen im Unterschied zu Private-Equity-Häusern Fremdkapital zur Verfügung. Dafür erhalten sie regelmäßige Zahlungen in Form von Zins und Tilgung, jedoch keinerlei Rechte, ins operative Geschäft einzugreifen.
Kapitalgeber sind in der Regel institutionelle Investoren wie Fondsgesellschaften und Versicherungen oder auch finanzkräftige Family Offices auf der Suche nach guten Anlagezielen. Deutlichen Auftrieb hat den Fonds ab 2015 die Finanzaufsicht BaFin beschert, die ihnen die Kreditvergabe damals eindeutig erlaubt und sie damit aus einer rechtlichen Grauzone herausgeholt hat. Für Mittelständler, die wachsen wollen, sind die Vehikel willkommene neue Finanzierungspartner. Denn: Private-Debt-Fonds sind oft eher bereit, höhere Risiken zu übernehmen als Banken.
Manche Fonds stellen Fremdkapital allerdings nur bereit, wenn Kapital suchende Firmen ein Investmentgrade-Rating vorweisen können. Auch die Kosten für solche Finanzierungen, die zwischen zwei und fünf Jahren, im Infrastrukturmarkt zuweilen auch schon mal zehn Jahre laufen, sind mit bis zu zehn Prozent nicht gerade niedrig. Dafür verläuft der Kreditvergabeprozess oft deutlich schneller und unbürokratischer als bei Banken.
Andrea Martens | redaktion@regiomanager.de

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