Recht & Finanzen

Serie – Finanzierung, Teil 5: Private Equity: Neue Partnerschaft

Mittelständler schreckten vor Private-Equity-Gesellschaften lange Zeit zurück. Doch weil die privaten Eigenkapitalgeber ihre Geschäftsmodelle und Angebote verändert haben, scheint sich das nun zu ändern.

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von Regiomanager 01.06.2018
Foto: ©gustavofrazao – stock.adobe.com

Viele Jahre lang war es so wie mit den Königskindern, die nicht zusammenkommen konnten. „… das Wasser war viel zu tief“, heißt es in der alten Volksballade. Auch Private-Equity-Gesellschaften und deutsche Mittelständler trennte ein tiefer Graben. Auf der einen Seite stand der Wunsch der Firmenlenker, dauerhaft einen zuverlässigen Gesellschafter ins Unternehmen zu holen. Auf der anderen Seite das Ziel der Gewinnmaximierung und kurze Haltezeiten bei den Finanzinvestoren. Hier das Bestreben, Mehrheitsbeteiligungen einzugehen, dort die Angst vor Kontrollverlust. Dies sind nur einige Gründe, die einem erfolgreichen Zusammenwirken zwischen privaten Eigenkapitalgebern und vor allem inhabergeführten mittelständischen Unternehmen lange Zeit im Wege standen.

Doch inzwischen scheinen sich Finanzinvestoren und Firmenlenker anzunähern und die alten Gräben zu überwinden. Das ist gut so, denn Finanzierungen mit privatem Eigenkapital haben durchaus Vorzüge. Gerade für Unternehmen, die wachsen, expandieren oder neue Produkte entwickeln möchten, bietet Private Equity einen Zugang zu Kapital, der allein über übliche Bankkredite nicht möglich ist. Schließlich sind für Wachstums- oder Forschungs- und Entwicklungsprojekte oft sehr hohe Summen nötig, die zumindest ein Kreditinstitut allein nicht stemmen kann. Private-Equity-Häuser oder -Fonds hingegen erwerben Anteile am Unternehmen und werden Gesellschafter. Damit können der Firma deutlich höhere Beträge zufließen als bei einem Bankdarlehen. Schließlich ist es Verhandlungssache, wie viele Anteile veräußert werden und zu welchem Preis. Zudem bleibt die Eigenkapitalquote stabil, was wiederum zusätzliche Fremdkapitalspritzen ermöglicht.

Nicht bloß Kapitalgeber

Doch Private-Equity-Investoren sind oft mehr als reine Kapitalgeber. In der Regel haben die Gesellschaften Spezialisten, die sich in der Branche, in der das Unternehmen tätig ist, sehr gut auskennen. Außerdem verfügen sie meist über ein großes Netzwerk von weiteren Experten und ein breites Know-how. Diese Expertise der Häuser kann etwa dazu beitragen, die Unternehmensführung zu professionalisieren und Prozesse in der Organisation oder Produktion zu optimieren. Nicht selten erfährt ein Mittelständler so einen Wachstumsschub und eine Wertsteigerung. Genau dies ist auch gewollt, schließlich bleiben Private-Equity-Geber anders als strategische Investoren – etwa andere Unternehmen – nicht dauerhaft Gesellschafter. Nach einigen Jahren vollziehen sie den sogenannten Exit, verkaufen also ihre Anteile und möchten dann einen möglichst guten Preis erzielen.

Der Aspekt der Gewinnmaximierung war allerdings lange einer der Punkte, die mittelständische Unternehmer vor Private-Equity-Investoren zurückschrecken ließen. Um den Wert ihrer Firmenanteile bis zum Verkauf kräftig zu steigern, verlangten manche Gesellschaften und Fonds extreme Leistungen vom Unternehmen und setzten die Führungsetage massiv unter Druck. Zudem finanzierten sie ihren Einstieg in die Firma mit einem hohen Anteil an Fremdkapital. Die Schulden bürdeten sie der Firma auf und steigerten so ihre eigene Rendite beim Exit. Als „Financial Engineering“ wurde diese Strategie bezeichnet. Auch wollten die privaten Kapitalgeber bis zur Finanzkrise noch hauptsächlich Mehrheitsbeteiligungen, die mittelständische Firmenchefs aber nicht abgeben wollten.

In jüngster Zeit scheint sich die Kluft zwischen Private-Equity-Investoren und Mittelständlern jedoch zu schließen. Dies zeigt u.a. der „Private Equity Trend Report 2018“, für den die Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft PwC rund 250 europäische Beteiligungsmanager interviewt hat. Das Ergebnis: Europas Finanzinvestoren setzen immer stärker auf Kooperation. So sagten 66 Prozent der Befragten, sie würden heute viel häufiger als früher mit strategischen Investoren zusammenarbeiten. 68 Prozent der Beteiligungsmanager erklärten zudem, das gefürchtete Financial Engineering habe stark an Bedeutung verloren. Stattdessen sehen 44 Prozent die wichtigste Komponente ihres Geschäftsmodells darin, die Portfoliofirmen „im operativen Geschäft nach vorne zu bringen“.

Nicht auf Private Equity angewiesen

Allzu überraschend sind die Ergebnisse des PwC-Reports nicht. Viele mittelständische Unternehmen hatten sich in den Jahren 2009/2010 auf die viel beschworene Kreditklemme vorbereitet und ihre Finanzierungsstrukturen stabilisiert. Kredite sind bei guter Bonität seit Jahren günstig zu haben – und der deutsche Mittelstand zieht derzeit Investoren aus aller Welt an. Auf Private Equity sind die Unternehmen also nicht unbedingt angewiesen. Die Finanzinvestoren hingegen haben gut gefüllte Kassen und suchen nach geeigneten Anlagezielen, sogenannten Tagets. Den Unternehmen müssen sie heute also schon etwas bieten.

Deutlich überraschender ist es, dass inhabergeführte Mittelständler offenbar ihre Scheu vor den Private-Equity-Investoren verlieren. Zu diesem Resultat kommt die PwC-Umfrage „Private Equity in Familienunternehmen“. Der Analyse zufolge können sich inzwischen 83 Prozent der deutschen Familienunternehmer vorstellen, einen Finanzinvestor an ihrem Unternehmen zu beteiligen. Bei einer ähnlichen PwC-Umfrage vor sieben Jahren waren es gerade einmal 18 Prozent. Dazu passe das positive Gesamtbild, das viele Unternehmen mittlerweile von Private Equity haben, schreiben die PwC-Experten. So sind 72 Prozent der Ansicht, dass Finanzinvestoren, die Firmen, an denen sie sich beteiligen, „operativ verbessern“. 61 Prozent äußern die Überzeugung, dass Beteiligungsgesellschaften „den nachhaltigen Unternehmenserfolg zum Ziel haben“. Dass sich immer mehr Familienunternehmer intensiv mit Private Equity beschäftigen, sei auch daran zu erkennen, dass zwei von drei Befragten angeben, sie wüssten genau, was der Begriff bedeutet, heißt es in der Studie. 2011 hingegen wusste nach eigener Aussage nur jedes elfte Unternehmen genau, was Private Equity überhaupt ist. Ebenfalls bemerkenswert: Nur 37 Prozent glauben, dass die einst als „Heuschrecken“ verunglimpften Fonds heute in der Öffentlichkeit noch einen schlechten Ruf haben. Befragt nach ihrer persönlichen Meinung zu Finanzinvestoren, meinten sogar bloß 32 Prozent, sie hätten ein schlechtes Bild von der Branche. Dass Private Equity und Mittelstand heute in einer engen Beziehung zueinander stehen, zeigen die Ergebnisse der beiden PwC-Untersuchungen zwar nicht. Aber sie sind sich deutlich näher gekommen. Andrea Martens I redaktion@regiomanager.de

 

INFO

Der Weg zum richtigen Private-Equity-Investor
Beteiligungsgesellschaften stellen Eigenkapital für unterschiedliche Finanzierungsanlässe zur Verfügung. Doch nicht jeder Investor hat für jeden Bedarf und jede Situation die passende Finanzspritze. Unternehmer, die sich auf die Suche nach einem geeigneten Private-Equity-Partner machen, sollten sich vorher die folgenden Fragen stellen. Das hilft bei der Orientierung.

1.    Soll der neue Gesellschafter Anteile von 50 Prozent oder mehr erhalten oder kommt nur eine Minderheitsbeteiligung infrage?
2.    Wird frisches Kapital für Wachstum oder Expansion benötigt oder geht es um den reinen Verkauf von Anteilen, etwa, weil das Unternehmen keinen Nachfolger hat.
3.    Soll der Private-Equity-Gesellschafter auch operativ tätig werden?
4.    Welche Mitspracherechte soll der neue Gesellschafter haben?
5.    Muss das Unternehmen finanziell und/oder operativ restrukturiert werden?
6.    Wie viel Kapital wird genau benötigt und ist dieser Kaufpreis realistisch?
7.    Wie viel Cashflow erzielt das operative Geschäft?
8.    Welche Wachstumspotenziale stecken im Unternehmen?
9.    Gibt es Investoren, die auf die eigene Branche spezialisiert sind?
10. Herrscht im alten Gesellschafterkreis Einigkeit über den Verkauf oder kann diese erzielt werden?

 

Serie – Finanzierung
Teil 1: Innenfinanzierung
Teil 2: Niedrigzinsen nutzen
Teil 3: Mittelstandsanleihen
Teil 4: Mezzanine
Teil 5: Private Equity

 

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