Als die „grüne Raupe“ verschwindet, müssen viele Mülheimer kurz schlucken. Viele Jahrzehnte lang war die markante Luftschiffhalle eine Landmarke zwischen Mülheim und Essen. Von der A 52 aus war sie gut zu sehen. Wer aus dem Urlaub oder von einer Dienstreise heimkehrte, freute sich über den vertrauten Anblick. Doch das Bauwerk „war für die Zukunft einfach nicht mehr gerüstet“, erklärt Frank Peylo, geschäftsführender Gesellschafter der Westdeutsche Luftwerbung Theodor Wüllenkemper GmbH & Co. KG, kurz WDL. Das Stahlgerüst mit Plane war erkennbar in die Jahre gekommen. Um den gewaltigen Raum im Winter zu beheizen, waren Unmengen an Gas nötig – nicht mehr vorstellbar im Jahr 2022. Nachdem der Pachtvertrag mit der Stadt Mülheim bis 2085 verlängert wurde, war der Weg frei für eine Investition in die Zukunft. Neben dem Betrieb von Luftschiff Theo bildet die WDL am Standort mit ihren Flugschulen Verkehrspiloten für namhafte Fluggesellschaften aus. Die himmlische Erfolgsgeschichte wird fortgesetzt.
Gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Barbara Majerus hat Frank Peylo dafür gesorgt, dass die Stadt an der Ruhr mindestens europaweit einen einmaligen Ruf als Luftschiff-Standort hat. Wenn irgendwo eine schwebende Werbe-Botschaft am Himmel auftaucht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um „Theo“ handelt, das legendäre Luftschiff der WDL. „Unsere Kunden bekommen nicht nur eine 600 Quadratmeter große und 60 Meter lange Werbefläche – sie bekommen zusätzlich den unbezahlbaren Kultstatus“, sagt Frank Peylo. Jedes Jahr pilgern tausende Menschen zum Flughafen Essen/Mülheim, um das Luftschiff zu bestaunen. „Wer einen Rundflug gebucht hat, bringt zu diesem Event oft die ganze Familie und Freunde mit, damit alle dieses Ereignis miterleben können. Sobald das typische leise Brummen zu hören ist, werden die Hälse gereckt – jeder will das Luftschiff sehen“, erklärt Barbara Majerus die Faszination des Fluggeräts. Namhafte Firmen bringen mit „Theo“ ihre Marke auch wörtlich genommen „ganz nach oben“. Ergänzt wird die Reichweite am Himmel durch die Reichweite in den sozialen Medien. Nach jedem Start verbreiten sich Fotos und Kommentare in atemberaubendem Tempo im Internet. „Unser Theo hat eben ein sympathisches Image und erfreut sich nach wie vor größter Beliebtheit“, sagt die Unternehmerin.
Das gilt auch dann, wenn er am Boden bleibt. So hat sich die Halle zu einem begehrten Veranstaltungsort mit einmaligem Flair entwickelt. Große Konzernfusionen wurden schon in ihr begangen, Autopremieren gefeiert oder Filmszenen gedreht – „Babylon Berlin“-Fans werden es wissen. Die Nachfrage ist ungebrochen. Eine wandelbare Multifunktionshalle und das weiträumige Außenareal schaffen optimale Voraussetzungen für Events aller Art: „Ob Pressekonferenz oder Großveranstaltung, für jeden Anlass bieten wir den passenden Rahmen“, sagt Frank Peylo. Die Kombination von Luftfahrt und Veranstaltung sei einmalig. Mit dem beleuchteten Luftschiff wenige Meter über den Köpfen erleben Gäste „die größte Stehlampe der Welt“, wie es Barbara Majerus augenzwinkernd veranschaulicht.
Und nun entsteht eine neue Event-Location. „Theo“ bekommt ein neues Dach über dem Kopf. Dabei handelt es sich um ein in dieser Form weltweit einzigartiges Bauprojekt. An der gleichen Stelle, wo bis vor wenigen Monaten noch die „grüne Raupe“ stand, wächst eine neue Landmarke empor. Benjamin Gronau spricht von einem „spektakulären Ingenieurbau, der den Zeitgeist trifft und auf die Herausforderungen an unsere Zukunft reagiert“. Die Gronau Plan GbR ist mit der Ausführungsplanung und Bauleitung beauftragt und setzt damit – in einem großen Team – die Pläne des Mülheimer Architekturbüros Smyk Fischer Architekten um. Das Besondere: Statt aus Stahl wird die neue Luftschiffhalle aus Holz und recyceltem Material bestehen. Mit ihren Abmessungen von 92 mal 42 und einer Höhe von 26 Metern und einer Bruttogrundfläche von mehr als 3.400 Quadratmetern ist ausreichend Platz für „Theo“ vorhanden, an dem an dieser Stelle weiterhin Reparatur- und Wartungsarbeiten durchgeführt werden können. Zusätzlich können sich bis zu 1.500 Personen im Innenraum versammeln. „Der Ersatzneubau der Luftschiffhalle ist eine spannende Aufgabe, die nur einem professionellen ›
Team aus Planern und Bauausführenden zu bewältigen ist“, sagt Benjamin Gronau. Er selbst sei sofort elektrisiert gewesen, als er das erste Mal von dem Vorhaben erfahren habe. Die Expertise in den Bereichen Gewerbeimmobilien sowie nachhaltigem Bauen brachte das Wegberger Familienunternehmen an Bord.„Außerdem haben wir schnell festgestellt, dass Gronau neben der nötigen Kompetenz auch die Leidenschaft für ein Projekt dieser Art mitbringt“, sagt Frank Peylo. „Der Pioniergeist von Barbara Majerus und Frank Peylo wurde in das Ingenieurteam getragen“, gibt Benjamin Gronau das Lob gerne zurück.
Der klassische Ansatz wäre erneut ein Stahlgerüst gewesen. „Wir wollten jedoch einen anderen Weg im Sinne der Nachhaltigkeit gehen. Deswegen haben wir uns für die Holzbauweise entschieden“, sagt Barbara Majerus. Die Konstruktion kommt oberhalb der Fundamente ohne ein Stück Stahl aus. Holzplatten und -zapfen halten sie zusammen. Verbaut wird ein Holzvolumen von zirka 557 to . „Dieses Holz wächst in deutschen Wäldern rechnerisch in etwa 400 Sekunden nach“, betont Benjamin Gronau den Nachhaltigkeitsaspekt. Im Sinne des zirkulären Bauens wurden die Fundamente vor Ort aufgebrochen und als recycelte Schottertragschicht wieder eingebaut. Für die neuen Bodenflächen verwendet man gebrauchte Stelconplatten, die aus einem Bauvorhaben ganz in der Nähe stammen. Das Zertifizierungsziel für das Gesamtprojekt lautet DGNB Gold. Die Außenhaut wird aus Aluminium bestehen, was dem Hangar eine silbrige Erscheinung verleihen wird.
Eine Herausforderung ist auch der zeitliche Aspekt. „Schon im kommenden November, also kurz vor der Wintersaison, soll das Luftschiff witterungsgeschützt in der Halle positioniert werden“, erklärt Bauleiter Benjamin Gronau. Die endgültige Fertigstellung der Maßnahme ist für Anfang kommenden Jahres vorgesehen. Dabei war die alte Halle erst im April dieses Jahres abgerissen worden. Mitte Juni erfolgte die sogenannte „Grundholzlegung“ für den neuen Hangar im Beisein von Oberbürgermeister Marc Buchholz. Seit Mitte September laufen die Bauarbeiten am Tragwerk, welches als Fachwerkkonstruktion ausgeführt wird. Mindestens einmal wöchentlich treffen sich die Verantwortlichen, um die Fortschritte zu besprechen. „Aus unserer Sicht läuft es so gut, dass wir nicht bei jedem Termin dabei sein müssen“, sagt Bauherr Frank Peylo. Die beiden Investoren vertrauen den Fachleuten auf der Baustelle.
Die Wegberger sind optimistisch, was den Zeitplan angeht. Mit termingerechter Fertigstellung kennt sich das rund 20-köpfige Team bestens aus. „Natürlich können wir durch unser Netzwerk starke Partner für die Bauausführung begeistern“, betont Benjamin Gronau. Insbesondere die Einhaltung des Zeitplans sei nur dank langjähriger Partnerschaften möglich. „Dadurch sind wir in der glücklichen Lage, immer die passenden Fachleute an der Hand und vor allem auf der Baustelle zu haben.“
Mit der Ausführung weit gespannter Hallentragwerke ist das Familienunternehmen bestens vertraut. Seit 1975 plant und baut die Firma Gronau schwerpunktmäßig in NRW Gewerbeimmobilien, Wohn- und Geschäftshäuser und Supermärkte.
Hierbei bringt sich das Team der Gronaus entweder klassisch als Architekt oder als Generalunternehmer in die jeweiligen Projekte ein. Eine mikroskopisch kleine Nische ist die Möglichkeit, an entscheidender Stelle an einem Luftschiff-Hangar mitzuwirken. „Vermutlich werden wir keine zweite Luftschiffhalle mehr bauen dürfen“, sagt Benjamin Gronau und ergänzt: „Dennoch können wir hier unter Beweis stellen, dass wir komplexe Aufgabenstellungen in einem ambitionierten Zeitplan annehmen.“ Jedes Gewerk stellt eine Besonderheit dar. Bestes Beispiel ist die flügelige Torkonstruktion als „Einbringöffnung“ für Luftschiff „Theo“. Die Öffnung ist 34 Meter breit und 21,50 Meter hoch. „Das beauftragte Planungsbüro baut normalerweise Schleusentore“, erklärt Benjamin Gronau.
Schon in Kürze wird Mülheim eine neue Landmarke an alter Stelle haben. „Wir können es kaum erwarten, die Eröffnung des Hangars zu feiern“, sagt Barbara Majerus.
Gronau
Friedrich-List-Allee 61
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