Kooperationen zwischen Unternehmen sind eine lange geübte Praxis – man denke nur an die Weitervergabe bestimmter Gewerke am Bau. Eine moderne Variante ist das Zusammenspiel alteingesessener Mittelständler und Konzerne und blutjunger Start-ups. Umso erstaunlicher, dass der rechtliche Aspekt von Kooperationen mitunter stark unterschätzt wird. Das sagt Olga Kunkel, Expertin für Kooperationsrecht und Datenschutz am Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft (KIW). „Kooperation ist ein vielschichtiges Phänomen“, so Kunkel. „Nicht nur sollten die Partner eine Vision der Zukunft teilen, sie müssen sich aufeinander verlassen können und bereit sein, einen Teil ihrer Freiheit einzuschränken.“ All das sei schon schwierig genug. „Haben jedoch die Partner diese ideelle Übereinstimmung erreicht, haben sie häufig das Gefühl, eine ausreichende Grundlage für ihre Zusammenarbeit zu haben.“ Auch die Fehleinschätzung, die Kooperation sei „nichts Festes“ und bedürfe daher keiner gesonderten Regelung, ist ihrer Erfahrung nach häufig anzutreffen. „Eine nachhaltige Kooperation ist jedoch nur dann möglich, wenn die rechtlichen Fragen geklärt sind“, betont die Fachfrau.
Grundsätzlich sind die Formen einer Zusammenarbeit so mannigfaltig, dass eine vollständige Auszählung diesen Rahmen sprengen würde. Wichtig ist natürlich, dass man gegen keine gesetzliche Bestimmung verstößt. „Der deutsche Gesetzgeber kennt mehrere Varianten der Zusammenarbeit, die je nach der Gestaltung des Partnerverhältnisses infrage kommen können“, erklärt Olga Kunkel. Dazu zählen etwa Provisions- und Lizenzvereinbarungen, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die GmbH. Auch europäische Formen einer Gesellschaft, sei es eine britische Limited, eine niederländische B.V. oder eine europäische Societas Europaea, sind möglich. Zu beachten ist dabei der sogenannte „Numerus clausus des Gesellschaftsrechts“: „Nur diejenigen Formen der Gesellschaft sind zulässig, die vom Gesetzgeber auch vorgesehen sind“, sagt die KIW-Mitarbeiterin. „So ist z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung ihrer Gesellschafter unzulässig.“
Exit-Strategien festlegen
Juristisch Beschlagene wissen: Die größte Gefahr rechtlich ungeklärter Verhältnisse liegt in den Rechtsfolgen derselben. „Denn das Gesetz beurteilt nüchtern die Handlungen, nicht die Annahmen“, sagt Olga Kunkel und nennt folgendes Beispiel: Eine Zusammenarbeit, bei der die Partner eine rechtliche Bindung wahrnehmen, stellt nach Auffassung des deutschen Rechts eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar. „Ein Handschlag – und schon sind wir Gesellschafter einer GbR, was zwar per se nicht unbedingt negativ ist, allerdings einige unerwünschte Folgen nach sich zieht – als da wären gemeinschaftliche Vertretung oder persönliche Haftung oder Unklarheit in Bezug auf neu geschaffenes Know-how et cetera. „Besonders die Frage nach der gemeinsamen unbeschränkten persönlichen Haftung stellt in der Rechtsprechung ein immer wiederkehrendes Problem dar. Das kann, darf und sollte vermieden werden.“
In ihrer Vereinbarung sollten die Kooperationspartner laut Kunkel Ziele der Zusammenarbeit definieren, Aufgaben vergeben sowie Verantwortlichkeiten in der Umsetzung und – natürlich – Haftungsfragen klären. Ferner gehe es darum, die Koordination des Konsortialprojekts zu bestimmen sowie festzulegen, wie Entscheidungen in der Kooperation getroffen werden. Einige weitere Punkte sind der Umgang mit Urheberrechten und Know-how, die Entwicklung von Exit-Szenarien sowie – ganz wichtig – der Einbau von Konfliktlösungsmechanismen. Das KIW verweist in diesem Zusammenhang auf öffentlich einsehbare Checklisten zu Kooperationen, wie sie u.a. auf der Homepage des Kompetenzzentrums IT-Wirtschaft zu finden sind.
Welche Ziele gibt es?
„Es ist illusorisch zu glauben, alles in einem Vertrag abbilden zu können. Hier können vereinbarte Verfahren helfen, wie in solchen Situationen zu handeln ist, ohne den Vertrag auflösen zu müssen“, sagt Dr. Eric Meyer, Geschäftsführer des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster, hinsichtlich festgelegter Formen der Konfliktlösungen. Zugleich rät er dazu, das rechtliche Rad nicht im Vorfeld zu überdrehen. Natürlich müssten Kooperationen mit professioneller Hilfe auch rechtssicher vereinbart werden. „Beim Inhalt des Vertrages sollte man sich jedoch immer auch klarmachen, was das Ziel der Kooperation ist und was die wirklich schützenswerten Güter sind, die in jedem Fall Teil der Abmachung sein müssen.“ Denn bei einer Kooperation wolle man ja gerade auch die Innovationskraft eines Partners einbinden. „Wenn man diese nun in ein ganz enges Korsett schnürt, schadet man unter Umständen dem Partnerunternehmen und am Ende sich selbst auch.“ Diese Abwägung ist aus seiner Sicht eine häufig unterschätzte Unternehmeraufgabe. „Rechtsfragen werden gerne Juristen überlassen, die hier eine Detailliebe ausleben können, welche auch nachteilig sein kann“, meint der promovierte Mathematiker.
Die wichtigste Frage lautet für Dr. Eric Meyer: „Wie soll die Kooperation helfen, meine Unternehmensziele zu erreichen?“ Solche Ziele könnten Größenvorteile sein, die sowohl Kostenreduktionen erlaubten wie auch den Zugang zu bestimmten Kompetenzen, Technologien oder Know-how, über das ein Partnerunternehmen verfüge. „Manchmal gehen Unternehmen, denen es nicht gut geht, mit der Hoffnung in eine Kooperation, dass der Kooperationspartner die eigenen Probleme lösen und man selbst von dieser Last befreien wird. Das funktioniert nicht. Eine Kooperation ist ein Projekt, das gezielt geplant werden muss. Die präzise Zieldefinition ist der Anfang davon.“ Der nächste Schritt ist es, sich Gedanken über ein passendes Partnerprofil zu machen. „Erst dann folgt die Gestaltung eines Kooperationsvertrages und damit auch die Frage nach der Rechtssicherheit eines solchen Vertrages.“
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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