Management

NEW WORK: Von New Normal zu mehr New Work

Wie die Corona-Krise uns hilft, New Work endlich im unternehmerischen Alltag zu verankern.Ein Interview mit Alexander Paul, Markenstratege und Kreativdirektor bei marcellini.

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von Regiomanager 19.05.2021
Alexander Paul, Markenstratege und Kreativdirektor bei marcellini | Dr. Maximilian Lange

RM: Was verstehen Sie unter New Work?

A. Paul: Zunächst einmal nichts Neues. Der Begriff und die Idee dahinter entstanden ja bereits in den 70er-Jahren. Wenn man den Kerngedanken zugrunde legt – die Arbeit ist lediglich das Mittel, mit dem ein Mensch sich verwirklichen kann –, haben wir noch Luft nach oben, um diesem Ansatz gerecht zu werden.

RM: Was hat das mit Work-Life-Balance zu tun?

A. Paul: In unserer heutigen Arbeitswelt verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben immer stärker. Das haben wir also schon mal hinbekommen. Was die Balance angeht, gibt es sicherlich Nachholbedarf. Gerade in der Pandemie haben einige Berufstätige negative Erfahrungen gemacht, da von ihnen eine Flexibilität gefordert wurde, die sie gar nicht leisten konnten. Das hängt mit privaten Strukturen zusammen, aber auch mit der Denke
der Unternehmen.

RM: Was genau meinen Sie damit?

A. Paul: Hier kann man sicherlich viele Punkte anführen, die mit Prozessen, Abläufen und Systemen zu tun haben, und alle sind gesondert zu betrachten. Insofern gibt es nicht das passende Beispiel. Aber wenn sich Mitarbeitende eines Unternehmens am Telefon winden, weil es ihnen unangenehm ist, zu sagen, dass die Abteilungsleitung im Homeoffice ist, haben wir hier ein prima Indiz für ein aktuelles Mindset.

RM: Das ist Ihnen passiert?

A. Paul: Im letzten Jahr mehrmals. Aber die Pandemie hilft uns, damit umzugehen. Insofern kann man festhalten, dass moderne Arbeitsstrukturen durch Covid-19 ein wenig Rückenwind erhalten. Oder anders gesagt: durch New Normal zu mehr New Work.

RM: Als Stratege haben Sie bereits mehrere Unternehmen in kommunikativen Fragen beraten und begleitet. Ging es dabei auch um neue Formen der Arbeit?

A. Paul: Wenn sich ein Unternehmen im Wandel befindet, müssen Sie nicht nur das Außen, sondern auch das Innen mit auf die Reise nehmen. Daher wirkt unsere Arbeit auch oft ins Unternehmen hinein. Da Menschen keine Veränderungen mögen, ist das immer eine Herausforderung. Wenn aber einmal das Wie und das Was definiert wurden und man sich tiefer mit den Adressaten beschäftigt, können relevante Botschaften entstehen, die die Menschen mit ins sprichwörtliche Boot holen. Auch wenn dieses eine Kursänderung vornimmt.

RM: Was passiert mit Unternehmen, die keine neuen Arbeitsstrukturen einführen?

A. Paul: Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass die Realität recht träge ist. Bis wir handeln, ist oft aus einem Umstand ein Missstand geworden. Wichtig ist, dass es ein Prozess ist und bleibt, denn er bedeutet Veränderung. Für Unternehmen das Lebenselixier schlechthin. Insofern muss ich als Unternehmer neue Strukturen einführen. Mache ich das nicht freiwillig und bestimme dabei Tempo, Art und Weise, wird mich irgendwann der Markt dazu zwingen –
zu seinen Regeln. Davon ab treten mit den jüngeren Generationen Menschen auf die Bühne, bei denen anscheinend vieles anders läuft und laufen muss.

RM: Was bedeutet New Work in Ihrer Firma?

A. Paul: Wir leben eine offene und sehr flexible Kultur. Bei uns gibt es Early Birds und späte Vögel. Es gibt Mitarbeitende mit Kindern und welche, die sich mitten im Studium befinden. Egal was, wie, wo und wann – am Ende zählt die Deadline des Projektes. Der Tag hat 24 Stunden, ergo haben wir damit keine Probleme. Homeoffice gibt es bei uns schon immer und vor vielen Jahren gab es sogar die Idee, einen Reisebus zum Büro umzubauen. Dann hätten wir ein paar Tage auf dem Parkplatz eines Kunden, ein paar Tage am Baldeneysee stehen können. Hätte das funktioniert? Ich glaube nicht. In den Gesprächen mit unseren Mitarbeitenden habe ich einmal mehr gelernt, dass die Menschen sehr verschieden sind: Es gibt Abenteurer und es gibt welche, die jeden Tag gerne den gleichen Weg zur Arbeit gehen. Um daraus eine Suppe zu kochen, die allen schmeckt, braucht es Perspektivwechsel, Verständnis, Flexibilität und wie immer den Mut, Neues zu etablieren. Wer den nicht hat, muss sich nicht sorgen – irgendwann ist auch New Work nicht mehr new, sondern ganz normal, und neue Ideen treiben den Menschen um.Dr. Maximilian Lange
| redaktion@regiomanager.de

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