Management

Mehr Geld – mehr Leistung?

Mitarbeiter mit Geld zu mehr Leistung zu motivieren wird oft versucht. Manchmal funktioniert das, manchmal nicht. Wir versuchen zu ergründen, wann und wie variable Vergütung Sinn macht.

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von Regiomanager 29.03.2022
Je niedriger das Einkommen, desto stärker wirken monetäre Anreize (© Bits and Splits – stock.adobe.com)

„Geld allein macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein“, heißt es im Sprichwort – und diese Aussage erklärt schon einiges über das Verhältnis von Geld und Motivation in der Arbeitswelt. Denn kaum jemand möchte für einen „Hungerlohn“ arbeiten, aber die Motivation, mehr und Besseres zu leisten, steigt nicht in jedem Fall mit der Höhe des Einkommens. Es gibt also keinen einfachen Zusammenhang zwischen Vergütung und Leistungsbereitschaft. Wer behauptet, Geld habe überhaupt keinen Einfluss auf die Motivation, liegt aber auch daneben.

Wer wenig verdient, freut sich über mehr Geld im Portemonnaie

Fangen wir also bei der Basis an, genauer gesagt bei den menschlichen Grundbedürfnissen. Wer aufgrund eines niedrigen Einkommens jeden Euro mehrmals umdrehen muss, freut sich meist über etwas mehr im Portemonnaie. Dementsprechend wundert es nicht, wenn Forscher um Daniel Kahneman und Angus Deaton herausgefunden haben, dass die Glückskurve vor allem im unteren Bereich parallel zum Einkommenszuwachs steigt. Allerdings flacht diese Kurve nach Erkenntnis der Studie auch schnell wieder ab. Schon bei etwa 60.000 Euro Jahreseinkommen erklären die Befragten nur noch geringe Zufriedenheitsgewinne, während sich zwischen 80.000 und 100.000 Euro kaum noch ein Zusammenhang zwischen Geld und einem Zuwachs an Zufriedenheit feststellen lässt.

Gerechtigkeitsempfinden spielt eine große Rolle

Daraus zu schließen, dass sich Gehaltserhöhungen nur bei Geringverdienern leistungsfördernd auswirken, ist aber auch zu kurz gegriffen. Der Zusammenhang ist, wie bereits gesagt, wesentlich komplexer. Zum einen wird das eigene Gehalt fast immer im Vergleich betrachtet. Wobei das individuelle Gerechtigkeitsempfinden eine große Rolle spielt: „Wie viel verdiene ich im Vergleich mit anderen Kolleginnen und Kollegen, die vielleicht weniger leisten als ich“ ist eine wichtige Frage. Auch das Vergleichen über Unternehmensgrenzen hinweg kann zu Mehr- oder Mindermotivation führen – je nachdem, ob das Gehaltsniveau meines Unternehmens an der Spitze oder am Ende der „Nahrungskette“ liegt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage der Arbeitsintensität. Leiste ich heute viel mehr Stunden und habe eine deutlich bessere Expertise, bekomme aber immer noch mein Anfängergehalt von kurz nach der Ausbildung, wird das meine Motivation kaum steigern.

Größere Unternehmen bezahlen öfter variabel

Um einen Gewöhnungseffekt, der erfahrungsgemäß einige Zeit nach einer Gehaltserhöhung eintritt, zu vermeiden, setzt eine zunehmende Zahl von Unternehmen inzwischen auf variable Gehaltsbestandteile. Dabei wird flexible Vergütung vor allem von Betrieben ab 500 Beschäftigten eingesetzt, während kleinere Unternehmen dies in weit geringerem Maße tun. Laut Professor Antoinette Weibel und Anastasia Spagina von der Universität St. Gallen sind leistungsvariable Vergütungssysteme heute ein wesentlicher Bestandteil der Personalsteuerung. Sie sollen das Verhalten und die Einstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Erreichung von Unternehmenszielen lenken. Dabei können die Formen variieren – so z.B. durch Fixgehalt plus Bonus oder Provision oder Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg.

Akkord am Fließband – Bonus in der Chefetage

Die entscheidende Frage, inwieweit leistungsbezogene, variable Gehaltsanteile zu Leistungssteigerungen führen, kann allerdings auch hier nicht allgemein beantwortet werden. Weibel und Spagina kommen zu dem Schluss, dass monetäre Leistungsanreize vor allem bei einfachen und eher langweiligen Tätigkeiten (wie z.B. bei Fließbandarbeit) zu den erwünschten Ergebnissen führen, was der Einsatz von Akkordlöhnen in der Industrie ja auch zeigt. Auf der anderen Seite haben auch viele Führungskräfte ein Gehalt mit Bonuskomponenten, die sich aber meist auf die Erreichung von Unternehmenszielen beziehen. Diese Mitarbeiter haben allerdings auch deutlich größeren Einfluss auf das Unternehmensergebnis. Bei eher kreativen Tätigkeiten können angebotene Boni dagegen sogar Negatives bewirken und zu schlechteren Leistungen führen. Hier seien „herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeiten, vertrauensbasierte Führungskultur und Unternehmensstrukturen, die das Lernen und die Kompetenzentwicklung fördern“, bessere Motivatoren, so Weibel und Spagina.

Vertrieb kommt nicht ohne
monetäre Anreize aus

Ein klassisches Feld variabler Vergütung ist nach wie vor der Vertrieb, wo sich Leistungssteigerungen – oder das Gegenteil – leicht messen lassen. Hier zeigt sich, dass Geld durchaus ein Motivator für mehr Leistung ist, weshalb auch die überwiegende Zahl aller Vertriebsjobs erfolgsbasiert vergütet wird. Während es in anderen Bereich wie Kreation, Technik oder gar Buchhaltung schwer ist, Leistung nach messbaren Kriterien zu vergüten, geht es im Vertrieb vor allem um das Erwirtschaften von Umsätzen, die man in Euro und Cent ausdrücken kann. Für Verkäufer ist der abgeschlossene Auftrag ein klares Erfolgskriterium, und von dem Kuchen möchten er oder sie auch ein ordentliches Stück abhaben.

Variable Vergütungssysteme strategisch konzipieren

Laut Vergütungsberater Dr. Heinz-Peter Kieser liegt aber auch genau in dieser einseitigen Orientierung auf die reinen Vertriebsumsätze ein Problem. Daher plädiert er dafür, „moderne variable Vergütungssysteme im Außendienst als Führungs- und Steuerungsinstrument zu konzipieren“ und zur Verstärkung der Mitarbeiterbindung an Unternehmensziele einzusetzen. Damit weniger reine Zufallserfolge, sondern dem Unternehmen nützende strategische Erfolge belohnt werden, sollten Provisionen so gewichtet werden, dass sie auf Deckungsbeiträge zielen und vor allem auf strategisch wichtige Bestands- und Neukunden sowie den Verkauf strategisch wichtiger Produkte fördern. Außerdem sollten variable Vergütungssysteme nicht auf Verkaufsmannschaften im Außendienst beschränkt bleiben, sondern auf Vertriebsinnendienst und eventuelle Filialmitarbeiter ausgeweitet werden. Wobei bei Innendienst und Filialen der Teamumsatz mehr im Vordergrund stehen sollte.

Abschließend kann festgestellt werden, dass variable und leistungsbezogene Gehaltsbestandteile nach wie vor ein wichtiges Führungsinstrument sind. Wenn sie dort eingesetzt werden, wo sie Sinn machen und auf intelligente und zielführende Weise konzipiert werden. Geld ist auch für die sinnsuchende Generation Y immer noch ein Motivator, wenn auch selbstverständlich nicht der einzige. Der Gegensatz zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation ist konstruiert. Auch die modernen Berufstätigen benötigen Spaß und Geld im Portemonnaie.
Michael Otterbein | redaktion@regiomanager.de

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