Immobilien (Technik)

Brandschutztechnik: Vorsicht ist besser als Nachsicht

Hätten Sie gedacht, dass 50 Prozent der Unternehmen, die einen Großbrand erlitten haben, insolvent gehen? Da wundert es kaum, dass viele Unternehmer großen Wert auf guten Brandschutz legen.

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von Regiomanager 01.07.2018
Foto: RioPatuca Images – stock.adobe.com

Sorgen um ihre Zukunft braucht sich die Brandschutzbranche keine zu machen. Denn in der Wirtschaft wie im privaten Bereich ist sie relevant wie eh und je. Brände gab es von jeher und wird es wohl auch immer geben. Doch für den Unternehmer stellen sie ein echtes Risiko dar. Versicherungen zur Betriebsunterbrechung zahlten zwar den Schaden, jedoch nie den Kundenverlust, so Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer des Bundesverbands Technischer Brandschutz (bvfa): „50 Prozent der Firmen, die Großbrände erlitten haben, gehen insolvent.“ Zusammen mit diesem Wissen sorgen bauordnungsrechtliche Auflagen dafür, dass in Brandschutz investiert wird.

In den letzten Jahren spezialisierten sich die Brandschutzunternehmen dabei immer stärker. So gibt es nach Krause beispielsweise Firmen, die sich nur noch mit Brandschutz in Schienenfahrzeugen beschäftigen. Eine leitende Frage sei hier, wie man mit moderner Brandschutztechnik auf dicke Abschottungswände verzichten und so Platz sparen könne. Ein anderes, hoch spezialisiertes Feld, seien Tiefkühlläger. Das Löschen mit Wasser funktioniert dort nicht, also muss mit Sauerstoffreduzierung gearbeitet werden.

Rauch bleibt Feind Nr. 1

Das bleibende Dauerthema ist für Thomas Hegger, den Geschäftsführer des Fachverbands Tageslicht und Rauchschutz (FVLR), der Rauch. Das Unglück am Grenfell Tower in London habe erneut gezeigt, dass die Menschen am Rauch sterben. Auch 50 Prozent der Versicherungskosten entständen durch Schäden mit Rauch. Er ist und bleibt also der eigentliche Feind, den es zu bekämpfen gilt. Um darzustellen, wie das heute schon am besten geht, hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft die Publikation „Vermeidung von Schäden durch Rauch und Brandfolgeprodukte – Gefahren, Risiken, Schutzmaßnahmen“ herausgebracht, die es auch auf der Seite des FVLR zum kostenlosen Download gibt.

Damit Brandschutz heute optimal funktioniert, müssen alle Methoden ineinandergreifen, ist Peter Krapp, der Geschäftsführer des Fachverbands Sicherheit sowie der Arge Errichter und Planer im ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, überzeugt. Es brauche also eine Integration sowohl von baulichem als auch anlagentechnischem und betrieblich-organisatorischem Brandschutz. Früher habe man sich oft auf die baulichen Maßnahmen konzentriert. Es sei darum gegangen, den Brand nach allen Seiten abzuschotten. Das sei bei begrenzten Baugrößen effektiv. „Heute bauen Sie riesige Atrien und Ähnliches, da kommen Sie mit baulichen Maßnahmen nicht sehr weit“, so Krapp. Sicherheitstechnische Anlagen ermöglichten eine moderne Architektur. Zusätzlich dazu müssten die Mitarbeiter eines Betriebs für den Ernstfall geschult werden.

Langsamer Zulassungsprozess

Trotz allem bleibe die Branche konservativ, so Krause: „Es geht stets darum, auf bewährte Lösungen zu setzen.“ Ein Grund dafür mag der lange Zulassungsprozess für Brandschutz-Technik sein. Schließlich ist es für ein neues Produkt ein langer Weg über Gutachten und Nachweise, bis es schließlich die Zulassung durch die Behörden erhält. Erst muss es sich in diversen Versuchen bewähren, bevor es für die Sicherheit von Menschen sorgen kann. Werde dann der Anwendungsbereich erweitert, brauche es auch eine erweiterte Zulassung, so Krause. Eine zusätzliche Herausforderung entsteht bei diesen Prozessen durch die Digitalisierung. Denn in diesem Moment kommt Software ins Spiel. Wird diese auch nur minimal geändert, stellt sich die Frage, ob das Produkt nach dem Softwareupdate noch dasselbe ist. Ab wann muss es neu zertifiziert werden? Krapp sieht hier eine Entwicklung: „Heute arbeiten wir mit zeitpunktbezogenen Zertifikaten. In Zukunft wird die Zulassung mehr und mehr ein kontinuierlicher Prozess sein, bei dem das Zertifikat überprüft und bei relevanten Softwareupdates angepasst wird.“

Herausforderungen der Digitalisierung

Die Digitalisierung stellt also neue Fragen an die alten Herangehensweisen. Wie sinnig digitale Systeme beim Thema Brandschutz sein können, zeigt sich in diversen Einsatzgebieten. Das beginnt schon bei der reinen Information. Heute ist es möglich, exakt zu erfahren, welcher Sprinkler wo warum angesprungen ist. Darüber hinaus sind Fernwartungen mittlerweile state-of-the-art. Das Unternehmen muss sich also nicht mehr unbedingt selbst um die Wartung beispielsweise der Sprinkleranlage kümmern, sondern kann die Anlage aus der Ferne von den Experten überprüfen lassen. Neben neuen Zulassungsprozessen bringt die neue Technik jedoch noch andere Herausforderungen mit sich. Wenn die Sensorik der Rauchwarnmelder immer mehr Daten sammelt, stellt sich die Frage, wer diese Informationen auslesen und verwerten darf. Auch könne eine Anlage zukünftig registrieren, ob Menschen im Raum sind, so Hegger: „Da besteht eine Gefahr, dass Einbrecher diese Informationen nutzen.“ Das Thema Cybersicherheit muss hier also noch einmal neu auf den Tisch.

Ganz allgemein warnt Hegger vor vorschnellen Neuerungen: „Mein Motto ist: Keep it simple, keep it small“, so der Geschäftsführer. Als Beispiel nennt er die Brandschutzanlage der Dauerbaustelle Berliner Flughafen. Die Anlage habe so viele mögliche Szenarien gespeichert , dass eine Reaktion mehr als eine Minute gedauert habe. „Die klassische Brandschutzanlage ist Standalone und hat eine hohe Gebrauchssicherheit“, sagt Hegger. Sollte es keine Quantensprünge bei den Verbesserungen geben, bleibe man besser beim Bewährtem.

Neue Wege wird der Brandschutz in jedem Fall beim Thema E-Mobilität beschreiten müssen. Denn die Motoren bieten neue Brandrisiken: „Die Bekämpfung ist hier nur mit massivem Wassereinsatz möglich“, sagt Krause. Im letzten Jahr geriet zum Beispiel ein Elektro-Smart in Reutlingen in Brand. Die Feuerwehr konnte der Lage erst Herr werden, als sie das gesamte Auto in einen großen, mit Wasser befüllten Behälter lud: „Wenn die Akkus mal zu brennen anfangen, sind sie nicht mehr stoppbar“, weiß Krause. Hier ergeben sich also neue Problemfelder, für welche die Branche noch bessere Lösungen finden möchte. Der Brandschutz bleibt also bei einem Drahtseilakt zwischen bewährten Methoden und moderner Technik, die neue Herangehensweisen erfordert. Nathanael Ullmann | redaktion@regiomanager.de

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Fotostrecke

Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer des Bundesverbands Technischer Brandschutz (bvfa) Foto: Verbaende Dr.Krause

Thomas Hegger, Geschäftsführer des Fachverbands Tageslicht und Rauchschutz (FVLR)

Peter Krapp, Geschäftsführer des Fachverbands Sicherheit und Arge Errichter und Planer im ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie Foto: ZVEI

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