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Das Diesel-Urteil ist gefallen.

Mit dem Leipziger Diesel-Urteil steigt die Angst in den Betroffenen auf. Von finanziellen Einbußen bis hin zur kompletten Enteignung ist rein theoretisch alles möglich – aber nichts muss.

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von Regiomanager 01.02.2018
Foto: © SZ-Designs – stock.adobe.com

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Das mussten nun auch alle Dieselfahrzeugbesitzer spüren. Denn mit dem dann doch gefällten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts kehrt die Angst um drohende Fahrverbote in die Köpfe der Autofahrer zurück. Und das natürlich nicht ohne Grund. Obwohl das in Leipzig gefällte Urteil ja eigentlich gar nicht über die Einführung von Fahrverboten, sondern über die Zulässigkeit solcher Verbote entschieden hat. Jetzt werden viele sagen: „Ist doch fast dasselbe!“ Und das ist auch gar nicht mal so verkehrt. Warum sonst wird gemeldet, dass Städte wie Hamburg schon am selben Tag die ersten Fahrverbotsschilder ordern? Schon jetzt wird klar: Die großen Gewinner sind die Schildermacher. Zumindest, wenn sie keine alten Dieselfahrzeuge in ihrem Bestand haben.

Es ist nun leider offensichtlich, dass jede Stadt und jede Bezirksregierung die erste sein möchte, die was für „ihre Bürger“ im Sinne einer sauberen Luft unternimmt. Doch ist Aktionismus an dieser Stelle nicht sehr ratsam. Denn es geht um Eigentum. Das Eigentum von eben ihren Bürgern. Und ob der eigene Selbstzünder nun geleast oder gekauft wurde. Mit finanziellen Einbußen darf zumindest schon jetzt kalkuliert werden. Der Gebrauchtwagenmarkt leidet sogar schon etwas länger. Allein im Dezember 2017 wurden acht Prozent weniger Halterwechsel gemeldet als im Jahr zuvor. Insgesamt beläuft sich der Rückgang von 2016 zu 2017 von 1,1 Prozent auf 7,3 Millionen. Doch der Reihe nach.

In dem Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts geht es in erster Linie um die Städte Stuttgart und Düsseldorf – nachdem die Landesregierungen der beiden Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegen die im Juli 2017 und Oktober 2016 getroffenen Urteile Revision eingelegt hatten. Nun heißt es z.B. in dem Urteil für Stuttgart, dass eine phasenweise Einführung von Verkehrsverboten für ältere Fahrzeuge bis zur Abgasnorm Euro 4 zu prüfen ist. Euro 5-Fahrzeuge sollen nicht vor dem 1. September 2019 mit einem Verkehrsverbot belegt werden. Für Handwerker und ähnliche Berufsgruppen werden zudem – wie zuletzt auch bei den Umweltplaketten – Ausnahmeregelungen entworfen. Eine finanzielle Ausgleichspflicht wird es aber nicht geben. „Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher.

Das sieht Mittelstandspräsident Mario Ohoven äußerst kritisch: „Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Diesel-Fahrverbote in Städten rechtlich zuzulassen, gefährdet die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen. Der Mittelstand darf weder die Versäumnisse der Politik noch die Manipulationen von Autoherstellern ausbaden. Fahrverbote kommen einer Enteignung von Betriebsvermögen gleich. Deshalb muss dem faktischen Berufsverbot für kleine und mittlere Unternehmen in Städten jetzt entschlossen entgegengewirkt werden.“ Ferner regt er an, die Autokonzerne in die Pflicht zu nehmen und „bei den betroffenen Fahrzeugen ohne Wenn und Aber auf eigene Kosten die Hardware nachzurüsten. Die anfallenden Kosten dürfen unter keinen Umständen auf die Verbraucher und Steuerzahler, darunter viele kleine und mittlere Unternehmen, abgewälzt werden. Eine steuerliche Förderung von Hardware-Nachrüstungen lehnt der Mittelstand deshalb entschieden ab.“

Und auch der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, Dr. Ortwin Weltrich, schaut ein wenig skeptisch in die Zukunft. Genauer gesagt spricht er das aus, was viele nun denken. Dass betroffene Kommunen darin ein „Allheilmittel“ gegen Stickoxide sehen. „Wir beschäftigen im Handwerk in der Region rund 190.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der aus den Fahrverboten resultierende Auftragsrückgang würde auch Arbeitsplätze gefährden. Zudem wäre die Versorgung der Innenstadtbewohner mit Gütern und Dienstleistungen nicht mehr zu gewährleisten.“

Nicht ganz so schwarz sieht Karl-Friedrich Schulte-Uebbing, bis 31. März 2018 Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen, die nächsten Wochen und Monate: „Ich bin durchaus zuversichtlich, dass die betroffenen Städte Möglichkeiten finden, eine Verbesserung der Luftqualität auch ohne Diesel-Fahrverbote zu erreichen. Städte können jetzt genau abwägen, welche Maßnahmen sie einsetzen, Fahrverbote stehen erst am Ende der Kette von Optionen.“

Doch was ist die Alternative? Hier lautet das Stichwort „Umrüstung“. Unternehmen wie Baumot oder Amminex (Faurecia) haben bereits Nachrüstlösungen für die rund 95 Prozent umrüstfähigen Fahrzeuge im Portfolio. Das Besondere an der dänischen Lösung von Amminex BlueFit ist z.B., dass weder in den Motorraum noch in die Software eingegriffen werden muss. Zwei kompakte Patronen mit festem, in Salz gebundenem Ammoniak werden in der Reservemulde platziert. Ein Wechsel wird alle 15.000 Kilometer notwendig und soll in der Werkstatt lediglich zwei Minuten dauern. Und die Kosten? Die sollen sich je nach Fahrzeug zwischen 1.500 und 2.000 Euro belaufen. Bei einem Fahrzeugwert in ähnlichen Sphären eine absolut unvorstellbare Option. Eine staatliche Förderung könnte da helfen – ist aber noch in der Diskussion. Und die Tatsache, dass nach der Umrüstung der Treibstoffverbrauch leicht ansteigen kann, ist ebenfalls noch zu berücksichtigen. Insgesamt darf mal wieder gesagt werden, dass diejenigen, die den Dieselfahrzeugbesitzern diese Misere eingebrockt haben, am besten davonkommen: die Autohersteller selbst.

Marcel Sommer | redaktion@regiomanager.de

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