Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrages an einen Personalvermittler gezahlte Provision zu erstatten, wenn er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit kündigt, ist nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2023 (1 AZR 265/22) unwirksam. Im konkreten Fall sollte der Arbeitnehmer die Vermittlungsprovision zurückzahlen müssen, wenn er das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit aus von ihm zu „vertretenen Gründen“ selbst beendet.
Der bislang vorliegenden Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts ist zu entnehmen, dass eine solche Regelung den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Das Gericht ist der Auffassung, dass der Arbeitnehmer dadurch in seinem Recht auf die freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt werde, ohne dass dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt wäre. Der Arbeitgeber habe grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet.
Das Bundesarbeitsgericht erkennt – anders als bei einer Vereinbarung zur Rückzahlung für Fortbildungskosten – kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Rückzahlung, weil der Arbeitnehmer außer einem Arbeitsplatz keinen zusätzlichen Vorteil erhalte, der die Beeinträchtigung durch die Rückzahlung ausgleichen könnte. Das ist bei der Übernahme von Fortbildungskosten anders zu beurteilen, da der Arbeitnehmer die durch die Fortbildung erlangten Kenntnisse auch anderweitig einsetzen kann.
Aufgrund der angespannten Personalsituation, dem häufigeren Einsatz von Personalvermittlungsagenturen und der durch die Personalsuche verursachten hohen Kosten versuchen Arbeitgeber zunehmend, sich die Kosten teilweise durch den Arbeitnehmer erstatten zu lassen, wenn dieser das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit kündigt. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zwingt Arbeitgeber, nach Alternativen zu suchen, um ihre Investition zu schützen. Längere Kündigungsfristen oder Sign-On-Boni mit einer Rückzahlungsverpflichtung könnten eine Lösung sein. Darüber hinaus könnte eine Rückforderung von Personalvermittlungskosten im Wege des Schadensersatzes möglich sein, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine im Verhalten des Arbeitnehmers begründete gerechtfertigte fristlose Kündigung seitens des Arbeitgebers beendet wird.
Dr. André Bienek ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Essener Kanzlei ROTTHEGE.
Fragen beantwortet er gerne unter: a.bienek@rotthege.com
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