Dass Roboter in der Industrie auf dem Vormarsch sind, haben wir bereits im vorangegangenen Teil unserer Serie „Die Roboter kommen“ eindrucksvoll bewiesen. Aber die maschinellen Helfer erschließen nicht nur die Industrieproduktion: Mittlerweile sind sie auch als Servicekräfte unterwegs – ob als Staubsauger, Rasenmäher oder Operationsassistent. Allein im gewerblichen Bereich ist der Absatz von Service-Robotern im Jahr 2015 um 25 Prozent gestiegen; das entspricht einem jährlichen Verkaufswert von 4,6 Milliarden Dollar. Von 2016 bis Ende 2019 sollen Exemplare im Wert von insgesamt 23 Milliarden Dollar weltweit verkauft werden. Und im privaten Bereich sieht es ähnlich aus: Dort erzielten die Service-Roboter 2015 einen Verkaufswert von 3,7 Milliarden Dollar (16 Prozent mehr als 2014), für den Zeitraum 2016 bis 2019 rechnet der Welt-Roboterverband in diesem Segment mit einem akkumulierten Verkaufswert von 22 Milliarden Dollar. „Die Nachfrage nach Service-Robotern steht vor einem historischen Durchbruch”, sagte Joe Gemma, Präsident des Welt-Roboterverbands, anlässlich der Veröffentlichung des letzten Roboter-Reports. „Neben das bereits etablierte Geschäft mit professionellen Service-Robotern tritt verstärkt das Verbrauchersegment – vom Haushalts-Roboter bis zum technischen Unterhaltungskünstler. Insgesamt sind die Wachstumsprognosen für privat genutzte und auch professionelle Service-Roboter ausgezeichnet.“
Professionelle Service-Roboter
„Der aktuelle Boom der Service-Robotik wird von unterschiedlichsten Anwender-Branchen getragen“, sagt Martin Hägele, Leiter des Bereichs Intelligente Automatisierung und Reinheitstechnik sowie der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. „So sehen wir erhebliches Interesse an fahrerlosen Transportsystemen zum Warentransport im Handel oder in Krankenhäusern, von denen 2015 circa 50 Prozent mehr verkauft wurden als im Vorjahr. Weitere für die Service-Robotik umsatzstarke Branchen sind die Landwirtschaft, beispielsweise Roboter für das Melken oder zur Stallreinigung, und das Gesundheitswesen, u.a. für die Chirurgie und auch die Rehabilitation.“ Im Medizinsegment mit den großen Einsatzgebieten bei Diagnose, Operationsassistenz und Reha steigt der Verkaufswert im Zeitraum 2016 bis 2019 voraussichtlich auf insgesamt 7,2 Milliarden Dollar. In der Landwirtschaft, vor allem aufgrund der Melk-Roboter, rechnet der Welt-Roboterverband in der gleichen Spanne mit einem Wert von zusammen 5,7 Milliarden Dollar. Besonders starken Zuwachs erlebt auch die Logistik: Insbesondere durch den großen Anteil der fahrerlosen Transportsysteme, den sogenannten Automated Guided Vehicles (AGV), summieren sich die Absätze auf einen Wert von voraussichtlich 5,3 Milliarden Dollar. Bemerkenswert dabei: 81 Prozent dieser Logistik-Roboter werden in den USA produziert, nur elf Prozent in Asien und acht Prozent in Europa!
Private Service-Roboter
Die intelligenten Helfer werden auch im Privatbereich immer beliebter – ob für unbeliebte Routineaufgaben wie Staubsaugen, Fensterputzen und Rasenmähen oder zum Spielen und Unterhalten. „Die gesamte Branche setzte 2015 weltweit 5,4 Millionen Geräte ab. Und die prognostizierten Zuwächse, die auf firmeneigenen Angaben beruhen, sind auch für die kommenden drei Jahre bemerkenswert: So dürften weltweit rund 42 Millionen Einheiten verkauft werden“, erklärt Martin Hägele. Aufgeschlüsselt nach Einsatzgebieten bilden die Haushalts-Roboter sowohl nach Anzahl der verkauften Einheiten als auch beim Marktwert das größte Segment: 31 Millionen von ihnen sollen zwischen 2016 und 2019 vom Band laufen. Wie sich ein Roboter als Einkaufshilfe macht, zeigt z.B. „Toomas“ seit einigen Jahren in einem Erfurter Baumarkt. Mit den Daten und Standorten aller Artikel im „Gedächtnis“ leitet er Kunden zum gewünschten Produkt. Auch das Thema Pflege – in einer alternden Gesellschaft mit großem Fachkräftebedarf – ist interessant für die Robotik. In Japan etwa haben Forscher „Riba“ entwickelt. Der bärenähnliche Service-Roboter kann mühelos Patienten aus dem Bett heben und durch den Raum tragen. Speziell für demenzkranke Menschen haben die Wissenschaftler aus Fernost „Paro“ entwickelt – eine kuschelige Robbe, die mithilfe von Sensoren und Mikrofon mit den Patienten interagiert und nachweislich das Erinnerungsvermögen verbessert. Auch in deutschen Pflegeheimen ist der Kuschel-Roboter modellhaft im Einsatz.
Welche Rolle Start-ups und KMU dabei spielen
Fast ein Drittel der rund 620 Unternehmen, die weltweit in der Service-Robotik unterwegs sind, sind Start-ups. „Dabei spielen offene Softwaresysteme für die komplexe Steuerungssoftware eine Schlüsselrolle: Start-ups können somit leistungsstarke Robotersysteme und interessante Nischenlösungen wirtschaftlich entwickeln“, so Martin Hägele. Damit kleine und mittelständische Unternehmen den Nutzen von Service-Robotern für sich einschätzen können, sollten sie sich informieren, welche Lösungen sich bereits in Pilotinstallationen bewährt haben und wie sich der Mehrwert einer Roboterinstallation für den Kunden maximieren lässt. Laut Hägele müssen sie sich zudem fragen: „Wie weit muss eine Einsatzumgebung adaptiert werden, z.B. durch eine elektronische Infrastruktur, und wie bedingen die Bedienung und Wartung Qualifikationen der Mitarbeiter?“ Dieses Know-how können sie mitunter in Kooperationsprojekten mit dem Fraunhofer IPA bekommen. Außerdem gibt es zahlreiche Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene mit dem Ziel, KMU fit zu machen für intelligente Automatisierungslösungen mit ServiceRobotern.
Thomas Corrinth | redaktion@regiomanager.de
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