Management

Der Generationswechsel wird teurer

Erben von Unternehmen werden seit 2016 stärker vom Fiskus belastet. Umso wichtiger ist es, die Nachfolge vorausschauend zu planen.

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von Regiomanager 01.09.2017
Foto: ©ra2 studio – stock.adobe.com

Seit Mitte 2016 gelten neue Regeln für die Erbschaftssteuer. Damit hat der Gesetzgeber umgesetzt, was ihm das Bundesverfassungsgericht zwei Jahre zuvor aufgegeben hatte. 2014 erklärte es die Vergünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer für verfassungswidrig. Nach der neuen Gesetzeslage wird es in vielen Fällen steuerlich teurer, ein kleines oder mittelständisches Unternehmen zu übernehmen: „Die Zusatzbelastungen sind ganz erheblich und können auch ruinös sein“, so die Einschätzung des Kölner Erbschaftssteuer-Experten Dirk Janßen. „Bei unternehmerischem Vermögen ist vielfach nicht genügend Liquidität vorhanden – genau darum gab es ja früher die sehr weitreichenden Begünstigungen.“ Tatsächlich ergab eine Umfrage des ifo-Instituts 2014, dass die seit 2009 geltende weitreichende Verschonung sich positiv auf Arbeitsplätze und Investitionen ausgewirkt hatte: 43 Prozent der befragten Familienunternehmen gaben an, dass sie ohne diese Regelung bei der Übergabe an die nächste Generation das Unternehmen oder Teile davon hätten verkaufen müssen.

Steuerschuld kann sich verdreifachen

Um wie viel teurer es für Firmenerben werden kann, hat das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung am Beispiel eines typischen Mittelständlers mit gut 10 Millionen Euro Jahresgewinn durchgerechnet. Im Vergleich zur früheren Regelung kann sich die Steuerschuld bei der Vererbung einer Kapitalgesellschaft an ein Kind verdreifachen: von 13,7 Millionen Euro auf 43,4 Millionen Euro. Bei Berücksichtigung des Bewertungsabschlags, der Familienunternehmen begünstigt, müsste ein Alleinerbe in dem untersuchten Fall immerhin noch 30,4 Millionen Euro zahlen. Allerdings beträgt die Erbschaftssteuer bei der Vererbung an zwei Kinder insgesamt nur noch 28,9 Millionen Euro. „Bei einer hohen Anzahl an Erben können sich im Einzelfall verglichen mit der Erbschaftssteuerbelastung vor der Reform sogar Entlastungen ergeben“, heißt es in der Studie.

Unterm Strich entfällt eine Reihe von Vergünstigungen für Erben eines Betriebes. Sogenanntes Verwaltungsvermögen wurde früher zu 50 Prozent verschont, heute nur noch zu zehn Prozent. Dazu zählen zum Beispiel Wertpapiere, vermietete Grundstücke, Kunstobjekte, Oldtimer oder Jachten, aber auch offene Forderungen. Abgesehen vom „Verwaltungsvermögen“ kennt das Gesetz auch das Betriebsvermögen, das steuerlich zu verschonen ist. Dazu gehören auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser an der Gesellschaft zu mehr als 25 Prozent unmittelbar beteiligt war. „Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber nur den Übergang von Betriebsteilen von aktiven Mitgesellschaftern und nicht einfachen Aktienbesitz als Kapitalanlage begünstigen wollte“, so erläutert Thomas Fritz, Fachautor zum Thema Vererben und Schenken. Dadurch kann aber ein GmbH-Mitgesellschafter, der einen Anteil von 20 Prozent hält, diesen nicht steuerfrei vererben. Ein Ausweg, so Fritz, könnte die Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sein. „Hält er nach einer Umwandlung 20 Prozent an einer Personengesellschaft, so wird lediglich geprüft, ob eine echte faktische Mitgesellschafterstellung vorliegt. Eine Mindestbeteiligung gibt es für Personengesellschaften nicht.“ Für einen Einzelunternehmer könnte dagegen auch die Umwandlung der Firma in eine OHG, KG, GmbH oder GmbH & Co. KG lohnen, erklärt Thomas Fritz.

„Todsünde“: Pattsituation unter Erben

Eine „Todsünde“ nennt es Fritz, wenn beim Verschenken oder Vererben einer Firma zum Beispiel zwei Geschwister oder eine Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen zum Zuge kommen. Wenn die Erben sich über unternehmerische Entscheidungen nicht einig sind, droht bei Abstimmungen immer wieder ein Patt. In der unbedachten Nachfolgeplanung ist Streit bereits angelegt. Fritz hält es für besser, einen Alleinerben zu benennen. Als Alleingesellschafter kann er unternehmerisch entscheiden. „Die anderen Familienmitglieder erhalten ihre Vermögenswerte in Form von Bargeld, Immobilien, Apanagen oder werden stille Teilhaber am Unternehmen ohne Kündigungs- und Stimmrecht.“ Die Übertragung von Anteilen im Verhältnis 49 zu 51 Prozent stellt eine andere Möglichkeit dar.

Testament abstimmen auf Gesellschaftsvertrag

Thomas Fritz warnt davor, dass ein Testament im Widerspruch zur gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung eines Unternehmens steht. So kann ein Testament nicht den Gesellschaftsvertrag eines Unternehmens unterlaufen. Eine solche Situation tritt etwa ein, wenn ein Geschäftsführer, der nicht 100 Prozent der Unternehmensanteile hält, seinen ältesten Sohn testamentarisch zum Geschäftsführer bestimmt, der Geschäftsführer in dieser Firma aber nur durch einstimmigen Beschluss aller Gesellschafter bestellt und bestimmt werden kann. Ähnliche Konflikte können bei Ehen auftreten. „Ein gutes Testament allein kann eine Katastrophe sein“, so Fritz. Hier ist sorgfältige, frühzeitige Beratung wichtig.

Stiftungen liegen im Trend

In der Periode vor der langerwarteten Erbschaftssteuerreform sind viele große Unternehmensübertragungen über die Bühne gegangen, denn dass es künftig teurer würde, war ja klar. Inzwischen suchen Seniorchefs wieder vermehrt Berater auf, um die Zukunft steuerlich erträglich zu gestalten, beobachtet Erbschaftssteuer-Spezialist Dirk Janßen. Zu den Überlegungen gehören Schenkungen an die Kinder, für die das Gesetz alle zehn Jahre persönliche Freibeträge für Schenker und Beschenkten vorsieht. Auch die Übertragung auf die Enkelgeneration kommt in Frage. So lassen sich die Intervalle, in denen Erbschaftssteuer ausgelöst wird, mit einiger Wahrscheinlichkeit vergrößern. „Aus diesem Grund sind auch die sogenannten ‚Berliner Testamente‘, bei denen im ersten Schritt der Ehepartner und dann die Kinder erben, der ‚reine Wahnsinn‘, weil innerhalb sehr kurzer Frist der Erbfall mit entsprechender doppelter Besteuerung zweimal eintreten kann“, gibt Janßen zu bedenken.

Erst Nachfolgeplanung, dann Steueroptimierung

Immer mehr in den Blickpunkt rücken nach Janßens Beobachtung auch Stiftungslösungen: In privatnützigen Stiftungen (Familienstiftungen) erhalten Familienmitglieder die Ausschüttungen aus der Tätigkeit des Unternehmens. Die Stiftung muss das Vermögen alle 30 Jahre zum persönlichen Steuersatz des Begünstigten versteuern. Janßen sieht in ihnen eine interessante Lösung für den Fall, dass der Unternehmer dem oder den eigenen Erben nicht traut, aber das Unternehmen erhalten will. „Wenn die Stiftung so ausgestaltet wird, dass aus Altersgründen ausscheidende Stiftungsvorstände durch Kooptation ergänzt werden – die anderen Vorstandsmitglieder wählen das neue Vorstandsmitglied – dann kann das ein interessantes Vehikel sein, um eine vernünftige unternehmerische Nachfolge sicherzustellen.“ Janßen sieht noch einen weiteren Trend. „Tendenziell wird es einen Zuwachs an Vermögen geben, das in gemeinnützige Stiftungen fließt, denn bevor es dem Staat über die Erbschaftssteuer zufließt, wird man es wahrscheinlich eher versuchen zu erhalten und den Familiennamen über eine Stiftung weiterzutragen.“ Rainer Kirchdörfer, der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, gibt allerdings eines zu bedenken: „Eine steuerliche Optimierung steht richtigerweise immer erst am Ende der Nachfolgeplanung, niemals darf sie der alleinige und bestimmende Grund der vorgesehenen Gestaltung sein.“ Claas Syrt Möller | redaktion@regio-manager..de

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