Fallen in einem Unternehmen Reisekosten an, ist die Abrechnung häufig mit einem sehr hohen administrativen Aufwand verbunden. Wir kennen Fälle, in denen eine Reisekostenabrechnung aus fast 30 unterschiedlichen Arbeitsschritten besteht – hier besteht erhebliches Optimierungspotenzial.
Die Herausforderung bei der Reisekostenabrechnung liegt in der Natur der Sache: Die Zusammenstellung der Dokumente erfolgt nicht durch die Verwaltung des Unternehmens, sondern durch den Reisenden, der während der Dienstreise ganz andere Aufgaben hat. Insofern stellt sich die Frage, wie durch eine Kombination aus Vereinfachung und Disziplinierung dieser Prozess optimiert werden kann.
Empfohlene Vorgehensweise
Die Reisekostenabrechnung sollte EDV-gestützt erfolgen, um Doppelarbeiten zu vermeiden. Wir verwenden hierfür Lohnbits. Alternativen werden u.a. von DATEV, Lexware oder Onexma angeboten. Selbst eine Excel-Tabelle erleichtert bereits die Arbeit. Die Einreichung der Belege sehen wir als Bringschuld des Reisenden an, das heißt, es erfolgt keine Erstattung ohne Beleg. Aus diesem Grund führt eine Firmenkreditkarte für die Bezahlung der Kosten während der Dienstreise in vielen Fällen zu Mehraufwand: Die Motivation zum Sammeln der Belege sinkt, wenn der Reisende nicht in Vorleistung getreten ist. Um die Höhe der Vorleistung zu minimieren, empfehlen wir, soweit möglich und sinnvoll, Reiseleistungen im Voraus zu buchen und zu bezahlen. Darüber hinaus kann dem Reisenden zu Beginn seiner Tätigkeit einmalig ein Reisekostenvorschuss gezahlt werden, der am Schluss des Arbeitsverhältnisses verrechnet wird. Die Reisebelege werden monatlich über die Lohnabrechnung erstattet und nicht mit dem Vorschuss verrechnet.
Beispiel: Frau Schmidt wechselt am 01.01.2020 vom Innendienst in den Außendienst. Sie erhält einen Reisekostenvorschuss in Höhe von 1.500 Euro. Der Betrag orientiert sich an den voraussichtlichen monatlichen Reisekosten. Alle Reisekostenbelege, die bis zum 20. des Monats eingereicht werden, werden mit der laufenden Lohnabrechnung erstattet. Beim Ausscheiden aus dem Unternehmen im Dezember 2021 wird der Vorschuss mit ihrem letzten Gehalt verrechnet. Wir empfehlen aus folgendem Grund die Auszahlung über die Lohnabrechnung: Viele Reisekostenbestandteile können steuerfrei oder pauschal besteuert ausgezahlt werden. Damit der Arbeitnehmer sie nicht zusätzlich als Werbungskosten geltend macht, sind gemäß § 41b EStG auch steuerfrei gezahlte Beträge auf der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen. Daneben ist die Entgeltbescheinigungsverordnung zu beachten: Wenn pauschal versteuerte Beträge nicht rechtzeitig abgerechnet werden, fallen zusätzlich Sozialversicherungsabgaben an. Soweit in bestimmten Branchen die Barauszahlung bisher nicht vermieden werden kann, weil die Reisespesen das „Taschengeld“ des Mitarbeiters oder Arbeitnehmers sind, sollte zumindest mittelfristig über die Auszahlung über eine Prepaid-Kreditkarte mit IBAN nachgedacht werden, um den Prozess zu optimieren.
Verknüpfung von Reisekosten, Lohnabrechnung und Finanzbuchhaltung
Eine administrative Entlastung tritt dann ein, wenn die einmal erfassten Daten mehrfach genutzt werden. Wenn beispielsweise ein deutscher Bewirtungsbeleg über 119,00 Euro brutto erfasst wird, sollte dieser vom Reisenden der Kategorie „Bewirtungskosten Abendessen 19 %“ zugeordnet werden können. Idealtypisch kann ein Handyfoto des Belegs mit dem Eintrag verknüpft werden. Die Software geht dann wie folgt vor: Für die Lohnabrechnung wird automatisch eine Lohnart angesprochen, die zur Auszahlung von 119,00 Euro führt. Außerdem wird die Verpflegungspauschale für diesen Tag um das Abendessen gekürzt. Das Lohnprogramm erzeugt für die Finanzbuchhaltung die Buchung „Ausgleich sonstige Verbindlichkeiten: 119,00 €“. Für die Finanzbuchhaltung wird gleichzeitig die Buchung erzeugt: „Bewirtungsaufwand mit Vorsteuer an sonstige Verbindlichkeiten: 119,00 €“. Sowohl die Lohndaten als auch die Finanzbuchhaltungsdaten werden automatisch verbucht. Selbstverständlich gibt es vor der automatischen Verbuchung einen Freigabeprozess, das heißt, die Reisekosten werden durch den Reisekostenverantwortlichen auf Richtigkeit geprüft und erst dann ausgezahlt und verbucht. Im aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu den GoBD vom 28.11.2019 wurde in Textziffer 130 ausdrücklich geregelt, dass das Abfotografieren der Reisekostenbelege im In- und Ausland mit dem Smartphone und die anschließende Vernichtung der Belege zulässig ist, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Sobald diese Schritte umgesetzt wurden, empfehlen wir unseren Kunden, das Verfahren auf die „Portokasse“ auszudehnen. Das bedeutet: Auch kleinere Auslagen wie Briefmarken, Zucker, Reinigungsmittel oder Schreibwaren werden den Mitarbeitern über eine „Reisekostenabrechnung“ erstattet. Dadurch wird immer weniger Bargeld im Unternehmen benötigt und die Belege sind einfacher zu verwalten und zu verbuchen.
Aktuelle Neuerungen
Der Bundesfinanzhof hat die Auslegung der Finanzverwaltung zu dem seit 2014 geltenden Reisekostenrecht in weiten Teilen bestätigt. Daher ist davon auszugehen, dass die Systematik in den nächsten Jahren bestehen bleibt. Trotzdem gibt es wie in jedem Jahr Änderungen im Detail:
Die bei Auswärtstätigkeiten und doppelter Haushaltsführung geltenden Verpflegungspauschalen werden ab dem Jahr 2020 von 24,00 Euro auf 28,00 Euro und von 12,00 Euro auf 14,00 Euro angehoben. Bei eintägigen Dienstreisen ist das Merkmal „Abwesenheit von mehr als 8 Stunden“ geblieben.
Für Personen, die in ihrem Kraftfahrzeug übernachten, gibt es eine neue Pauschale von 8,00 Euro für jeden Kalendertag, der mit einer Übernachtung verbunden ist.
Beispiel: Herr Schulz beginnt mit seinem Lkw am Montag um 13:00 Uhr eine Tour in die Schweiz und kehrt am Mittwoch um 12:00 Uhr zurück. Er übernachtet in seinem Lkw. Dann kann eine Pauschale von 3 x 8,00 Euro = 24,00 Euro angesetzt werden. Spannend ist die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs: Hier sind steuerfreie Erstattungen auch bei Privatfahrten möglich.
Beispiel: Frau Müller soll am Sonntag für ihren Arbeitgeber eine Messe in Köln besuchen. Ihr Mann geht an diesem Tag mit den beiden Kindern in den Kölner Zoo. Der Arbeitgeber darf die Zugtickets sowie die Straßenbahntickets für den Regionalexpress für Frau Schulz und ihre Familie steuer- und sozialversicherungsfrei erstatten. Diese Erstattung wird allerdings auf die Entfernungspauschale angerechnet, auch wenn sie nichts damit zu tun hat. Ist so ein Familienausflug mit einer Übernachtung verbunden, sollte der Reisende darauf achten, dass er den Aufpreis für ein Doppelzimmer gegenüber einem Einzelzimmer bei den Hotelkosten nachweisen kann. Obwohl sich die Beträge in der Praxis oftmals nur geringfügig unterscheiden, darf die Finanzverwaltung ohne Nachweis eine Aufteilung der Hotelkosten nach Köpfen schätzen. Damit steigt der steuerpflichtige Anteil überproportional.
Und last, but not least:
Bitte bei Auslandsreisen immer an die im NIEDERRHEIN MANAGER Heft 09/2019 dargestellten Regelungen zur A1-Bescheinigung denken!
INFO
Reisekostenabrechnungen sind häufig mit einem sehr hohen administrativen Aufwand verbunden. Dieser kann erheblich reduziert werden, wenn die Abrechnung EDV-gestützt erfolgt. Wir verwenden hierfür Lohnbits. Alternativen werden u.a. von DATEV, Lexware oder Onexma angeboten. Ziel ist es, die Reisekosten über die Lohnabrechnung auszuzahlen und die Belege nur einmal für Lohn- und Finanzbuchhaltung zu erfassen. Seit November 2019 erkennt die Finanzverwaltung ausdrücklich die ersetzende Digitalisierung der Belege durch Abfotografieren mit dem Smartphone an, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.
Autor
Dr. Mischa Müller ist geschäftsführender Gesellschafter bei der Dr. Müller, Hufschmidt Steuerberatungsgesellschaft mbH und beantwortet Fragen gerne unter lohn@stb-straelen.de.
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