Zahlreiche Studien belegen es: Frauen in Führungspositionen verbessern nicht nur das Unternehmensergebnis. Sie fördern auch die Entscheidungsfindung, verbessern die Akzeptanz in der Belegschaft und stärken das Image des Unternehmens bei Kunden, Kapitalgebern und in der Öffentlichkeit. Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen haben außerdem mehr interessierte Bewerberinnen. Soweit die Theorie. Wie aber sieht es in der Praxis aus?
Am 1. Mai 2015 trat das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen (FüPoG) in Kraft. Zahlreiche Appelle und freiwillige Selbstverpflichtungen hatten nichts erreicht, nun sollte es ein Gesetz lösen. Das FüPoG basiert auf zwei Komponenten: einer festen Quote von 30 Prozent für das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht und einer Zielgrößenverpflichtung zur Erhöhung des Frauenanteils. Die Zielgrößenverpflichtung sieht keine Mindestzielgrößen vor. Vielmehr können Unternehmen eigene Ziele definieren. Allerdings darf die Zielquote nicht unter den aktuellen Stand sinken, wenn dieser unter 30 Prozent liegt.
Kein weiblicher CEO
Diese Vorschrift gilt für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen. Das sind in der Regel Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und einem von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite paritätisch besetzten Aufsichtsrat. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: rund 100 Unternehmen in Deutschland, nicht mehr und nicht weniger.
Laut Informationen der Bundesregierung hat diese Quote bisher gewirkt. „Alle Unternehmen, die unter die Regelung der festen Quote fallen und 2016 neue Aufsichtsratsposten zu besetzen hatten, haben sich an die feste Quote gehalten. Sofern nicht schon ein Frauenanteil von 30 Prozent erreicht war, wurden frei werdende Aufsichtsratsposten durchgehend mit einer Frau nachbesetzt.“ (Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend)
Trotzdem: Von den 30 größten deutschen börsennotierten Unternehmen hatte 2018 kein einziges einen weiblichen CEO. Und wir sprechen hier von Vorreitern wie Lufthansa, Adidas oder Telekom. Aber was passiert im Mittelstand, wo die Bedingungen oft schwieriger sind?
Frauen im Mittelstand
In den Führungsetagen des deutschen Mittelstands ist der Frauenanteil nach Angaben der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) weiter gesunken: Im Jahr 2017 seien nur noch 15,4 Prozent der rund 3,76 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland von einer Chefin geführt worden, lautet die Auswertung des Mittelstandspanels. Der Anteil habe 2016 noch 16,4 Prozent betragen, 2013 sogar 19,4 Prozent. Besonders stark gesunken sei der Frauenanteil auch unter den Existenzgründern. Er sank im Jahr 2016 um 17 Prozent gegenüber 2015. Ein Grund dafür könnte die positive Situation am deutschen Arbeitsmarkt sein, von der insbesondere Frauen profitiert haben. Karriereentscheidungen fallen daher immer häufiger gegen die Selbstständigkeit aus. Mit Verzögerung wird das den Anstieg der frauengeführten Mittelstandsunternehmen in den nächsten Jahren bremsen.
Weniger Geld für Mütter
Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt auch, dass Frauen nach der Elternzeit in Deutschland mit erheblichen Lohneinbußen rechnen müssen. Nach den Berechnungen verdienen sie nach mehr als einem Jahr Auszeit im Durchschnitt knapp zehn Prozent weniger pro Stunde als ihre Kolleginnen ohne Kinder. Bei Frauen, die weniger als ein Jahr in Elternzeit gehen, beträgt das Minus 6,5 Prozent. Wechselten sie nach der Elternzeit von festen Arbeitszeiten zu Gleitzeit, vergrößerte sich das Lohnminus sogar noch.
Den Autorinnen der Studie zufolge betrachten viele Arbeitgeber Mutterschaft als Ausdruck fehlender Karriereorientierung. In anderen Ländern sei das mitunter nicht der Fall. So habe Mutterschaft in Schweden so gut wie keine negativen Auswirkungen auf die Löhne von Frauen. Um auch in Deutschland dahin zu kommen, erfordere es bessere Kinderbetreuung, Reformen bei der Elternzeit und im Steuerrecht – sowie einen Mentalitätswechsel, lautet die Schlussfolge der Autorinnen.
Birgit Marx | redaktion@regiomanager.de
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