Büro & Arbeitswelt

Frühzeitig über All-IP-Umstellung nachdenken

Oberste Priorität: die Sicherheit der neuen Telefonanlage.

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von Regiomanager 01.05.2017
Südwestfalen Manager 2021/05
(Foto: ©XBrian Jackson_stock.adobe.com)

 

Das erst junge Zeitalter der ISDN-Telefonanlagen neigt sich dem Ende zu – 20 Jahre nach der vollständigen Einführung der Technik ist sie schon wieder überholt. Das neue Zauberwort heißt Voice over Internet Protocol (VoIP) oder ALL-IP: Telefonieren über das Internet. Waren Internet und Telefonie bislang getrennte Systeme, verschmelzen sie nun. Die Sprachinformationen wickeln die Netzbetreiber künftig über die Internetleitung im IP-Netzwerk ab. Das spart Kosten für die Betreiber, denn das klassische Telefonnetz fällt weg. Die Telekom als größter Netzbetreiber hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis Ende 2018 will sie digitale IP-Technologie eingeführt haben. Andere Anbieter lassen sich bis 2022 Zeit. Eine Ablehnung der Umstellung durch die Kunden sehen Telekom und Co. nicht vor. Nach Angaben der Telekom stehen nach der Umstellung mehr Ressourcen zur Verfügung, insbesondere bei den Breitbandverbindungen. Bislang belegen die analogen Telefone einen Teil der Kabelbandbreite. Mit dem Wegfall dieser Belegung werde der Datentransport im Internet schneller, wenn der Router auf dem neusten Stand ist.

„Auf die Kunden kommen zahlreiche Änderungen zu“, weiß Heinz Hoos vom Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT). „In Unternehmen sind fast immer komplexe TK-Anlagen im Einsatz. Über sie vernetzen die Unternehmen verschiedene Standorte und verfügen über große Rufnummernpläne mit den entsprechenden Durchwahlen, die nicht eins zu eins durch einen ALL-IP-Anschluss ersetzt werden können. Außerdem können Verknüpfungen mit anderen Netzen und dem ISDN betroffen sein.“ Und einige weitere Tücken kommen auf die Kunden zu: Viele alte TK-Anlagen sind nicht kompatibel mit der digitalen Neuerung. „Die Telefonanlagenhersteller bieten schon seit Längerem Hybridanlagen oder reine All-IP-Anlagen an. Sie haben die Entwicklung genau beobachtet und sich auf das neue System vorbereitet.“

Ausfallsicherheit garantieren

Doch damit nicht genug. Im alten System lag die Stromversorgung des Telefons beim Netzbetreiber. Fiel also ein örtliches Stromnetz aus, war das Telefonieren davon nicht betroffen. Mit All-IP verabschieden sich die Netzbetreiber von diesem Service. Fällt der Strom aus, ist die Kommunikation im betroffenen Gebiet lahmgelegt, die sichere Stromversorgung der TK-Anlage liegt nun beim Kunden. Um in diesem Fall die Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten, empfiehlt sich, in die Gerätekombinationen Akkus zu integrieren. Entsprechende Geräte sind am Markt – die Kosten trägt der Nutzer. Die Telekom rät: „Wer sich gegen diesen Fall absichern möchte, kann Router und Endgerät auf eigene Kosten mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) ergänzen.“ Je länger eine USV einen Stromausfall ausgleichen soll, desto teurer wird sie. Wer auf das Telefon angewiesen ist, sollte darauf achten, dass sein Handy immer aufgeladen ist. Auf der Netzseite sorge die Deutsche Telekom „ihrerseits mit Notstromversorgungen oder im Fall von Servicearbeiten mit mobilen Batterie-Koffern dafür, dass das Netz betriebsbereit bleibt.“ Unterschiedliche Ansichten gibt es über die Qualität der Telefongespräche. Während bereits umgestellte private Nutzer Qualitätsverschlechterungen beklagen, sehen die Anbieter dies ganz anders und versprechen eine deutlich höhere Qualität. „High Definition Voice”, kurz HD Voice, funktioniert aber nur, „wenn beide Gesprächsteilnehmer über einen IP-Anschluss und HD-Voice-taugliche Endgeräte verfügen“, heißt es bei der Telekom. Problematisch wird es bei der Nutzung von Hausrufnotsystemen, die nur funktionieren, wenn sie über eine Internetverbindung angebunden sind. Das gilt bedingt auch für Alarm- und Brandmeldeanlagen. Geräte der Klasse „VdS Home“ können an All-IP angeschlossen werden. Anlagen der VdS-Klassen A, B oder C erfordern hingegen eine neue Lösung, die in jedem Fall über eine ständige Spannungsversorgung verfügen muss. Electronic-Cash-Terminals können, so sie über eine Internetverbindung verfügen, weiter betrieben oder alternativ über Mobilfunk angebunden werden. ISDN-basierte Aufzugnotsysteme müssen gegen andere Lösungen ausgetauscht werden – in der Regel läuft es dabei auf eine Mobilfunklösung hinaus, die inzwischen alle Anbieter im Programm haben. Ausnahme sind Systeme mit einem analogen Anschluss. Für sie besteht noch kein Handlungsbedarf. Münztelefone, die die Kassierung selber steuern können (zeitbasierte Eigentarifierung), sind nicht betroffen. Benötigen sie aber eine Tarifinformation aus dem Netz, funktionieren sie mit einem IP-basierten Anschluss nicht mehr. Auch die Portoaufladung von Frankiermaschinen, Kopiererfunktionen, Datenübertragung via Modem, interaktive Tonwahlsignale, Fernanzeige, Zählerablesungen, Fernbetreuungen von Anlagen, Pegelstandübermittlungen, Zeiterfassungssysteme und Übertragung von Daten aus Großküchengeräten sollten die Betreiber auf ihre All-IP-Fähigkeit überprüfen.

IT-Security für’s Telefon

Mit der Einführung von All-IP telefoniert der Kunde über die gleiche Leitung, mit der er ins Internet geht (Ausnahme: Telekom). Für Hacker ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, via Telefonanlage in das Netzwerk eines Unternehmens einzudringen. Wie beim Internet liegen der Schutz des Netzwerkes und die dadurch entstehenden Zusatzkosten beim Kunden. Und in puncto Sicherheit sollte nicht gespart werden, empfehlen die Experten. „Ob das alles durch die dann neuen Tarife günstiger wird, hängt von der jeweiligen Nutzung ab“, sagt der Verbandsexperte Hoos. In jedem Fall steige die Flexibilität, wenn zusätzliche Anschlüsse oder Dienste nötig werden. „In puncto Übersichtlichkeit der Kosten wird es komplizierter“, meint Hoos. Bei der Wahl der Tarife gelte es genau aufzupassen, ebenso wie bei der Anschaffung neuer Technik oder die Auslagerung in eine Cloud, die ebenfalls am Markt angeboten wird. „Eines ist in jedem Fall sicher: Die neue Anlage wird sehr viel komplizierter. Wir raten, sich frühzeitig von einem Experten beraten zu lassen, wenn eigenes Personal dafür fehlt. Denn die Umstellung bedarf einer gründlichen Vorbereitung“, erklärt Hoos. Dirk Heuer | redaktion@regiomanager.de

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