Homeoffice, dieser Begriff enthält zwei Wörter, die genau genommen Gegensätze sind. Denn normalerweise sind Heim und Büro räumlich voneinander getrennt. Sogar Selbstständige, die in der eigenen Wohnung arbeiten, haben in der Regel ein separates Büro in ihren Räumlichkeiten. Sie arbeiten also ebenfalls nicht im Heimbüro, sondern in ihren Geschäftsräumen oder einem vom Privatbereich getrennten Arbeitszimmer. Mit der Corona-Pandemie jedoch wurde vieles anders. Eine große Zahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat jetzt ihr Büro im Heim – und zwar im eigenen.
„Das ist ja mal schön!“, haben sich viele anfangs gedacht. „Jetzt spare ich mir wenigstens den Arbeitsweg. Und die Kolleginnen und Kollegen muss ich auch nicht sehen.“ Doch irgendwann hat ein Großteil festgestellt, dass es gar nicht so heimelig ist, das Büro in die eigene Wohnung zu integrieren.
Denn viele Menschen, die wegen Covid-19 im Homeoffice arbeiten, haben noch nicht mal ein Büro, geschweige denn genügend Platz, eins einzurichten. In einer Reihe von Ein-Zimmer-Wohnungen steht der Laptop nun auf dem Esstisch – zwischen Salzstreuer, Butterfass und abgegessenem Teller. In anderen Haushalten müssen sich die Heimarbeitenden (früher nannte man übrigens Menschen so, die im Akkord Waren zu Hause verpackten oder zusammenklöppelten) in die Küche oder ins Schlafzimmer verziehen, um etwas Ruhe zu finden. Man hat auch schon von Badezimmern gehört, die zu Büros mutiert sind – weil dort das Störrisiko im Vergleich zu anderen Räumen geringer ist. Im Sommer haben manche sogar die Garage als Heimbüro genutzt – vorausgesetzt, das WLAN reichte bis dorthin. In der kalten Jahreszeit jedoch sind Garagen selbst mit Daunenjacke und Heizdecke nur begrenzt für sitzende Tätigkeiten geeignet. Und fußkalt sind sie obendrein.
Diejenigen, die im Schlafzimmer arbeiten, sind auch nicht mehr so begeistert wie zu Anfang. Denn dort ist oft zu wenig Raum für einen Arbeitsplatz. Was blieb also übrig, als mit dem Laptop ins Bett umzuziehen? Der Gemütlichkeitsfaktor ist dabei leider viel zu groß – schnarch. Und wenn man alles vom Bett aus macht, ist das für die Figur auch nicht gut.
Spätestens zu Beginn der nächsten Videokonferenz wird es schwierig. Weder die Snoopy-Bettwäsche soll auf dem Bild zu sehen sein noch der Schlafanzug aus kuscheligem Frottee. Doch was tun, wenn das screentaugliche Hemd wegen des vielen Liegens am Brustkorb spannt? Und wie bekommt man es hin, dass die Kolleginnen und Kollegen, vor allem aber die Vorgesetzten, denken, man habe ein grandioses Homeoffice? Pro-Tipp: Hier helfen virtuelle Hintergründe für die Zoom-Konferenz. So bietet zum Beispiel ein großes schwedisches Möbelhaus Hintergrundbilder, die das Schlafzimmer in ein cleanes Arbeitszimmer verwandeln. Doch Vorsicht! Nicht die Hintergründe verwechseln. Wer sich beim Chatten mit Freunden sonst gerne auf dem Eisplaneten aus Star Wars trifft oder mit dem Emblem eines Fußballvereins seine Liebe zum Rasensport beweist, ist hier besonders gefährdet.
Das Bettbüro stellt die im Homeoffice Arbeitenden vor eine Reihe weiterer Fragen: Lässt sich die neue kuschelige Snoopy-Bettwäsche eigentlich als Arbeitsmittel von der Steuer absetzen? Kann ich den Arbeitgeber für die zusätzlichen Kilos verantwortlich machen und eine Mitgliedschaft im Fitness-Studio meiner Wahl sowie einen Zuschuss zur neuen Garderobe verlangen? Trägt der Arbeitgeber anteilig die Kosten für eine neue Matratze, wenn die alte durchgelegen ist? Sie sehen schon: Es ist kompliziert.
Hinzu kommt: Allmählich haben viele Arbeitskräfte das Homeoffice satt. Denn wer gleichzeitig arbeiten und Kinder beaufsichtigen soll, ist irgendwann überfordert. Außerdem fehlen die Kollegen doch. Ein Schwatz neben der Kaffeemaschine in Fleisch und Blut ist durch ein zweidimensionales bewegtes Bild nicht zu ersetzen.
Andererseits ist es gut, dass viele Unternehmen ihren Arbeitskräften in solch fordernden Zeiten die Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause geben. Denn natürlich ist die Gesundheit wichtiger als alles andere. Auch die Arbeit muss weiterhin laufen. Denn besser eine Zeit lang vom Homeoffice zwischen Butterfass und Salzstreuer aus zu arbeiten, als hinterher ohne Arbeit dazustehen, weil das Unternehmen insolvent wurde.
Simone Harland | redaktion@regiomanager.deSimone Harland
| redaktion@regiomanager.de
Teilen: