In Zeiten der digitalen Transformation stehen gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter einem enormen Druck, ihre Prozesse sukzessive zu digitalisieren. Dank des Förderprojektes „DigiPro“, das im Rahmen des INTERREG-VA-Programms für KMU aufgelegt wurde, können sich deutsche und niederländische Unternehmen in der Euregio Rhein-Waal und Rhein-Maas auf dem Weg in die Digitalisierung unterstützen lassen.
Initiiert wurde DigiPro im Jahr 2017 von der Wirtschaftsförderung wir4 und der Projektgesellschaft MCC e.V. mit dem Ziel, digitale Innovationen in grenzüberschreitenden Kooperationen zu fördern. Das Projekt beinhaltet Maßnahmen zur Stimulierung von KMU bei der digitalen Transformation innovativer Produkte, Produktionsprozesse sowie Geschäftsmodelle und ist bis Mai 2021 befristet.
Innovationspotenziale nutzen
Seit Anfang April dieses Jahres unterstützt Barbara Reich als Innovations- und Netzwerkmanagerin bei der wir4-Wirtschaftsförderung in Moers vorrangig die klein- und mittelständischen Unternehmen in der Region. Zuvor war sie im Finanzsektor im Bereich Firmenkundenbetreuung und Projektmanagement tätig. Als Regiokoordinatorin kümmert sich Reich auch um die administrativen Rahmenbedingungen sowie um den Aufbau und die Pflege von Netzwerken in der wir4-Region. Bei der Betreuung von DigiPro-Förderkandidaten arbeitet sie mit Cluster Manager und Regiokoordinator Siegfried Schulze vom Mobile Communication Cluster e.V. (MCC e.V.) zusammen. Ergänzt wird das Team seit dem 1. Juli 2019 von der Förderprojektassistentin Jessica Strobel, die bereits zuvor an der HSRW Ansprechpartnerin im 3D-Kompetenzzentrum war. Das Cluster wird als Innovationsraum genutzt, um Trends und neue Technologien über Pilotanwendungen in marktfähige Produkte zu überführen. Als Ansprechpartner und Prozessbegleiter geht Schulze in die Unternehmen, um dort innovative Technologien zu identifizieren, für deren Weiterentwicklung Netzwerkpartner benötigt werden. Zahlreiche KMU aus dem deutschen und niederländischen Projektgebiet profitieren im Rahmen von DigiPro bereits von konkreten Maßnahmen der Stimulierung und der prototypischen Entwicklung intelligenter Produkte bzw. Verfahren. „Seit dem Projektstart von DigiPro in 2017 konnten seitens des MCC e.V. elf genehmigte Förderanträge erfolgreich begleitet und umgesetzt werden. Weitere 15 Anfragen zu Digitalisierungsprojekten liegen uns aktuell vor“, berichten Siegfried Schulze und Barbara Reich. DigiPro hat ein bereits genehmigtes Budget und ein vereinfachtes Antragsverfahren, in dem die einzelnen Projektanträge deutlich schneller abgewickelt werden können, als wenn jede Anfrage einzeln bewilligt werden müsste. Das grenzüberschreitende Kompetenznetzwerk der DigiPro-Projektpartner bietet den Förderkandidaten neben der finanziellen Förderung auch ein umfassendes Know-how und zahlreiche Wissenstransferleistungen wie z. B. die Entwicklung von Produkt-, Verfahrens- und Businessmodellen sowie das Clustering und Matching mit anderen KMU und Forschungseinrichtungen aus den Niederlanden.
Projektbeispiel „Klima-DomX-IoT“
DigiPro besteht aus fünf Projektstufen, die aufeinander aufbauen und unterschiedlich stark bezuschusst werden. Das Projekt Xantener Dom ist eines der Vorhaben aus der Modulgruppe 5 und vor Kurzem erfolgreich abgeschlossen worden. Das mittelalterliche Gebäude litt unter den wechselnden klimatischen Verhältnissen und Umwelteinflüssen der Gegenwart, was sich u. a. an physikalischen Veränderungen an den kulturhistorischen Artefakten und der Bausubstanz bemerkbar machte. Um eine weitere Beeinträchtigung der historischen Bausubstanz zu verhindern, entwickelten regionale Projektpartner ein System von berührungslosen IoT-(Internet of Things)-Sensoren, die an zahlreichen Stellen des Gebäudes platziert wurden und funkbasiert arbeiten. Sie liefern kontinuierlich reale Messwerte über Parameter wie Temperatur, Erschütterungen, Luftfeuchtigkeit, Rissbildung und chemische Veränderungen, auf die bei der Klimatisierung in unterschiedlichen Teilen des Gebäudes individuell reagiert werden kann.
Zum Abschluss des Projektes fand Mitte April ein Fachsymposium im Kapitelsaal des Xantener Doms statt, bei dem die Ergebnisse der Messung von der Smart Solution Technology GbR aus Rheinberg zusammen mit der Dombauhütte des Dombauvereins Xanten e.V., dem niederländischen Partner Het Internet Huis in Kooperation mit der Saalkirche Doetinchem sowie dem Institut ISAVE der Hochschule Düsseldorf vorgestellt und erläutert wurden. Die aus der eingesetzten Technologie gewonnenen Erkenntnisse lassen sich weltweit auch auf andere kulturhistorische Gebäude anwenden, was den Projektpartnern vielversprechende Perspektiven und neue Märkte eröffnet.
Fachkräftemangel eindämmen
Neben der digitalen Transformation ist der Fachkräftemangel ein dringliches Thema, das nicht nur KMU in zahlreichen Branchen aktuell vor große Herausforderungen stellt. So wird es für Unternehmen immer schwerer, geeignete und gut qualifizierte Nachwuchskräfte zu finden. Die interkommunale wir4-Wirtschaftsförderung verfolgt das Ziel, die Talente von morgen am Niederrhein zu halten, und unterstützt daher die regionale Wirtschaft aktiv bei der Nachwuchsgewinnung. Eine wichtige regionale Initiative ist in diesem Kontext die „connect me“ als Messe für Ausbildung, Praktikum und Berufseinstieg. Gemeinsam mit der Hochschule Rhein-Waal und dem Netzwerk für Ausbildung und Beschäftigung veranstaltet wir4 am 2. Oktober 2019 von 10 bis 16 Uhr auf dem Campus Kamp-Lintfort der Hochschule Rhein-Waal die bereits sechste Auflage der Berufsorientierungsmesse. Schüler, Ausbildungsinteressierte, Studierende, Job-suchende und Alumnis erfahren auf der Messe viel über Berufsbilder, Ausbildungsmöglichkeiten sowie Praktikumsplätze und können vor Ort mit rund 50 regionalen Unternehmen ins Gespräch kommen. Das Begleitprogramm der Messe umfasst Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung, Vorträge zum Dualen Studium sowie einen Einblick in das umfangreiche Studienangebot der Hochschule Rhein-Waal. Erwartet werden circa 1.000 Besucher.
Maßnahmen der Personalgewinnung
Die Schleupen AG mit Hauptsitz im baden-württembergischen Ettlingen ist hierzulande noch mit vier weiteren Standorten vertreten – in Moers gleich zweimal mit mehr als 250 Mitarbeitern. Bundesweit beschäftigt der auf Softwarelösungen und IT-Dienstleistungen für die Energie- und Wasserwirtschaft spezialisierte Softwarehersteller rund 450 Mitarbeiter. „Jedes vierte deutsche Stadtwerk nutzt unsere Lösung Schleupen.CS“, berichtet Marc Schubert, Redakteur im Marketing der Schleupen AG in Moers. Doch auch ein großes mittelständisches Unternehmen wie die Schleupen AG, das seit fast 50 Jahren besteht, muss im „Rennen“ um die Spitzenkräfte am Arbeitsmarkt zahlreiche Strategien entwickeln. „Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Gerade im Bereich Softwareentwicklung haben wir großen Bedarf“, erläutert Aaron Luithle, Referent Personalmarketing und Recruiting bei Schleupen. Die beiden bisherigen Standorte in Moers-Hülsdonk sowie -Genend werden künftig in einem Gebäude zusammengefasst. Mit dem geplanten Neubau will man bei Schleupen u. a. auch die Attraktivität als Arbeitgeber weiter erhöhen.
„Neben den klassischen Personalmarketingmaßnahmen sind wir dabei, unsere Angebote im Bereich Duales Studium und Abschlussarbeiten zu erweitern, um Studierenden frühzeitig Einblicke ins Unternehmen zu gewähren“, fährt Luithle fort. „Parallel dazu verstärken wir unsere Social-Media-Aktivitäten, weil wir junge Leute über diese Kanäle am besten erreichen“, ergänzt Marc Schubert. Weiterhin arbeitet die Human Resources-Abteilung am stetigen Ausbau regionaler Netzwerke. „Letztes Jahr waren wir beispielsweise nur auf zwei Karrieremessen präsent, in diesem Jahr sind es schon acht. Hier am Niederrhein bemühen wir uns zudem, proaktiv auf die Menschen zuzugehen“, erklärt Luithle. Erreicht werde dies durch den Aufbau eines langfristigen Beziehungsmanagements, bei dem etwa Initiativbewerbungen für etwaige vakante Stellen
in der Zukunft aufbewahrt werden. Nicht zuletzt konnte die Schleupen AG bereits an die 30 Neueinstellungen über das interne „Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter“-Programm erzielen. „Die Angebote der wir4-Wirtschaftsförderung nutzen wir natürlich auch. Dieses Jahr stellen wir uns z. B. wieder auf der ‚connect me’ dem potenziellen Nachwuchs vor“, sagt Luithle. Miriam Leschke | redaktion@regiomanager.deMiriam Leschke
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